Vatikanbank-Chef Ernst von Freyberg:Unter einem Dach mit dem Papst

Er ist Chefbankier und Mitbewohner des Papstes. Einer wie Ernst von Freyberg ist nicht leicht zu finden. Doch der Job, den Freyberg nun antritt, ist schwierig. Dem Geldinstitut IOR haftet ein finsterer Ruf an.

Von Andrea Bachstein, Rom

Er wohnt jetzt unter einem Dach mit dem Papst, jedenfalls an den drei Tagen der Woche, die er in der Vatikanstadt verbringt. Beide logieren im vatikanischen Gästehaus Casa Santa Marta, Franziskus und sein Chefbankier, Ernst von Freyberg.

Einer wie er, der das Istituto per le Opere di Religione (IOR) leiten kann, ist offenbar nicht leicht zu finden. Nach dem Rauswurf des alten Chefs der Vatikanbank vor einem Jahr dauerte es bis Mitte Februar, ehe der deutsche Jurist und Mitgründer des Finanzberatungsunternehmens DC Advisory als neuer IOR-Präsident berufen wurde. Die Personalie war zugleich eine der letzten Entscheidungen von Papst Benedikt XVI. vor dem Rücktritt.

Um Chef der Vatikanbank zu werden, reicht es natürlich nicht, sich mit Finanzen auszukennen. Katholisch sollte man auch sein, wenn man mit Erzbischöfen und Kardinälen als Aufsichtsräten zu tun hat. Ernst Conrad Rudolf von Freyberg-Eisenberg-Allmendingen ist nicht nur katholisch, er gehört auch zum Malteserorden, fungiert für das Erzbistum Berlin als Co-Präsident des Vereins für Lourdes-Pilgerfahrten und unterstützt mit einer Stiftung katholische Studenten.

Dass er Aufsichtsratschef der Blohm+Voss-Werft ist - seine Mutter ist eine geborene Blohm -, ließ italienische Medien kritisch fragen, ob so einer zum Vatikan passe, in dessen Unternehmen auch Militärgerät gebaut wurde? Doch das hat sich gelegt. Im Moment empfindet der 54-jährige Banker es, wie er selbst sagt, als großes Privileg, dass er in der Casa Santa Marta gelegentlich zur Messe gehen kann, die der Papst persönlich früh um sieben in der Hauskapelle hält.

Seine wichtigste Mission

Der Job, den Freyberg nun antritt, ist schwierig. Dem Geldinstitut - streng genommen ist das IOR keine Bank - mit der Schalterhalle in den düsteren Mauern des Turms Niccolo V. haftet ein finsterer Ruf an. Den loszuwerden, so sagte Freyberg dem Vatikanradio, sei seine wichtigste Mission. Die großen IOR-Skandale der Siebziger- und Achtzigerjahre werfen bis heute Schatten, etwa jener Bankier Roberto Calvi, der "erselbstmordet" wurde.

Auch später ist das IOR der italienischen Bankenaufsicht immer wieder aufgefallen. Seit einigen Jahren arbeitet das IOR jedoch daran, sauber zu werden und die internationalen Standards gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu erfüllen. Die Zustände, so Freyberg, seien keineswegs so, dass er nur damit beschäftigt sei, "Ordnung zu schaffen". Voriges Jahr gab es - bei 19.000 Kunden- sechs Verdachtsfälle, einige Tausend schlafende Konten wurden aufgelöst.

Dass Franziskus, der eine Kirche der Armut predigt, vielleicht das ganze IOR abschaffen könnte, um den Vatikan über jeden Zweifel zu erheben, darüber wird spekuliert. Freyberg weist allerdings wohl nicht ohne Grund darauf hin, dass das IOR jährlich 55 Millionen Euro zum Etat des Vatikans beiträgt. Das könnte ein gutes Argument sein, um bei seinem derzeitigen Mitbewohner für den Erhalt seines Arbeitsplatzes zu werben.

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