Versandhandel:Ein Golf von der Quelle

Der Großversender Quelle, der vor drei Monaten geräuschvoll in das Autogeschäft eingestiegen ist, hat ein neues Mittel entdeckt, um Aufmerksamkeit zu erregen: Den neuen Golf V.

Von Karl-Heinz Büschemann

(SZ vom 16.09.03) - Den neuen Golf, der erst am 17. Oktober auf den Markt kommt und der dem Hersteller endlich steigende Nachfrage und ein Ende der Rabattkämpfe bringen soll, bietet der Versandhändler schon jetzt mit einem Rabatt von zehn Prozent an.

Den Volkswagen-Konzern brachte das Angebot, das auf der Internetseite von Quelle zu sehen ist, in Wallung. Die Offerte werde nur "eine große PR-Blase" auslösen, schimpfte Dirk Große Leege, der Sprecher von VW. "Wir werden prüfen, ob Rechtsverstöße vorliegen." VW werde jedenfalls "keinen neuen Golf an Quelle liefern".

"Quelle nimmt den Mund zu voll"

Auch der Verband der VW-Audi-Händler läuft Sturm gegen den Plan: "Quelle nimmt den Mund zu voll", sagte Michael Lamlé, der Geschäftsführer des Verbandes. Es werde nicht möglich sein, die versprochenen Preise einzuhalten, ist der Händler-Vertreter sicher. "Wir fragen uns, ob hier die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs erfüllt sind.

Dem hält ein Quelle-Sprecher entgegen. "Das ist ein sehr seriöses Angebot."

Allerdings ist das Vorgehen von Quelle trickreich. Das muss so sein, weil der Neuwagen-Verkauf in Europa von den Autokonzernen auf Marken-Händler beschränkt werden kann. Quelle darf daher keine neuen Autos verkaufen.

Die Fürther arbeiten mit der Firma Carplus in Bayreuth zusammen, die eine Tochtergesellschaft der BHW-Bank und der Winterthur-Versicherung ist und sich auf die Vermittlung von Autos über Telefon spezialisiert hat. Carplus hat bisher für Quelle Gebrauchtwagen und Neuwagen verkauft, die pro forma für einen Tag angemeldet worden waren. Das war legal.

Neuwagen

Der Golf V im Quelle-Angebot soll aber ein Neuwagen sein. Dafür geht Carplus andere Wege. Für die erwarteten zahlreichen Golf-Aufträge, die Carplus an Händler weiterreicht, hat der Vermittler bei den VW-Betrieben günstige Preise ausgehandelt.

Aber der Kunde schließt einen Kaufvertrag mit dem vorgeschlagenen VW-Händler ab. "Wir leben von einer Provision", sagt Heiko Eich, Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb bei Carplus.

Noch ist nicht klar, welche Anteile Quelle im Autohandel den Händlern wegnehmen kann. Bisher halten sich trotz großer Schlagzeilen in den Medien die Verkaufszahlen in engen Grenzen.

Erst etwa 150 Autos hat das Versandhaus seit dem Einstieg im Juni abgesetzt. Bis zum Jahr 2005 soll diese Zahl aber drastisch steigen, auf 300 bis 400 Fahrzeuge pro Monat, sagt der Quelle-Sprecher.

Doch die etablierten Autohändler befürchten, der Einstieg von Versendern werde die Autopreise weiter einbrechen zu lassen. Sie erwarten, dass ein Kunde mit dem Angebot von Quelle zu seinem Händler um die Ecke geht. Der müsse dann nachgeben. Der gesamte Autohandel hätte unter diesem Druck zu leiden.

Große Pläne

Quelle hat große Pläne im Autogeschäft. "Unser Einstieg ist eine strategische Entscheidung." Die Händler aus Franken erwarten, dass der Versandhandel mit Autoteilen in Zukunft stark wachsen wird. Da müsse man auf diesem Gebiet Kompetenz aufbauen. "Wir müssen die vorhandene verkrustete Struktur aufbrechen."

Auch beim Bayreuther Partner Carplus sind die Erwartungen an das Autogeschäft per Versandhauskatalog hoch. Die Carplus-Manager, die pro Jahr etwa 5000 Autos vermitteln, wissen, dass sie ohne den großen Bruder aus Fürth im Breitengeschäft nicht viel ausrichten könnten. "Ohne Quelle hätten wir nur einen Bruchteil des Erfolges", räumt Carplus Geschäftsführer Eich ein. "Quelle gibt das Vertrauen an uns weiter." Schon im nächsten Jahr wolle er " mit Quelle mehr als 1.000 Autos verkaufen".

Der Carplus-Geschäftsführer sagt auch, was ihn so sicher macht, dass es genügend etablierte Händler in ganz Europa, aber auch in Deutschland, geben wird, die die Autos zu den gefürchteten Rabatt-Konditionen an Quelle/Carplus-Kunden liefern werden.

Die Händler würden von den Auto-Herstellern zur Abnahme immer größerer Stückzahlen gezwungen. "Dass die Händler mit uns reden, ist die Folge dieses Drucks."

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