USA:Ära Trump

Street art in London, United Kingdom - 18 Feb 2017

Ein Tanz gefällig? Donald Trump musste Großbritanniens Premierministerin Theresa May wohl nicht lange bitten. Das Londoner Graffito spielt auf den Nostalgiefilm "La La Land" an und darauf, dass es der US-Präsident mit Fakten nicht immer so genau nimmt.

(Foto: Facundo Arrizabalaga/epa/REX/Shutterstock)

Zölle, Konjunkturprogramme, Deregulierung: Wie wirken sich die Pläne des US-Präsidenten aus?

Von Norbert Hofmann

Wirft man einen Blick auf die wichtigsten Abnehmerländer der deutschen Wirtschaft, so kann einen dieser Tage ein ungutes Gefühl beschleichen. An dritter Stelle nach China etwa steht Großbritannien und damit ein Staat, mit dem die Handelsbeziehungen nach dem Brexit neu justiert werden müssen. Noch dickere Fragezeichen stehen hinter dem wichtigsten Partner USA. Deren Präsident droht mit Handelsbarrieren und einer Politik der Abschottung, die sich zunehmend auch in Europa politische Parteien mit Siegeschancen bei anstehenden Wahlen auf die Fahnen geschrieben haben.

Die deutschen Unternehmen sorgen sich ernsthaft um ihr Erfolgsmodell Export. "Ein weltweit zunehmendes Klima des Protektionismus könnte eine Eiszeit für den Freihandel einleiten", warnte Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags anlässlich der jüngsten Konjunkturumfrage. Allein schon der unkalkulierbare Kurs der US-Regierung bereitet große Sorgen. Insgesamt sieht fast die Hälfte der bayrischen Betriebe in den wirtschaftspolitischen Entwicklungen ein Risiko. "Das ist der höchste Wert für politische Unsicherheit, seit 2010 erstmals diese Frage gestellt wurde", betont Driessen.

Zwei Drittel der Betriebe rechnen mit steigenden Kreditzinsen

Verunsicherung verheißt in Gelddingen nie Gutes. Laut dem von der TU Darmstadt gemeinsam mit dem digitalen Kreditmarktplatz creditshelf erstellten "Finanzierungsmonitor 2017" rechnen zwei Drittel der mittelständischen Betrieben mit steigenden Kreditzinsen. Sie befürchten nicht nur, dass die Kreditinstitute die Kosten aus der Bankenregulierung an ihre Kunden weitergeben. "Die Firmen sorgen sich in nahezu gleichem Maße auch, dass Banken politische Unsicherheiten mit Blick etwa auf die Agenda des neuen US-Präsidenten und die in Europa anstehenden Wahlen bei den Kreditzinsen berücksichtigen", sagt Dirk Schiereck, Professor an der TU Darmstadt. Betroffen seien vor allem Firmen mit schwacher Bonität, die sich schon länger mit einer restriktiven Kreditvergabe der Banken konfrontiert sehen und es nun noch schwerer haben werden.

Ungemach könnte schon bald aber auch Firmen drohen, für die US-Exporte zum Geschäft gehören. "Wenn Trump Teile seiner protektionistischen Ankündigungen wahr macht, werden das auch die Banken je nach Marktausrichtung des zu finanzierenden Unternehmens bei ihren Kreditkonditionen berücksichtigen", sagt Alexander Kritikos, Forschungsdirektor für Entrepreneurship beim DIW und Professor an der Universität Potsdam. Damit sei kurzfristig mit negativen Effekten zu rechnen. Mittel- und langfristig aber ist vieles offen. Etwa die Frage, welche Auswirkungen weniger Freihandel auf die Währungsrelationen haben wird. Zudem ist Protektionismus erfahrungsgemäß nie eine Einbahnstraße "Ebenso könnten auch andere Länder protektionistische Maßnahmen gegen die USA ergreifen und sich so die gesamten Handelsströme verändern", sagt Kritikos. Unternehmen und Staaten aus aller Welt etwa fragen in einem solchen Szenario anstelle von US-Gütern vielleicht dann eher auch deutsche Produkte noch stärker nach.

Aus Trumps angekündigten Investitionen in die Infrastruktur und den Rüstungsetat könnten sich auch Impulse für die deutsche Wirtschaft ergeben. "Die staatlichen Programme könnten in den betroffenen Branchen für mehr Nachfrage nach Produkten des Mittelstands sorgen", sagt Kritikos. Er verweist zudem auf mögliche indirekte Effekte angesichts der Forderungen zu einer Reduzierung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses. Eine staatlich induzierte Belebung der Inlandsnachfrage wäre ein Weg dazu. "Die Diskussion um Trumps Pläne in den USA könnte auch in Deutschland politische Wirkung zeigen und nach der Bundestagswahl zu einer intensiven Diskussion über mehr Investitionen in die Infrastruktur führen."

Eine andere Frage ist, wie Trump seine Konjunkturprogramme finanzieren will. Da Steuersenkungen nicht geplant sind, bleiben nur höhere Haushaltsschulden. "Als Folge davon dürften die Zinsen in den USA in den nächsten Jahren etwas stärker steigen als es vor der Trump-Wahl absehbar war", sagt Wissenschaftler Schiereck. Schon jetzt sind Zinserhöhungen durch die Notenbank noch in diesem Jahr angesichts der guten Arbeitsmarktlage und steigender Inflationsraten wahrscheinlicher geworden. Dazu trägt auch bei, dass das vom Institut Conference Board gemessene Verbrauchervertrauen im Februar just zur Amtseinführung von Trump den höchsten Wert seit Juli 2001 erreicht hat.

Protektionistische Maßnahmen würden deutschen Firmen eher schaden

Abzuwarten bleibt, was die Pläne des Präsidenten zur Bankenderegulierung bringen. Er sieht im Status quo Hindernisse für die Kreditvergabe und damit für das Entstehen von Jobs. Welche Regeln er genau ändern will, ist noch nicht bekannt. Ansatzpunkte aber gäbe es. So müssen die acht größten US-Banken auf Betreiben der Notenbank bei ihren Kapitalquoten bis 2019 einen zusätzlichen Kreditpuffer für unvorhergesehene Verluste in Höhe von bis zu 4,5 Prozent aufbauen. Das sind strengere Auflagen als sie deutsche Banken nach dem internationalen Regelwerk Basel III zu berücksichtigen haben. Hier ist nur ein Kreditpuffer von 2,5 Prozent des Gesamtforderungsbetrags vorgesehen. "Würde die Quote für die US-Großbanken auf ein mit Europa vergleichbares Niveau zurückgeführt werden, wäre das akzeptabel", sagt Claudia Schlebach, Mittelstandsexpertin bei der IHK für München und Oberbayern. Ein größerer Abschlag dagegen könne wieder Sorgen um die Stabilität des internationalen Finanzsystems aufkommen lassen. "Alles, was Auswirkungen auf die Finanzstabilität hätte, würde auch deutsche Kreditinstitute belasten", sagt Schlebach.

Sollte Trump die Banken in den USA so deregulieren, dass durch geringere Melde- und Offenlegungspflichten ihre Kosten sinken, hätte das positive Folgen für die Unternehmensfinanzierung. "Dann könnten deutsche Mittelständler ihre Niederlassungen in den USA günstiger finanzieren", sagt Wissenschaftler Schiereck. Den aus Deutschland heraus exportierenden Firmen dagegen drohen angesichts der angekündigten protektionistischen Maßnahmen eher Nachteile. "Das weckt bei den Banken zusätzliche Bedenken und macht die Finanzierung für den Mittelstand nicht unbedingt leichter", sagt Schiereck.

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