US-Wahl:800 Manager klatschen für Donald Trump

Republican presidential nominee Donald Trump speaks to the Economic Club of New York luncheon in Manhattan

Donald Trump spricht vor dem noblen Economic Club in New York. Die 800 Manager sind von manchen seiner Thesen durchaus angetan.

(Foto: REUTERS)
  • Bei einer Rede vor dem noblen Economic Club hat Donald Trump eine überraschend erfolgreiche Rede gehalten. Die Zuschauer waren eigentlich eher Clinton zugeneigt.
  • Darin stellte Trump sein Wirtschaftskonzept vor.
  • Trump wurde nie konkret, stattdessen machte er zahlreiche Versprechen, die - wenn nicht auf falschen Zahlen - doch auf extrem optimistischen Annahmen beruhen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Als die letzten Worte im Großen Ballsaal des Hotels Waldorf Astoria verklungen sind, passiert etwas, womit der Kandidat vielleicht selbst nicht gerechnet hat. Die Menschen, die eben noch gediegen an ihren runden Tischen gespeist haben, erheben sich von ihren Sitzen, manche eher gemächlich, andere wie von einer Sprungfeder in die Höhe geschossen.

Das war nicht unbedingt zu erwarten gewesen, denn obwohl Donald Trump New Yorker ist - die versammelte Wirtschaftselite der Stadt neigt in ihrer Mehrheit wohl eher seiner Kontrahentin Hillary Clinton zu. Dass ihm die 800 Banker und Manager, die Unternehmensberater und Anwälte nun zwar nicht überschwänglich, wohl aber ausgesprochen freundlich applaudieren, darf der republikanische Präsidentschaftsbewerber deshalb als Erfolg verbuchen.

Trump hat wenig Konkretes zu bieten - aber dafür eine Erzählung

Dabei hat Trump den Mitgliedern des noblen Economic Club gerade ein Wirtschaftsprogramm vorgetragen, das immer genau dort endet, wo es konkret zu werden droht. Doch das stört die Zuhörer offenbar wenig, denn der einst so unmöglich erscheinende Kandidat hat dafür anderes zu bieten: Slogans etwa wie "Schluss mit dem Regulierungswahn", "America first!" oder "Clinton bietet Stütze, wir bieten Gehaltsschecks". Vor allem aber: eine Erzählung.

Die Erzählung vom einfachen Arbeiter, der sein Leben lang geschuftet hat, bis ihm unfähige Politiker durch miserable Handelsverträge, die Duldung illegaler Immigranten, zu hohe Unternehmensteuern und Liebedienerei gegenüber dem Ausland den Job nahmen. "Das sind die vergessenen Männer und Frauen Amerikas - und ich werde ihre Stimme sein", ruft Trump, und obwohl viele im Saal mutmaßlich keinen einzigen dieser vergessenen Menschen persönlich kennen, brandet Applaus auf.

Es sagt einiges aus über die Stimmung im Land, dass Trump es mit einer Mixtur aus rednerischer Urgewalt und Plattitüden so weit gebracht hat. Doch er hat in den vergangenen Wochen auch dazugelernt: Er vermeidet allzu harsche Attacken auf Clinton, er verzichtet auf verbale Ausfälle, stattdessen hier und da ein Witzchen, bevor es - ganz kurz - gar staatstragend wird.

Und er flutet den Saal mit Zahlen, so rasch und so fortdauernd, dass selbst die mit großen Summen vertrauten Geschäftsleute der mächtigen Welle, die da über sie hereinschwappt, nicht gewachsen sind. Millionen, Milliarden, Billionen - was richtig, was falsch, was aus dem Zusammenhang gerissen ist, niemand kann es mehr nachhalten. Doch allein die schiere Menge reicht aus, um den Eindruck zu vermitteln, dass hier jemand weiß, wovon er redet.

Später, als der Saal längst leer ist, fallen manchem die ersten Dinge auf, die nicht zusammenpassen. 25 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze, so hat Trump etwa angekündigt, werde er in nur einem Jahrzehnt schaffen. Das hat es noch nie gegeben, vor allem aber: Es wären ziemlich exakt dreimal so viele neue Stellen, wie es derzeit offiziell Arbeitslose gibt.

Ein Präsident Trump müsste also viele Millionen Einwanderer ins Land lassen - was er erklärtermaßen nicht will - oder aber in großem Stil Menschen für den Arbeitsmarkt zurückgewinnen, die, zumindest offiziell, gar nicht auf Stellensuche sind. Die Möglichkeiten sind jedoch begrenzt, da auch in den USA die Zahl der Rentner zu- und die der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter abnimmt.

Viele Zahlen sind nicht falsch - aber ultraoptimistisch

So ist das mit vielen Zahlen, die der Kandidat vorträgt: Sie sind nicht im klassischen Sinne falsch, beruhen aber häufig auf einer Vielzahl ultraoptimistischer Annahmen. Beispiel Steuerreform. Nur noch drei Steuersätze soll es geben - 12, 25 und 33 Prozent, bisher liegt der Spitzensatz bei 39,6 Prozent. Geringverdiener sollen gar nichts mehr, Unternehmen nur noch 15 statt 35 Prozent zahlen. Und doch muss der Staat angeblich auf keinen einzigen Penny verzichten. Wie kann das sein?

Weil, so der Kandidat, seine Reform dazu führen wird, dass amerikanische Firmen ihre Fabriken statt andernorts wieder in den USA bauen werden. Weil sie Billionen im Ausland geparkter Gewinne nach Hause holen werden. Weil Millionen Jobs entstehen und Gewinne wie Steuereinnahmen nur so sprudeln werden. Ob es tatsächlich so käme? Unwahrscheinlich. Und doch - und nur darauf kommt es Trump an: Solange man sein Universum gedanklich nicht verlässt, stimmt die Rechnung.

Wo Wirtschaft so simpel ist, lassen sich auch andere komplizierte Dinge einfach lösen. Das Leistungsbilanzdefizit der USA gegenüber Ländern wie Deutschland und China ist für Trump nicht etwa die Folge unzähliger unternehmerischer Entscheidungen auf beiden Seiten, sondern schlicht Ergebnis schlecht verhandelter Handelsabkommen. Alle diese Verträge würden überarbeitet, so der Kandidat. "Wir werden die härtesten, klügsten und besten Unterhändler schicken", sagt er, ganz so, als seien die USA bei Handelsgesprächen bisher von einem Trupp transzendentaler Yogi-Flieger vertreten worden. Und wo das nicht reicht, will er, der Immobilientycoon, selbst Tacheles reden, mit den Chinesen etwa, "die ich eigentlich mag, denn sie kaufen meine Eigentumswohnungen". Oder mit Autokonzernen, die Fabriken nach Mexiko verlagern: "Es ist eine Schande, dass unsere Politiker so etwas zulassen."

"Es gibt kein Limit!", verspricht Trump

Wirtschaft, das wird an diesem Tag klar, das bedeutet für Trump Industrie. Auf den Straßen sieht er amerikanische Autos, am Himmel amerikanische Flugzeuge, auf den Weltmeeren amerikanische Schiffe. Der Kohle will er zu einer Renaissance verhelfen, damit die USA ihrem bisherigen Hauptenergielieferanten, dem Nahen Osten, den Rücken kehren können. Technologieunternehmen dagegen kommen in seiner Rede nicht vor, ebenso wenig Banken und die Dienstleistungswirtschaft.

Stattdessen: Heilsversprechen. "Alles, was heute nicht funktioniert, kann in Gang gebracht, alles, was kaputt ist, behoben werden", sagt er. Mit ihm werde das Wachstum vier statt zwei Prozent betragen. Neue Jobs? "Es gibt kein Limit!" "Wir werden Amerika wieder wohlhabend machen", sagt der Kandidat. "Alles ist möglich."

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