USA:Auftakt Kartell-Schlacht

Chief Executive Officer of AT&T Randall Stephenson walks off the stage with David McAtee, SEVP and General Counsel for AT&T, and Daniel Petrocelli, counsel from O'Melveny & Myers LLP., after a press conference in New York City

AT&T-Chef Randall Stephenson (links) mit Beratern nach seiner Pressekonferenz in New York City am Dienstag.

(Foto: Shannon Stapelton/Reuters)

Überraschend blockiert die US-Regierung die Fusion von Time Warner und AT&T. Es geht um viel Geld - aber auch um das Ego von Präsident Donald Trump.

Von Kathrin Werner, New York

Randall Stephenson ist wütend. Das US-Justizministerium will seine Strategie durchkreuzen, die ihn zu einem der größten Medienunternehmer Amerikas machen sollte. Die Behörde hat Klage gegen die Fusion von Stephensons Telekom-Konzern AT&T mit dem Medienunternehmen Time Warner vor einem Bundesgericht in Washington eingereicht. "Die geplante 108-Milliarden-Dollar-Übernahme würde den Wettbewerb deutlich verkleinern und zu höheren Preisen und weniger Innovation für Millionen Amerikaner führen", schrieb das Ministerium.

Es ist das erste große Kartellverfahren der Regierung von Präsident Donald Trump. Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als gäbe es keine Hindernisse für den vor mehr als einem Jahr verkündeten Zusammenschluss. Doch nun hat die Kartellaufsicht im Justizministerium einen neuen Chef, Makan Delrahim, der die Dinge anders sieht. "Diese Fusion würde amerikanischen Verbrauchern enorm schaden", sagt er. Die Klage, erwidert dagegen AT&T-Chef Stephenson, "überdehnt die Grundidee des Kartellrechts über die Zerreißstelle hinaus." Das Unternehmen sei bereit für einen Rechtsstreit. "Dies mag eine der wichtigsten Kartell-Schlachten der modernen Geschichte sein", sagte Gene Kimmelman, ein ehemaliger Kartellwächter im Justizministerium und Präsident des Verbraucherschutzvereins Public Knowledge.

Der Knackpunkt des Streits ist, dass das Justizministerium genau die Veränderungen im Markt gut findet, die AT&T und Time Warner das Geschäft schwerer machen. Immer mehr Amerikaner verzichten auf traditionelles Kabel- oder Satellitenfernsehen und schauen nur noch Programme im Internet, zum Beispiel von Streaming-Diensten wie Netflix oder Amazon.

In den USA hat der Trend den Namen "Cord Cutting" bekommen, weil die Kunden sinnbildlich das Kabel zerschneiden. Um Zuschauer zu halten und neue zu locken, überlegen sich die alten Konzerne immer neue Angebotspakete und versuchen, bei der Qualität der Serien-Produktionen mit Netflix mitzuhalten. AT&T ist ein großer Internetanbieter und der Betreiber von DirectTV, dem größten Satelliten-Netzwerk der USA. Das Unternehmen will sich mit der Übernahme zum einen unabhängiger vom Mobilfunkgeschäft machen, bei dem das Unternehmen durch kleinere Rivalen unter Druck geraten ist, vor allem von T-Mobile US. Zum anderen würde die Übernahme dem Konzern helfen, eigene Programme im Angebot zu haben.

Zu Time Warner gehören neben dem Nachrichtenkanal CNN unter anderem der Pay-TV-Sender HBO, der für Serien wie "Girls" oder "Game of Thrones" bekannt ist, sowie das Hollywood-Studio Warner Brothers. Ein fusionierter Konzern hätte eine bessere Verhandlungsposition bei Unternehmen wie Disney, glaubt AT&T. Kabel- und Satellitenbetreiber, also die Betreiber der Technik, und die Anbieter der Inhalte streiten sich ständig über die Gebühren, die die Netzbetreiber zahlen, um das Fernsehprogramm zeigen zu dürfen.

Diese Verhandlungen führten zu niedrigeren Preisen, glaubt die Behörde. Die Klage ist trotzdem aus mehreren Gründen ungewöhnlich. Mit AT&T und Time Warner wollen sich zwei Unternehmen zusammenschließen, deren Geschäft sich bislang kaum überschneidet. Eine Klage gegen eine solche "vertikale" Fusion hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben, weil sie typischerweise nicht zu einer stärkeren Konzentration in einer Branche führt.

Und dann ist da natürlich noch die große Sorge, dass die Klage in Wirklichkeit gar nichts mit Marktkonzentration und Verbraucherschutz zu tun hat, sondern politisch motiviert ist. Trump hatte schon im Wahlkampf verkündet, dass er die Fusion blockieren werde. Trump hasst CNN, weil der Sender kritisch über ihn berichtet. Bei Veranstaltungen seiner Republikanischen Partei können seine Anhänger Anstecknadeln kaufen, auf denen ein Comic-Trump in hohem Bogen auf ein CNN-Logo pinkelt. Erst vor ein paar Tagen schrieb der US-Präsident bei Twitter, CNN sei ein "Verlierer".

Die Manager beklagen einen "merkwürdigen Kurswechsel" des Justizministeriums

Vertreter der Trump-Regierung sollen AT&T schon vor Wochen verkündet haben, dass sie die Fusion nur genehmigen würden, wenn der Konzern entweder CNN oder die Satellitensparte DirectTV weiterverkauft. "Es geht nur um CNN", sagte ein Insider der Zeitung Financial Times. AT&T-Chef Stephenson hat den Verkauf von CNN allerdings ausgeschlossen. Laut Delrahim, dem neu ernannten Kartellabteilungsleiter, habe die Trump-Regierung nicht versucht, auf seine Entscheidung einzuwirken.

Die Klage sei ein "merkwürdiger Kurswechsel" des Justizministeriums, sagte Stephenson. Schließlich habe es erst vor wenigen Jahren eine vergleichbare Übernahme des Medienunternehmens NBC Universal durch den Kommunikationskonzern Comcast mit wenigen Auflagen genehmigt - allerdings damals noch unter einem anderen Kartellabteilungsleiter. Es sei kein Wunder, dass viele Menschen glauben, hinter der Klage gegen die Fusion stecke vor allem Trumps Abneigung gegen CNN. AT&T will im Vorfeld des Gerichtsverfahrens die Herausgabe aller Belege über die Kommunikation zwischen dem Weißen Haus und dem Ministerium zu der Sache verlangen. Auch Trumps Freund Rupert Murdoch ist gegen die Fusion, schließlich ist sein Unternehmen 21st Century Fox ein Hauptkonkurrent und hat kein Interesse daran, dass Time Warner stärker wird.

AT&T wird voraussichtlich auf eine Entscheidung noch vor April drängen. Bis dahin kann der Konzern die Übernahme ohne Vertragsstrafe absagen.

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