US-Pläne:Amerikaner zahlen am Ende selbst für die Grenzanlage

Grenze zwischen Mexiko und USA

Die Kosten für den Bau der Grenzanlage werden auf acht bis 20 Milliarden Dollar taxiert.

(Foto: dpa)
  • Der neue US-Präsident will eine Strafsteuer auf Importe aus Mexiko.
  • Trump glaubt, auf diese Weise gleich zwei Wahlkampfversprechen auf einmal umzusetzen: den Abbau des riesigen US-Handelsdefizits und den Bau jener rund 3200 Kilometer langen Grenzmauer zu Mexiko.

Von Claus Hulverscheidt

Es ist ein Plan mit so vielen Unwägbarkeiten, dass Fachleute schon jetzt empfehlen, die Finger davon zu lassen. Doch Einwände irgendwelcher Experten haben Donald Trump noch nie geschert. Der neue US-Präsident glaubt vielmehr, einen Weg gefunden zu haben, um gleich zwei Wahlkampfversprechen auf einmal umzusetzen: den Abbau des riesigen US-Handelsdefizits und den Bau jener rund 3200 Kilometer langen Grenzmauer zu Mexiko, den der südliche Nachbar bezahlen soll.

Um beides zu erreichen, will Trump Bier, Avocados, Autoteile und alle anderen Waren, die aus Mexiko eingeführt werden, mit einer Steuer von 20 Prozent belegen. Gleichzeitig sollen Ausfuhren amerikanischer Firmen Richtung Süden in gleicher Höhe von der Steuer befreit werden. Importe in die USA würden so teurer, Exporte billiger. Der Strafzoll würde zunächst zwar nur für Mexiko gelten, später aber auf alle Länder ausgedehnt werden, die im Handel mit den Vereinigten Staaten Überschüsse erzielen. Das wären, allen voran: China und Deutschland.

Simple Rechnung

Auf dem Papier ist die Rechnung simpel: 2015 verkauften Mexikos Firmen Waren und Dienstleistungen im Wert von 325 Milliarden Dollar in die USA. In umgekehrter Richtung waren es 267 Milliarden. Das Defizit, das die Amerikaner verbuchten, betrug also 58 Milliarden Dollar. Bei einem Steuersatz von 20 Prozent kämen somit über zehn Milliarden Dollar im Jahr zusammen - "mehr als genug, um die Mauer zu bezahlen", wie Trumps Sprecher Sean Spicer erläuterte. Die Kosten für den Bau der Grenzanlage werden auf acht bis 20 Milliarden Dollar taxiert.

Doch Spicers Darstellung, damit habe man die Baukosten auf den widerspenstigen Nachbarn abgewälzt, hat einen Haken: Sie ist falsch. Denn nicht die mexikanischen Exporteure zahlen die Steuer. Es sind vielmehr ihre Abnehmer in den USA, die auf Gewinne verzichten oder ihrerseits die Preise erhöhen müssten - auf Öl und Spielzeug, auf Möbel und Lebensmittel.

1,1 Billionen Dollar

So viel will Paul Ryan, der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, binnen zehn Jahren mit dem Umbau der Körperschaft- zu einer Grenzsteuer einnehmen. Präsident Trump nannte die Idee zunächst "zu kompliziert", will jetzt aber mitmachen.

"Nicht Mexiko zahlt für die Mauer, die amerikanischen Verbraucher zahlen", sagt Jared Bernstein vom Washingtoner Politikforschungsinstitut CBPP, der von einer "dummen, sinnlosen Idee" spricht. Waren aus Deutschland würde den Plänen zufolge unter dem Strich um 15 Milliarden Dollar pro Jahr teurer, japanische um elf, chinesische gar um 67 Milliarden.

Die Verfechter der Steuer argumentieren dagegen, dass der Rückgang der US-Importe bei gleichzeitig steigenden Exportzahlen zu einem massiven Anstieg des Dollar-Kurses führen würde. US-Firmen müssten dann weniger Dollar aufwenden, um sie für Auslandseinkäufe in Peso oder Euro umzutauschen. Ihre Gesamtimportkosten blieben also gleich. Anders gesagt: Alles wäre wie vorher, nur dass der Staat fortan kräftig mitkassiert.

Doch das vermeintliche Wundermittel hätte gravierende Nebenwirkungen: Der rapide Dollar-Anstieg würde zu Chaos auf den Devisenmärkten führen und zugleich US-Ausfuhren in Staaten, die von der Steuer nicht betroffen sind, dramatisch verteuern.

Auch das Exportgeschäft von Schwellen- und Entwicklungsländern, die ihre eigene Währung an den Dollar gekoppelt haben, würde massiv erschwert. Umgekehrt könnte etwa die chinesische Regierung, die den Kurs des Renminbi nicht frei schwanken lässt, sondern kontrolliert, die Amerikaner einfach auflaufen lassen. Und schließlich würden die Kursverschiebungen Trumps jüngsten Versuchen zuwiderlaufen, zur Exportförderung den Dollar möglichst nach unten zu reden.

Unternehmen machen Front gegen Steuerpläne

Spicer ruderte daher nach Bekanntwerden seiner Aussagen am Donnerstagabend gleich wieder ein wenig zurück und bezeichnete die Steuer nur noch als eine "Option". Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass sie am Ende in irgendeiner Form eingeführt wird, denn das Konzept deckt sich mit den Ideen von Paul Ryan und Mitch McConnell.

Die Fraktionschefs der Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat, die Trump in den nächsten Monaten für die Umsetzung fast aller Vorhaben brauchen wird, wollen mit den Zoll-Einnahmen die geplante Steuerreform und das gewaltige Infrastrukturprogramm des Präsidenten finanzieren.

Ihr Plan sieht Importsteuererlöse von rund 1,1 Billionen Dollar in zehn Jahren vor - das entspricht rechnerisch einem Steuersatz von 20 Prozent auf das gesamte US-Außenhandelsdefizit von jährlich gut 500 Milliarden Dollar. Ryans Mitstreiter, der einflussreiche Abgeordnete Kevin Brady, bezeichnete Spicers Äußerungen denn auch als "sehr ermutigende Nachricht".

Völlig anders sehen das die vom Import besonders abhängigen US-Branchen, allen voran der Einzelhandel, die kräftig Front gegen die Steuerpläne machen. Und auch unter republikanischen Politikern gibt es Unmut: "Grenzsicherheit ja, Zölle nein", schrieb Lindsey Graham, Senator des Bundesstaats South Carolina, im Kurzmitteilungsdienst Twitter. "Vereinfacht gesagt: Jeder politische Vorschlag, der die Kosten von Corona, Tequila oder Margaritas in die Höhe treibt, ist eine mordsmäßig schlechte Idee."

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