US-Sanktionen:Investor wird zum Problem

Russian Billionaires Attend Annual Gathering Of Russian Union Of Industrialists And Entrepreneurs

Als Milliardär und Putin-Freund steht er auf der Liste unerwünschter Personen in den USA: Viktor Vekselberg.

(Foto: Andrey Rudakov/Bloomberg)

Der russische Milliardär Viktor Vekselberg steht in den USA auf der Liste unerwünschter Personen - ein Problem für den Industriekonzern Sulzer.

Von Charlotte Theile, Zürich

Wenn in der Schweiz in den letzten Jahren riesige Aktienpakete den Besitzer wechselten, war fast immer die Rede von einem russischen Oligarchen. Einem Mann mit scheinbar unendlichen finanziellen Möglichkeiten, einem Mann, den kaum jemand je persönlich getroffen hatte. Viktor Feliksovich Vekselberg, 61 Jahre alt, Wohnsitze unter anderem in Moskau und im schweizerischen Kanton Zug. Sein Vermögen wird von der US-Zeitschrift Forbes auf gut 13 Milliarden Dollar geschätzt, was bedeutet, dass nur 51 Menschen auf der Welt reicher sein sollen als Vekselberg.

Seit gut zehn Jahren ist der Investor in der Schweiz aktiv, kauft sich in Technologiekonzerne, Maschinenbauer und Kommunikationsunternehmen ein. Hatte es anfangs noch Vorbehalte und sogar Strafverfahren gegen den Vertrauten von Vladimir Putin gegeben, änderte sich die Stimmung über die Jahre. Vekselberg wurde zum akzeptierten Geschäftsmann, seine Investitionen galten als stabil. Freudig berichteten die Schweizer Zeitungen, der Milliardär mache seine Sammlung der weltberühmten Fabergé-Eier in Zürich der Allgemeinheit zugänglich. Ein Porträt mit dem Titel "Ein netter Oligarch" erschien.

Anfang April setzten die Vereinigten Staaten Viktor Vekselberg auf eine schwarze Liste. Das "wachsende Muster bösartiger Taten Russlands in der Welt" ließ ihn und Dutzende andere Privatleute und Unternehmen von einem Tag auf den anderen zu unerwünschten Personen werden, ihre Vermögen in den USA wurden eingefroren. War der Mann aus der Ukraine gerade noch Quell sprudelnder Liquidität, ist er nun plötzlich das Gegenteil.

Im Schweizer Fernsehen berichtete am Montagabend Greg Poux-Guillaume, Chef des Industriekonzerns Sulzer aus Winterthur von einem Unternehmen am Abgrund: Vekselbergs Gesellschaft Renova hielt 63 Prozent des Aktienkapitals bei Sulzer. Für die Amerikaner war klar: Auch das Unternehmen aus Winterthur - mit etwa 14 000 Mitarbeitern ein kleiner Fisch - wird sanktioniert, die Vermögen des Konzerns eingefroren. US-Dollar machen etwa die Hälfte der Finanzflüsse des Pumpenherstellers aus.

Der Vorstandschef von Sulzer schildert diese Tage als totalen Stillstand: Keine neuen Aufträge mehr, keine Gehälterzahlungen. Und während Poux-Guillaume in einer dramatischen Rückkauf-Aktion den Anteil Vekselbergs an seiner Firma auf unter 50 Prozent drückte, gingen Schweizer Institutionen auf Abstand. Die beiden großen Privatbanken UBS und Credit Suisse hörten auf, mit Sulzer-Aktien zu handeln. Der Rückkauf von fünf Millionen Aktien, den Sulzer zwischen dem 9. und dem 13. April tätigte, kostete das Unternehmen knapp 500 Millionen Euro. Über das vergangene Wochenende gelang Sulzer dann der Befreiungsschlag: Die amerikanischen Behörden ließen das Schweizer Unternehmen wieder von der Angel, mit nur mehr 48 Prozent Beteiligung von Viktor Vekselberg waren die Winterthurer aus dem Schneider. Das Sulzer-Chef bekennt im Nachhinein, die Situation falsch eingeschätzt zu haben. Der schwerreiche Oligarch als größter Aktionär sei zwar ein Risiko gewesen, aber "wir hatten nicht gedacht, dass er sanktioniert würde", sagt Poux-Guillaume. Ob er in den vergangenen Tagen mit seinem Großaktionär gesprochen habe? Nein, sagte Poux-Guillaume, nur mit dessen Vertretern.

Wie es mit den Geldern Vekselbergs in der Schweiz weitergeht, ist unklar. Der Oligarch ist auch an dem Stahlunternehmen Schmolz + Bickenbach und an dem Technologiekonzern Oerlikon beteiligt - bei beiden hält er gut 40 Prozent des Aktien. In seiner Beteiligungsgesellschaft Renova sitzen zahlreiche bekannte Persönlichkeiten des Schweizer Unternehmenswelt. Oder besser gesagt: saßen. Denn überall gab es in den vergangenen Tagen Absetzbewegungen von Vekselberg.

Der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat sein Mandat im Verwaltungsrat von Renova niedergelegt, auch die anderen Verwaltungsräte legten ihr Amt nieder. Bei Schmolz + Bickenbach wird der Verwaltungsratspräsident Edwin Eichler nicht mehr als Renova-Mann und Gesandter Vekselbergs bezeichnet, sondern als "unabhängig", ein anderer Vertreter des Investors steht nicht mehr zur Wahl. Auch Ivan Glasenberg, Chef des Rohstoffhändlers Glencore im Kanton Zug, legte sein Mandat als Verwaltungsrat bei Rusal nieder. Rusal ist der zweitgrößte Aluminiumkonzern der Welt, auch hier ist Vekselberg mit Aktienpaketen beteiligt. Der größte Investor bei Rusal ist allerdings Oleg Deripaska - er steht ebenfalls auf der Liste der Amerikaner.

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