Vermeintlicher Krisenexperte:Wie Portugal auf einen falschen UN-Ökonomen hereinfiel

A tram is seen in downtown Lisbon

Die Krise hat das Land im Griff: Straßenszene in Lissabon

(Foto: Reuters)

Er tauchte im Fernsehen auf, Zeitungen zitierten ihn. Artur Baptista da Silva galt als einer der Experten für die Krise in Portugal und als Mahner gegen einen strikten Sparkurs. Jetzt kommt raus: Der Mann hat alle angelogen.

Es war ein großes Interview: Die portugiesische Wochenzeitung Expresso sprach mit Artur Baptista da Silva über die Krise im Land. Baptista da Silva ist das, was man einen Experten nennt, er berät die UN, lehrt als Professor in den USA, hält Reden auf Konferenzen und hat eine schöne Visitenkarte. Im Interview warnt er vor einem zu scharfen Sparkurs. Portugal müsse sein Rettungspaket nachverhandeln, sonst drohten die gesellschaftlichen Spannungen außer Kontrolle zu geraten. Die Nachrichtenagentur Reuters schickt die mahnenden Worte über die Drähte in die Redaktionen dieser Welt.

Doch dann kommt heraus: Artur Baptista da Silva hat eine große Lügengeschichte erzählt. Am East River in New York kennt ihn niemand. Seine angebliche Heimat-Uni, das Milton College in Wisconsin, ist seit 1982 geschlossen. Die Visitenkarte ist nicht mehr als ein wertloses Stück Papier.

Menschen ließen sich schon von falschen Ärzten und falschen Piloten narren - und jetzt von einem falschen Ökonomen. "Er sagte, was die Leute hören wollten: dass der Sparkurs das Land ersticke und ins Desaster führe", schreibt die spanische Zeitung El País. "Er wurde zu einer der einflussreichsten Stimmen im portugiesischen Fernsehen", notiert der britische Guardian. Er bandelte sogar mit der sozialdemokratischen Partei an.

Portugal bekommt seit längerem kein Geld mehr von den Finanzmärkten, der Staat finanziert sich mit Notkrediten der Euro-Länder. Im Gegenzug muss das Land eisern sparen und refomieren: Steuern erhöhen, Löhne kürzen und privatisieren. Konsum und Wirtschaftsleistung brechen ein, die Armut nimmt zu. Dieses Jahr wird die Arbeitslosigkeit wohl 16 Prozent übersteigen.

Viele hörten deshalb gerne einem populären Kritiker des Regierungskurses zu. Doch Nachfragen bei den Vereinten Nationen ließen Baptista da Silvas Coup auffliegen. Im Fernsehen zeigte er sich geständig. Die Zeitung Expresso hat sich mittlerweile bei ihren Lesern entschuldigt. Die Polizei untersucht den Fall.

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