US-Wirtschaftsausblick:Aus der Traum

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Lange Zeit haben sich Ökonomen von Donald Trumps Wirtschaftsversprechen blenden lassen. Jetzt hat der IWF seine Wachstumsprognose für die USA spürbar nach unten korrigiert.

Von Catherine Hoffmann und Claus Hulverscheidt, München/New York

Wenn es nach Donald Trump geht, dann lässt sich der Sachstand ziemlich simpel zusammenfassen: Ob Wachstum, Investitionen, Jobs oder Aktienkurse - rein wirtschaftlich gesehen sei seine Präsidentschaft bisher eine einzige Erfolgsgeschichte. Beinahe im Wochenrhythmus twittert Trump seine Jubelbotschaften in die Welt hinaus, selbst Statistiken, die er noch vor Monaten als Fälschungen der damaligen Regierung Obama bezeichnet hatte, dienen ihm jetzt als Ausweis eigener ökonomischer Tatkraft.

Lange Zeit war Trump mit seinem Optimismus nicht allein gewesen. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) etwa hatte noch zu Jahresbeginn mit viel Zuversicht auf die wirtschaftspolitische Agenda des neuen Präsidenten geschaut und seine Wachstumsprognose für die USA spürbar erhöht. Doch mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt in der IWF-Zentrale, die nur wenige Hundert Meter vom Weißen Haus entfernt an der Washingtoner Pennsylvania Avenue liegt: In seinem aktualisierten Weltwirtschaftsausblick geht der Fonds davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA in diesem und im nächsten Jahr um lediglich 2,1 Prozent zulegen wird. Das sind zwei beziehungsweise vier Zehntelpunkte weniger als noch im April prognostiziert - und ist weit entfernt von jenen drei bis vier Prozent, die Trump im Wahlkampf versprochen hatte.

Der IWF warnt vor hohen Börsenkursen, die kollabieren könnten

Als Grund für die Revision führt der IWF an, dass die Fiskalpolitik der USA "weniger expansiv" ausfallen wird als erwartet. Übersetzt heißt das: Der Fonds geht nicht mehr davon aus, dass Trump in den kommenden Monaten eine Steuerreform und ein Infrastrukturprogramm auf die Beine stellen wird, die das Wirtschaftswachstum deutlich beflügeln. Das bedeutet nicht, dass Trumps wirtschaftliche Zwischenbilanz schlecht wäre. Es heißt lediglich, dass die Erwartungen vieler Experten und Manager an den neuen Präsidenten wohl überzogen waren und sich die tatsächlich erzielten Ergebnisse kaum von denen unterscheiden, die auch die viel kritisierte Regierung Obama verbucht hatte. Allein die Aktienkurse und einige Stimmungsindikatoren haben seit der Präsidentschaftswahl tatsächlich signifikant zugelegt.

"I will fix it", versprach Donald Trump großmäulig seinen Wählern. Darauf warten sie noch immer. (Foto: Alex Brandon/dpa)

Der US-Wirtschaft könnte zugutekommen, dass sich die konjunkturelle Lage in anderen Teilen der Welt weiter aufgehellt hat. Insbesondere die Euro-Zone entwickelt sich dank einer unerwartet hohen Binnennachfrage in gleich mehreren Ländern offenkundig besser als erwartet: Insgesamt erwartet der IWF für dieses und nächstes Jahr Zuwächse von 1,9 und 1,7 Prozent, das sind zwei beziehungsweise ein Zehntelpunkt mehr als bisher. Wachstumsmotor dürfte - wie schon in den Vorjahren - Spanien bleiben, für das der Fonds jetzt Raten von 3,1 und 2,4 Prozent vorhersagt. Auch für Frankreich geht es unter dem neuen Präsidenten Emmanuel Macron leicht auf 1,5 und 1,7 Prozent nach oben. Deutschland liegt mit minimal erhöhten Prognosen von 1,8 und 1,6 Prozent im Mittelfeld.

Ganz anders steht es um das britische Königreich, das wegen des anstehenden Austritts aus der Europäischen Union weiter an Wirtschaftskraft verliert: Für 2017 nahm der Fonds seine Vorhersage im Vergleich zum April von 2,0 auf 1,7 Prozent zurück - eine recht scharfe Korrektur für einen so kurzen Zeitraum. 2018 soll das Plus sogar nur 1,5 Prozent betragen - 2015 hatte das BIP noch bei 2,2 Prozent gelegen. Minimal nach oben gehen die Prognosen hingegen für andere bedeutende Wirtschaftsnationen wie China und Japan.

Als Risiken für die Weltwirtschaft bezeichnet der IWF vor allem die hohen Börsenkurse, die kollabieren könnten, und die großen politischen Unsicherheiten in vielen Regionen. Die Experten warnen deshalb die großen Notenbanken davor, die Leitzinsen zu schnell anzuheben.

Auf den Finanzmärkten machen sich die Verschiebungen im Weltwirtschaftsgefüge längst bemerkbar. So hat der US-Dollar, der in Erwartung niedrigerer Steuern, höherer Investitionen und einer restriktiveren Handelspolitik deutlich an Wert gewonnen hatte, seine Zugewinne vollständig wieder eingebüßt. Umgekehrt legte der Euro deutlich an Wert zu: Seit dem Jahreswechsel und damit in etwa seit Trumps Amtsantritt ist er gegenüber dem Dollar von 1,04 auf über 1,17 gestiegen - ein Gewinn von mehr als zwölf Prozent.

Auch am Rentenmarkt lässt sich die Enttäuschung vieler Händler über den US-Präsidenten ablesen. Noch im Januar war es einhellige Meinung der Analysten gewesen, dass die Renditen amerikanischer Staatsanleihen angesichts der guten Konjunkturaussichten bald die Marke von drei Prozent überspringen und sich Ende 2017 sogar dem Ziel von vier Prozent annähern könnten. Doch daraus wurde nichts: Zehnjährige Papiere rentieren mit 2,2 Prozent sogar noch unter dem Niveau vom Jahreswechsel. Gleichzeitig zog im Euro-Raum, beflügelt von ermutigenden Wirtschafts- und Inflationsdaten, das Renditeniveau an. Der gewaltige Renditevorsprung amerikanischer Zehn-Jahres-Anleihen, der Ende 2016 mit 2,3 Prozentpunkten den höchsten Stand seit 1989 erreicht hatte, ist wieder auf 1,7 Punkte zusammengeschrumpft. Das schwächt auch die Nachfrage nach dem Dollar - und damit dessen Kurs -, denn für Anleger ist es nun weniger attraktiv, in US-Anleihen zu investieren.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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