USA:Dicke Dosis

Donald Trump meint, die Erde könne auch höhere Temperaturen vertragen. Er will zurück zu Kohle und Öl, genehmigt zwei umstrittene Pipelines und erteilt der Umweltbehörde ein Redeverbot.

Von Kathrin Werner, New York

Die Keystone Pipeline führt von Kanada in die USA und soll gemeinsam mit anderen Leitungen des Unternehmens Trans Canada täglich bis zu 132 Millionen Liter Öl bis zur Küste in Texas pumpen. Es kommt vor allem aus den klimaschädlichen Teersanden.

Die Dakota Access Pipeline, 1900 Kilometer lang, soll pro Tag etwa 80 Millionen Liter Öl transportieren. Es stammt aus dem Fracking-Ölfeld Bakken in North Dakota und soll von dort zu einer bereits vorhandenen Pipeline in Illinois fließen - auch durch Indianergebiete. Die Röhren bringen Jobs, versprach Trump. Allerdings werden nur für den Bau Tausende Arbeiter gebraucht, ein paar Dutzend Mitarbeiter genügen später für den Betrieb.

Sofort war das Thema Klimawandel auf der Website des Weißen Hauses verschwunden

Außerdem verkündete Trump den Chefs der großen US-Autohersteller, Umweltvorgaben der Obama-Regierung wieder rückgängig zu machen und Steuern zu senken, wenn sie sich verpflichten, in den USA zu produzieren.

"Donald Trump hat schon nach vier Tagen im Amt gezeigt, dass er genau die gefährliche Bedrohung für unser Klima ist, die wir befürchtet hatten", sagte Michael Brune, der Chef der Umweltgruppe Sierra Club. Umweltschützer kündigten heftige Proteste gegen die zwei Pipelines an. Die Röhren waren schon in den vergangenen Jahren das Ziel von Aktivisten, weniger wegen tatsächlich drohender Klima- und Umweltschäden, sondern vor allem wegen der Symbolik: Sie passten einfach nicht zu dem Bekenntnis der USA zu erneuerbaren Energien und dem Kampf gegen den Klimawandel. Obama hatte sich dieser Ansicht angeschlossen.

Trump besaß - oder besitzt - Aktien an Energy Transfer Partners, der Firma, die die Dakota-Access-Pipeline baut. Er habe die Beteiligung im Juni verkauft, sagte ein Trump-Sprecher vor wenigen Wochen. Er hat allerdings keine Unterlagen veröffentlicht, die den Verkauf belegen, und es gibt keine Möglichkeit, zu überprüfen, ob Trump diesen einen seiner vielen Interessenskonflikte tatsächlich beseitigt hat.

Dass Trump sich für den Klimawandel nicht interessiert, beziehungsweise nicht an ihn glaubt, ist bekannt - in den USA sind der Klimawandel und wissenschaftliche Erkenntnisse generell längst zur Glaubensfrage verkommen. "Schwindel" und "sehr teuren Bullshit" nannte Trump den Klimawandel. "Das Konzept der Erderwärmung ist von und für die Chinesen erfunden worden, um die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie zu zerstören", schrieb er im November 2012. An kalten Tagen äußerte er sich besonders oft, etwa 2015: Man könnte heute eine "große, fette Dosis Erderwärmung" gebrauchen.

Protests Continue At Standing Rock Sioux Reservation US environment oil pipeline protest

Klimaschützer campierten wochenlang dort, wo die Dakota Access Pipeline verlaufen soll - bis Ex-Präsident Barack Obama den Bau stoppte. Donald Trump hat ihn nun wieder freigegeben.

(Foto: Jim Watso/AFP)

Auch wie die neue Regierung mit Informationen zum Klimawandel umgeht, provozierte Aufsehen. Binnen einer Stunde nach Trumps Vereidigung war die Themenseite zum Klimawandel von der Website des Weißen Hauses verschwunden. Stattdessen veröffentlichte Trumps Team einen "America-First-Energieplan", in dem Trump verkündet, einige von Obamas Klimaschutzgesetzen rückgängig zu machen und wieder mehr auf Kohle, Öl und Gas zu setzen.

Trump hat direkt nach seinem Amtsantritt der Umweltbehörde EPA ein Redeverbot verpasst. Die Mitarbeiter sind laut Medienberichten von der neuen Regierung angewiesen worden, Informationen über den Klimawandel von der Website zu entfernen, Links zu wissenschaftlichen Artikeln zu löschen und Presseanfragen nur von höheren Beamten beantworten zu lassen. Außerdem darf die EPA laut Medienberichten seither nichts mehr in sozialen Medien oder auf ihrer eigenen Website verlautbaren. Die letzte Twitter-Nachricht stammt vom 19. Januar, vorher vergingen selten mehrere Tage ohne einen Tweet der Umweltbehörde. EPA-Mitarbeiter fürchten Budgetkürzungen, auch weil Trump mit Scott Pruitt einen Gegner der Behörde zu ihrem Chef gemacht hat. Pruitt hatte als Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Oklahoma die EPA mehrfach verklagt. In seiner Anhörung vor dem Senat sagte er allerdings, er glaube an den Klimawandel.

Ähnliche Redeverbote wie für die EPA gibt es offenbar für das Agrar- und das Gesundheitsministerium. Auch der National Park Service, der Nationalparks und Naturschutzgebiete verwaltet, durfte einige Zeit lang nicht twittern, nachdem der Social-Media-Manager der Behörde einen kritischen Tweet zur Zahl der Zuschauer bei Trumps Vereidigung verbreitet hatte. Der Badlands-Nationalpark in South Dakota hat am Dienstag drei Tweets mit Fakten zum Klimawandel veröffentlicht, die in kurzer Zeit verschwanden.

Eine wichtige Frage ist offen: Was passiert mit dem Klimaabkommen von Paris? Die USA hatten es erst im September ratifiziert und sich verpflichtet, die Erderwärmung einzudämmen. Trump hat im Wahlkampf angekündigt, es zu "canceln". In einem Interview mit der New York Times nahm er das nach der Wahl zwar teilweise zurück. Doch die ersten Tage im Amt legen nahe, dass Trump auch in der Klimapolitik einen Wandel vollziehen wird: zurück zu Öl und Kohle.

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