Vergleichsportal:Geld.de steht zum Verkauf

Die Versicherung Hanse Merkur will das Portal doch nicht - offenbar gibt es Bedenken von Wirtschaftsprüfern und der Finanzaufsicht.

Von Heinz-Roger Dohms und Herbert Fromme, Hamburg / Köln

Das umstrittene Leipziger Internet-Unternehmen Unister ist mit dem Versuch gescheitert, sein Vergleichsportal Geld.de an die Hamburger Versicherungsgruppe Hanse Merkur zu verkaufen. Der fest vereinbarte Verkauf ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung rückabgewickelt worden. Die beiden Unternehmen wollten dazu nichts sagen. Nach Angaben aus Firmenkreisen gab es Bedenken von Wirtschaftsprüfern und der Finanzaufsicht Bafin.

Jetzt versucht Unister, zumindest die bei Geld.de liegenden Daten an Dritte zu verkaufen. Ein Erfolg würde eine weitere Konsolidierung des hart umkämpften Marktes der Portale für Versicherungen, Kredite und Finanzangebote bedeuten.

Mit dem gescheiteren Verkauf des Vergleichsportals wollte Unister Verpflichtungen bei Hanse Merkur ablösen. Der Versicherer hatte dem umstrittenen Online-Unternehmen 50 Millionen Euro geliehen. Die Hamburger Gesellschaft wollte so den wichtigen Vertriebspartner enger an sich binden: Für Reisen, die Unisters Portale ab-in-den-urlaub.de oder fluege.de vermitteln, wurden lukrative Reiserücktrittspolicen und andere Versicherungen der Hanse Merkur angeboten. Das Geschäft ist für beide Seiten hoch profitabel: Das Portal erhält eine hohe Provision, der Versicherer hat eine gute Marge bei diesen Policen.

Die beiden Partner passten zusammen. Die Hanse Merkur sucht Wachstum fast um jeden Preis und war früh angetan von den Möglichkeiten der Online-Portale. Unister konnte sich von dem Versicherer per Darlehen einen Teil seines Wachstums finanzieren lassen. Eingefädelt hatte den Deal Peter Ludwig, früher Vertriebsvorstand der Hanse Merkur und zuletzt Chef der von ihm selbst gegründeten Tochter Hanse Vertriebspartner.

Doch inzwischen ist die Beziehung zwischen Unister und Hanse Merkur deutlich abgekühlt. Ludwig musste im Oktober Knall auf Fall das Unternehmen verlassen, Gründe nennt der Versicherungskonzern bis heute nicht. Nach Brancheninformationen waren die Vertragsbedingungen, die er mit Unister ausgehandelt hatte, für den Versicherer nicht in jeder Hinsicht vorteilhaft. Jetzt herrscht dicke Luft. Um die Forderungen des Versicherers aus den Darlehen trotz des geplatzten Verkaufs von Geld.de erfüllen zu können, sucht Unister jetzt einen Käufer für die Bestände des Portals. In Branchenkreisen heißt es, dass der Erlös Hanse Merkur zustehe.

Die Online-Plattform Geld.de ist rechtlich gesehen ein Versicherungsmakler, der von Provisionen lebt. Wenn ein Kunde über die Plattform nach einem Preisvergleich eine Auto- oder Hausratversicherung abschließt, zahlt der Anbieter einen bestimmten Betrag an das Portal.

Der Verkauf von Maklerbeständen ist nichts Ungewöhnliches - das sind im wesentlichen die Kundenlisten und die Unterlagen über die bislang vermittelten Verträge. Dabei dürfte es hier um Kfz-Versicherungen und andere Standardverträge gehen, nicht dagegen um die von Hanse Merkur gezeichneten Reiseversicherungen.

Der Markt der Vergleichsportale ist ohnehin in Bewegung. Schon 2014 hatte der Heidelberger Anbieter Verivox die Marke und den Kundenstamm des Portals Transparo in Augsburg übernommen, das vom Versicherer HUK-Coburg zusammen mit anderen Gesellschaften gegründet worden war. Verivox gehört inzwischen zum Medienunternehmen Pro Sieben Sat 1 in München und gilt als Nummer zwei im Markt. Größter Anbieter ist mit weitem Abstand das Münchener Unternehmen Check 24.

In Branchenkreisen heißt es, inzwischen hätten sich eine Reihe von Anbietern mit dem angebotenen Bestand von Geld.de befasst. Zu einem Abschluss ist es aber bislang nicht gekommen. Es geht um Bestände mit jährlichen Provisionseinnahmen von rund fünf bis sechs Millionen Euro. Bei Bestandsverkäufen unter Maklern werden rund zwei bis drei Jahreseinnahmen gezahlt, das wären zehn bis 18 Millionen Euro.

Allerdings könnten mögliche Käufer auf einem "Unister-Abschlag" bestehen. Das Unternehmen und vor allem sein Chef und Gründer Thomas Wagner liegen seit drei Jahren im Clinch mit der Staatsanwaltschaft, die dem Unternehmen unsaubere Geschäftspraktiken vorwirft. Auch Verbraucherschützer sehen eine Reihe von Portalen des Leipziger Anbieters sehr kritisch. Deshalb rechnen Experten eher mit einem Verkaufspreis von zehn bis zwölf Millionen Euro, wenn Unister bereit ist, dafür zu verkaufen. Manche Insider glauben ohnehin nicht daran, dass Unister wirklich verkaufen will. Schließlich käme das Geld der Hanse Merkur zugute, nicht dem eigenen Konzern.

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