Arbeitsagentur:"Es muss sich lohnen, wenn die Frau arbeiten geht"

Valerie Holsboer

Die erste Frau im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit: Valerie Holsboer

(Foto: Jakob Berr)

Valerie Holsboer ist die erste Frau im Vorstand der Arbeitsagentur. Sie hat erfahren: Ist eine Frau schwanger, bringen sich die Interessenten für ihren Posten in Stellung.

Von Alexander Hagelüken und Thomas Öchsner

Valerie Holsboer hat es früh ganz nach oben geschafft. Bereits mit 30 rückte die Juristin zur Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands für Systemgastronomie auf. Seit April 2017 nun ist sie die erste Frau im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit. Nicht immer hatte sie es dabei mit allen Männern leicht. Als sie schwanger geworden sei, hätten sich desto mehr Interessenten für ihren Posten in Stellung gebracht, je dicker ihr Bauch geworden sei, erzählt Holsboer im Interview. "Einige gingen selbstverständlich davon aus, dass ich meinen Job nicht mehr oder in Teilzeit wahrnehmen würde. Ich dachte, denen zeige ich es."

Die Mutter einer Tochter hält es für besser, Schwächen und Probleme zuzugeben und zu sagen, "dass es nicht so einfach ist mit Familie und Job", sagt sie. "Wie oft hab' ich mir vor dem Meeting noch schnell die Kinderspucke vom Jackett gewischt." Hinzu komme, dass es andere Frauen erst recht nicht anziehe, wenn man sich als Frau in einer Führungsposition als blutleerer Roboter präsentiere.

Eine gesetzliche Quote für Frauen in Vorständen lehnt sie ab

Holsboer hat allerdings erlebt, dass gewisse männliche Umgangsformen, etwa in Meetings, auf Frauen manchmal feindlich wirkten. "Ich höre gelegentlich das Argument: Wer mit den Krokodilen schwimmt, wird gebissen. Ich tue mir das nicht an." Auch gebe es immer wieder Sitzungen, in denen Männer durch Sitzhaltung und Lautstärke betonten, wer das Sagen habe. Diese Umgangsformen würden dazu beitragen, dass Frauen teilweise auf Führungspositionen verzichteten.

Ihrer Meinung nach sind mehr Frauen in Führungspositionen dringend nötig. Es könne nicht darum gehen, "Frauen in Förderprogrammen zu härten, als hätten sie einen Einsatz im Krisengebiet", sagt Holsboer. Trotzdem lehnt sie eine gesetzliche Quote für Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten ab: "Ich bin kein Fan davon, Firmen etwas aufzuoktroyieren. Das kann Aggressionen auslösen, sogar bei Unternehmern, die Frauen gegenüber offen eingestellt sind." Wichtig ist ihr außerdem, dass es sich lohnen muss, wenn die Frau arbeiten geht. Das sei wegen des Ehegattensplittings und der Betreuungskosten längst nicht gesagt.

Wer bei ihr zu Hause die Windeln gewechselt hat, wie Holsboer "ohne Schnickschnack" die Chancengleichheit in der Arbeitswelt fördern will und warum die Familie im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit so wichtig ist, erzählt sie darüber hinaus im großen Montagsinterview.

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