Versicherungsvertrieb:Mehr Honorar statt Provision

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Fast alle Verträge werden gegen Provision verkauft. Das ist intransparent. Ein Gesetz könnte die Wende bringen.

Von Jonas Tauber, Berlin

Frank Golfels hat einen seltenen Beruf. Er ist einer der etwa 300 Versicherungsberater in Deutschland und Präsident ihres Bundesverbands. Doch Golfels ist sich sicher: Bald bekommen die Versicherungsberater viele neue Kollegen. "Langfristig erwarte ich, dass zehn Prozent der rund 50 000 Versicherungsmakler ihren Maklerstatus aufgeben werden und sich als Versicherungsberater registrieren", sagt er.

Der Grund für Golfels Hoffnung ist das neue Gesetz zum Versicherungsvertrieb, das im Februar 2018 in Kraft tritt. Es erlaubt Versicherungsberatern zum ersten Mal, auch Policen zu vermitteln und nicht nur - wie bisher - Kunden zu beraten. Der Grundsatz der Versicherungsberater: Anders als Makler oder Vertreter beziehen sie keine Provision vom Versicherer, sondern stellen dem Kunden ein Honorar in Rechnung. Künftig dürfen die Berater auch die nötigen Verträge beim Versicherer anfordern. Das regelt das neue Gesetz, das die Honorarberatung stärken soll. In Deutschland herrscht bislang der Provisionsvertrieb vor. Verbraucherschützer monieren, dass Kunden die Höhe der Provisionen nicht kennen. Folglich können sie nicht beurteilen, ob ein Vermittler zum besten Vertrag rät oder zu dem, an dem er am meisten verdient. Verteidiger des Provisionssystems entgegnen, dass es auch Verbrauchern mit geringem Einkommen eine Beratung verschafft. Schließlich sind die Beratungskosten in der Abschlussprovision enthalten. Aber auch die Provision zahlt der Kunde - mit seiner Versicherungsprämie.

Versicherungsberater berechnen nur die Beratung, für den Abschluss fallen keine Kosten an. Sie vermitteln deshalb möglichst sogenannte Netto-Tarife, die ohne Provision kalkuliert und für den Verbraucher billiger sind. Allerdings bieten die Versicherer nicht in allen Bereichen solche Policen an. Gerade in der Lebensversicherung sind sie rar. Damit Berater dennoch mit Vermittlern konkurrieren können, erlaubt das Gesetz ihnen die Vermittlung von Verträgen mit Provision. Dann fließt das Geld aber nicht an den Berater, sondern zu 80 Prozent an den Kunden. 20 Prozent bleiben beim Versicherer.

An einer lang laufenden Rentenpolice verdient der Vermittler 3000 Euro

Welches System für den Verbraucher günstiger ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Das hängt von der Versicherung ab, erklärt Golfels. Bei einem Rentenvertrag sei die Honorarberatung deutlich überlegen. "Bei einer Rentenpolice mit 30 Jahren Laufzeit und einem monatlichen Sparbetrag von 200 Euro streicht der Vermittler eine Provision von rund 3000 Euro bis 4000 Euro ein", rechnet er vor. Ein Versicherungsberater setzt dagegen etwa drei Stunden mit einem Satz von 100 bis 150 Euro an, macht 300 bis 450 Euro.

Das Gesetz legt außerdem fest, dass Vermittler dem Kunden künftig sagen müssen, dass sie ihre Bezahlung vom Versicherer beziehen. Bisher war es ausreichend, wenn sie sich als Makler oder Vertreter zu erkennen gaben.

In der Lebensversicherung bringt das Gesetz mehr Klarheit, welche Informationen Anbieter in der jährlichen Standmitteilung nennen müssen. So sollen sie bei neuen Verträgen künftig automatisch jährlich die bisher eingezahlten Beiträge angeben. Bei bestehenden Verträgen soll das auf Verlangen des Kunden erfolgen.

Das Gesetz sorgt für neue Regeln für Restschuldversicherungen, die Banken zur Absicherung von Verbraucherkrediten verkaufen. Die Policen gelten als teuer, lückenhaft und wegen hoher Provisionen äußerst lukrativ für die Banken. Außerdem ist die Rede davon, dass sie die Kreditvergabe regelmäßig vom Abschluss einer solchen Versicherung abhängig machen.

Für diese Verträge etabliert das Gesetz eine Beratungspflicht der Bank. In den meisten Fällen handelt es sich um Gruppenverträge zwischen Geldhäusern und Versicherern, bei denen die Bank den Status der Versicherungsnehmerin hat, der Kunde den der versicherten Person. Eine gesetzliche Beratungspflicht bestand bisher aber nur gegenüber dem Versicherungsnehmer, nicht gegenüber der versicherten Person. Das wird jetzt geändert. Außerdem muss der Versicherer den Kunden in Zukunft eine Woche nach Abschluss des Vertrags an sein Widerrufsrecht erinnern.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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