USA:Er schaut es sich mal an

US-Präsident Trump verunsichert die Großbanken mit der Aussage, dass man sie vielleicht zerschlagen könnte. Experten glauben nicht, dass er zum Banken-Schreck mutiert.

Von Harald Freiberger

Ein typischer Trump zeichnet sich dadurch aus, dass es dem US-Präsidenten gelingt, mit ein paar minimalistischen Sätzen maximale Unruhe in wichtigen Teilen der Bevölkerung zu stiften. Am Montag war es mal wieder soweit. "Ich schau' da gerade drauf", sagte Donald Trump der Nachrichtenagentur Bloomsberg in einem Interview. "Einige Leute wollen zurück zum alten System, oder? Deshalb schauen wir uns das an."

Für sich genommen klingen die Sätze wenig dramatisch. Trotzdem führten sie dazu, dass führende Banker des Landes schlagartig eine Konferenz in Los Angeles verließen und hektisch in der Vorhalle telefonierten. Die Sätze waren nämlich auf die Frage gemünzt, ob Trump es unterstütze, die großen Banken zu zerschlagen.

Der US-Präsident schaut sich also mal an, ob man die großen Banken nicht zerschlagen kann. Kein Wunder, dass die Chefs großer Investmentbanken wie JP Morgan, Morgan Stanley, Goldman Sachs oder Bank of America da nervös werden. Die Aussage Trumps kam für sie völlig überraschend. Sie hatten sich zuletzt in Sicherheit gewogen, der US-Präsident werde schon nichts tun, was ihrem wieder boomenden Geschäft schaden könnte. Was aber kann einer Großbank mehr schaden als ihre Zerschlagung?

Konkret geht es um den Glass-Steagall-Act, ein Gesetz zur Regulierung von US-Banken, das nach der Weltfinanzkrise 1929 eingeführt wurde. Um die gefährliche Verflechtung des Finanzsystems aufzuheben, mussten Banken ihr Kreditgeschäft danach vom Investmentbanking-Geschäft trennen. Das Gesetz galt in den USA bis 1999, dann wurde es aufgehoben - mit der Folge, dass wieder Banken-Riesen entstanden, die sowohl Kredite vergaben als auch klassisches Investmentbanking betrieben. Nicht wenige Fachleute sehen darin eine Ursache für den Ausbruch der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008.

Diskussionen, große Banken wieder zu zerschlagen, gibt es deshalb in den USA schon länger. Trump machte sich die Argumente auch in seinem Wahlkampf zu eigen. Die Anti-Wall-Street-Rhetorik war auch ein wichtiger Grund für seinen Wahlerfolg. Als Trump im November gewonnen hatte, war es jedoch mit dem Kampf gegen die US-Finanzhäuser vorbei. Der neue Präsident meint es gut mit den großen Banken. Er berief mehrere Ex-Manager der Investmentbank Goldman Sachs in sein Beratergremium. Die Investoren an der Börse waren begeistert, sie kauften Aktien der Großbanken; keine Branche profitierte so vom Börsenboom nach Trumps Wahl.

Im Februar konnten sich die Banker erneut freuen. Da unterzeichnete Trump zwei Dekrete, wonach ein anderes Gesetz zur Regulierung von Banken überprüft werden soll, der Dodd-Frank-Act. Der wurde unter der Regierung von Barack Obama nach der Finanzkrise 2008 eingeführt, um die Großbanken zu zähmen. Sie hatten mit ihren riskanten Geschäften die weltweite Krise ausgelöst und mussten mit Milliarden an Steuergeld gerettet werden. Das Gesetz beschränkt Banken beim Eigenhandel und verpflichtet sie, Kunden in deren Sinne zu beraten. Wenn dieses Gesetz nun überprüft wird, heißt dies nichts anderes, als dass Banken das Zocken wieder erlaubt werden soll und der Verbraucherschutz zurückgedreht wird. Schöne Bankenwelt.

Experten glauben nicht, dass Trump vom Banken-Freund zum Banken-Schreck mutiert

Umso überraschender nun die jüngsten Sätze von Trump, auch den Glass-Steagall-Act zu überprüfen. Beide Aussagen stehen im Gegensatz zueinander, es wirkt, als ob der US-Präsident den Großbanken Zuckerbrot und Peitsche geben wollte. Welches Vorhaben er in die Realität umsetzen kann und wird, ist dabei völlig ungewiss - auch das ein typischer Trump.

Die Wall Street ließ sich von den neuen Aussagen des Präsidenten nicht irritieren. Banken-Aktien fielen am Montag nur kurz, danach stiegen sie sogar. Die Börse scheint darauf zu vertrauen, dass Trump schon nicht vom Banken-Freund zum Banken-Schreck mutieren wird. Eine Zerschlagung von Großbanken wäre zum einen juristisch kompliziert und deshalb langwierig. Zum anderen könnten reine Investmentbanken von einer Trennung sogar profitieren, sagen Branchenkenner: Weil sie danach lockerer reguliert werden als bisher.

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