Vernehmungen im Kirch-Prozess:Altkanzler Schröder soll als Zeuge aussagen

Die Münchner Staatsanwaltschaft treibt ihre Ermittlungen gegen die Deutsche Bank und deren Chef Josef Ackermann voran: Die Verlegerin Friede Springer wurde bereits als Zeugin vernommen - nun soll auch Gerhard Schröder befragt werden. Ob der Ex-Kanzler aussagen muss, könnte von der Entscheidung Angela Merkels abhängen.

Klaus Ott

Die Verlegerin Friede Springer war bereits da, und Altkanzler Gerhard Schröder muss wohl auch kommen: Die Münchner Staatsanwaltschaft treibt ihre Ermittlungen gegen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und weitere Verantwortliche des Geldinstituts wegen des Verdachts auf Prozessbetrug voran.

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Altkanzler Gerhard Schröder (l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.) bei einer Feier zur Eröffnung der Nord-Stream-Pipeline. Die Staatsanwaltschaft könnte bei Merkel eine Genehmigung beantragen, um Schröder befragen zu dürfen.

(Foto: AFP)

Am Montag wurde Friede Springer, Hauptaktionärin des Bild-Konzerns, als Zeugin vernommen. Es ging um den Umgang der Deutschen Bank mit dem verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch, der Großkreditkunde des Geldhauses war. Die Ermittler prüfen, ob Chefs der Bank bei einem von Kirch angestrengten Schadensersatzprozess (der auch nach seinem Tod weiterläuft) falsche Angaben gemacht haben, um so Forderungen in Milliardenhöhe abzuwehren. Die Bank bestreitet das.

Kirch war im April 2002 mit seinem Imperium (Sat 1, Pro Sieben, Premiere, Filme, Springer-Aktien) pleitegegangen und hatte die Schuld daran der Deutschen Bank zugeschoben. Sie habe seine Mediengruppe zerschlagen wollen - über heimliche Aktionen und öffentliche Äußerungen. In den seither laufenden Schadensersatzprozessen spielt Springer eine wichtige Rolle. Kirch hatte seine Verlags-Aktien (Anteil: 40 Prozent) an die Deutsche Bank als Sicherheit verpfändet.

Kirchs Anwälte wollen nachweisen, dass die Bank frühzeitig mit Verlegerin Springer Absprachen über eine spätere Verwertung getroffen hatte. Im Falle einer Pleite von Kirch sollten dessen Springer-Papiere, so der Vorwurf, über die Deutsche Bank teilweise an Friede Springer übertragen werden. So kam es später auch. Insofern ist die Verlegerin eine wichtige Zeugin bei den Ermittlungen.

Das gilt ebenfalls für Altkanzler Schröder. Die Staatsanwaltschaft will wissen, was am 27. Januar 2002 im Vorfeld der Kirch-Pleite bei einem Treffen im Gasthaus Wichmann in Hannover besprochen wurde. Der damalige Regierungschef Schröder redete mit Rolf Breuer (zu dieser Zeit Vorstandssprecher der Deutschen Bank), Thomas Middelhoff (damals Vorstandschef des Kirch-Konkurrenten Bertelsmann) und einem Vertreter der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Das Begehr der Ermittler geht aus dem achtseitigen Beschluss des Amtsgerichts München für die Razzien bei der Deutschen Bank in Frankfurt und bei deren Spitzenmanagern hervor.

Schröder hatte schon bei dem von Kirch angestrengten Schadensersatzprozess am Oberlandesgericht München über den Wichmann-Abend berichten sollen, sich aber auf sein Aussageverweigerungsrecht als Bundestagsabgeordneter berufen. Die Staatsanwaltschaft kann, sofern Schröder als Kanzler an dem Gespräch teilgenommen hat, bei der heutigen Regierung von Angela Merkel eine Aussagegenehmigung für ihn beantragen.

Im Umfeld der Deutschen Bank heißt es, offenbar wolle die Münchner Justiz Druck machen, einen vom Oberlandesgericht vorgeschlagenen Vergleich in Höhe von 775 Millionen Euro anzunehmen. Die Staatsanwaltschaft äußert sich nicht zu den laufenden Ermittlungen.

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