USA:Gesänge gegen die Trump-Pipeline

Ein Indianerstamm ringt die mächtige US-Ölindustrie nieder. Der neue US-Präsident Donald Trump könnte den Erfolg noch gefährden. Zu den Finanziers des Projekts gehört auch die BayernLB.

Von Kathrin Werner, New York

Die Trommeln hallen in den weiten, blauen Himmel über North Dakota. Fahnen und Federn wehen im Wind. Im Chor rufen sie "Mni wiconi!", das heißt "Wasser ist Leben". Sie singen die Lieder ihrer Vorfahren - es sind Siegesgesänge. Die Standing Rock Sioux, eine Indianer-Gruppe, feiern einen hart erkämpften Sieg, den vor wenigen Monaten noch kaum jemand für möglich gehalten hätte. Die Ureinwohner aus dem Norden der USA haben gegen die übermächtige Ölindustrie gewonnen. Die Black-Snake-Pipeline wird nicht entlang ihres Reservats gebaut.

Am Sonntag hat die zuständige Behörde, das United States Army Corps of Engineers, eine Einheit der US-Armee, verkündet, dass die Leitung eine neue Route bekommt. Die Dakota Access Pipeline, genannt Black Snake, wird nun nicht unterhalb des Missouri Rivers verlaufen, ganz in der Nähe des heiligen Landes der Standing Rock Sioux. Die Indianer müssen sich keine Sorgen machen, dass Öl in ihr Trinkwasser gelangt. Die US-Armee sucht nun nach einer Alternativstrecke für das milliardenschwere Projekt. Das sei die beste Lösung, um die Leitung verantwortungsbewusst und schnell fertigzustellen, sagte Jo-Ellen Darcy, die bei der US-Armee für zivile Projekte verantwortlich ist.

Ob die Entscheidung Bestand hat, wird sich zeigen. Der US-Präsident hat ein Mitspracherecht und Donald Trump, ab Januar im Amt, hat bereits angedeutet, dass die Pipeline fertig gebaut werden soll. Energy Transfer Partners heißt das Unternehmen aus Texas, das die 1900 Kilometer lange Röhre baut. Trump hält Aktien an der Firma.

Die Dakota Access Pipeline soll pro Tag rund 80 Millionen Liter Öl transportieren. Es stammt aus dem Fracking-Ölfeld Bakken in North Dakota und soll von dort durch South Dakota und Iowa zu einer bereits vorhandenen Pipeline im Bundesstaat Illinois fließen. Und von dort weiter zu den Raffinerien im Süden der USA, nach Texas. Pipelines seien die sicherste Art, Rohöl zu transportieren, sagen die Manager von Energy Transfer Partners. Es müssten dann weniger Lastwagen über die Straßen und weniger Züge durch das Land fahren, die entgleisen könnten. Die Leitung helfe zudem, die USA weniger abhängig von Ölimporten zu machen. Die Pipeline kostet rund 3,7 Milliarden Dollar, ist halb fertig und sollte schon Ende des Jahres in Betrieb gehen. Im Herbst hatte die US-Regierung den Bau vorerst gestoppt.

Zuletzt war der Druck auf die Geldgeber des Projekts gestiegen. Insgesamt 17 Banken haben laut der Umweltgruppe Food and Water Watch Kredite für den Bau der Pipeline gegeben, insgesamt 2,5 Milliarden Dollar. Unter den Finanziers ist auch die BayernLB. Die bayerische Landesbank hat Kredite in Höhe von rund 120 Millionen Dollar für den Bau der Black Snake gegeben.

Es gab zwar immer wieder Proteste und Klagen gegen die Pipeline, zum Beispiel von Bauern in Iowa. Aber bislang hatte niemand eine Chance gegen Energy Transfer Partners. Doch dann kamen die Indianer. Seit April schon protestieren sie gegen den Abschnitt der Röhre, der nah an ihrem Reservat unterhalb des Missouri Rivers laufen soll. Erst waren sie ein kleines Grüppchen mit selbst gemalten Plakaten, die sich zu Gebetskreisen trafen. Dann wurden sie immer mehr. Hunderte Indianer von anderen Stämmen reisten an, später schlossen sich Menschenrechts- und Umweltgruppen an. Sie sammelten mehrere Millionen an Spenden. Eine eigene Radiostation ging in Betrieb, Spirit Resistance Radio. Hollywood-Stars wie Susan Sarandon und Leonardo DiCaprio erklärten ihre Solidarität. Bei Facebook änderten gut eine Million Menschen ihren Aufenthaltsort und registrierten sich im Reservat - um zu verhindern, dass die Polizei die Standortanzeige benutzen kann, um Demonstranten aufzuspüren.

USA: SZ-Grafik

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Die Polizisten und die Nationalgarde erschienen in Kampfanzügen und richteten Gummigeschosse und Wasserwerfer auf die Menschen, selbst bei eisigen Temperaturen. Die Demonstranten legten Feuer, blieben aber ansonsten weitgehend friedlich. Die Behörden verhafteten über die Monate Dutzende Aktivisten und ließen sie wieder frei, darunter auch den Häuptling der Standing Rock Sioux, Dave Archambault.

Fast alle zuständigen Behörden hatten das Projekt und die Route ganz in der Nähe des Reservats bereits genehmigt. Die Entscheidung sei jedoch in einem Eilverfahren durchgepeitscht worden, das die Rechte seines Volks nicht ausreichend berücksichtigte, sagte Archambault. Die Indianer sorgten sich vor allem um ihr Wasser. Der Fluss Missouri ist ihre einzige Quelle und sie befürchten, dass Lecks in der Pipeline das Wasser verschmutzen. Energy Transfer Partners versicherte zwar, die Pipeline sei dicht. Doch die Ureinwohner blickten nach Kanada, wo Ende Juli aus einer Pipeline Rohöl in den North Saskatchewan River floss. Der dortige Indianerstamm James Smith Cree fühlte sich allein gelassen mit dem verpesteten Trinkwasser. "Immer wenn es ein Projekt dieser Größenordnung gibt, entstehen Kosten, die die Ureinwohner-Stämme tragen müssen", sagt Häuptling Archambault.

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