Verbraucherschutz-Chef Billen wird Staatssekretär:Hoffnung für den Verbraucherschutz

Gerd Billen

Er kennt sich aus mit Garantieklauseln und Kundentäuschung: Gerd Billen wird Staatssekretär im Ministerium für Verbraucherschutz.

(Foto: dpa)

Die erste Entscheidung vom neuen Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas, scheint vielversprechend: Er hat sich Gerd Billen als Staatssekretär geholt, bislang Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentrale. Kaum jemand kennt Verbrauchersorgen besser.

Von Daniela Kuhr

Es war am vergangenen Mittwochabend, da hatte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, ein paar Journalisten zum "Weihnachtsgespräch" in eine Weinbar nach Kreuzberg eingeladen. Sollte der 58-Jährige da schon etwas geahnt haben, dann hat er es sich jedenfalls nicht anmerken lassen. "Und", fragte er in die Runde, "was glauben Sie, wer Verbraucherschutzminister wird?" Die Antworten waren wilde Spekulationen. Auf die Gegenfrage hin, wen er sich denn wünschen würde, blieb Billen vage. "Schlimm wäre", sagte er, "wenn jemand käme, der nicht versteht, um was es geht."

Nun kommt der saarländische SPD-Mann Heiko Maas. Der 47-Jährige wird an diesem Dienstag nicht nur Bundesjustizminister, sondern übernimmt zugleich auch das Thema Verbraucherschutz, das bislang beim Agrarministerium angesiedelt war. Ob Maas versteht, "um was es geht", wird sich noch weisen. Doch indem er sich Billen als Staatssekretär geholt hat, hat Maas zumindest die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das bald der Fall sein wird. Kaum jemand kennt die Sorgen und Nöte der Verbraucher besser.

Sechs Jahre lang stand Billen an der Spitze des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. In dieser Funktion hat der studierte Sozial- und Ernährungswissenschaftler - der ursprünglich Lehrer werden wollte - die gesamte Bandbreite der Probleme kennengelernt, mit denen Verbraucher zu kämpfen haben: von überteuerten Energieverträgen oder unseriösen Inkasso-Forderungen über unerlaubte Telefonwerbung und untergeschobene Internetverträge bis hin zu unfähigen Bankberatern und zahlungsunwilligen Versicherungen.

Erste Erfolge bereits vor Dienstantritt

Alles Themen, mit denen Billen sich intensiv befasst - und bei denen er ziemlich genaue Vorstellungen davon hat, was der Gesetzgeber unternehmen müsste, um sie anzugehen. Im Koalitionsvertrag findet sich zwar nicht allzu viel zum Verbraucherschutz. Doch nur weil etwas nicht drinsteht, heißt das nicht, dass es nicht trotzdem kommen wird. Es ergäbe keinen Sinn, dass Maas sich Deutschlands obersten Verbraucherschützer ins Haus holt, wenn ihn dessen Ansichten nicht interessierten.

In zwei Punkten hat Billen ohnehin bereits einen Erfolg erzielt, noch bevor er seinen neuen Job überhaupt angetreten hat: So plädiert er von jeher dafür, den Verbraucherschutz beim Justizministerium anzusiedeln, denn dort sitzt die geballte Fachkompetenz. Alle wichtigen Gesetze, etwa die Fahrgastrechte, die Vorschriften gegen unerlaubte Telefonwerbung oder Abmahnungen, sind vom Justizministerium umgesetzt worden, nicht vom Agrarministerium.

Und der zweite Erfolg ist das neue Verbraucher-Leitbild, das der Koalitionsvertrag enthält: Ging die schwarz-gelbe Koalition noch generell vom "mündigen Verbraucher" aus, der grundsätzlich auf Augenhöhe mit der Wirtschaft entscheidet, so enthält der jetzige Vertrag die Erkenntnis, dass "Bedürfnisse, Interessen und Wissen der Verbraucher variieren je nach Markt". Eine Position, die Billen schon lange vertreten hat. Etwa im Juni auf dem Deutschen Verbrauchertag.

Kleingedrucktes soll großes Thema werden

Bundeskanzlerin Angela Merkel war zu Gast, Billen sprach sie in seiner Rede direkt an: Wenn Verbraucher all die Geschäftsbedingungen und Lizenzverträge tatsächlich lesen würden, denen sie im Internet permanent zustimmen müssen, "wären wir 60 Tage und Nächte im Jahr nur damit beschäftigt", sagte Gerd Billen und forderte Merkel auf, dieses Problem anzugehen.

Denn "wenn ich die Umfragen richtig deute, werden Sie ja wohl auch in der kommenden Regierung eine gewisse Rolle spielen". Was er damals noch nicht wusste: Auch er wird in dieser Regierung eine gewisse Rolle spielen - und kann die Sache nun also gleich selbst vorantreiben.

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