US-Medienbranche:Schlappe für Trump

U.S. District Court Approves $85 Billion AT&T - Time Warner Merger

Das Hauptgebäude von Time Warner in New York: Der Medienkonzern hat künftig wahrscheinlich bessere Chancen, gegen neue Konkurrenten wie Netflix zu bestehen.

(Foto: Drew Angerer/afp)

Der Weg für die Übernahme des Medienkonzerns Time Warner durch AT&T ist frei. Ein Gericht hat den Milliarden-Deal genehmigt - zum Ärger des US-Präsidenten.

Von Kathrin Werner, New York

Der Bundesrichter war sich seiner Sache sehr sicher: AT&T und Time Warner dürfen sich zusammenschließen. Die US-Regierung hat keine Rechtsgrundlage für ihre Blockade. "Es war eine epische Schlacht", schrieb Richard Leon, Richter am United States District Court in Washington. "Nun hat das Gericht gesprochen, die Beklagten haben gewonnen." 172 Seiten lang ist seine Urteilsbegründung, sie ist voll deutlicher Worte und Ausrufezeichen. Und sie endet mit einem Hinweis: Der Richter hofft, dass die Regierung jetzt keine anderen, außergerichtlichen Wege sucht, um der Fusion Steine in den Weg zu legen. "Das würde das Vertrauen in unser Rechtssystem aushöhlen."

85,4 Milliarden Dollar kostet die Übernahme des Medienkonzerns Time Warner den Internet- und Handynetzkonzern AT&T. Sie soll schon bis zum 20. Juni abgeschlossen werden. Auflagen, etwa den in Kartellstreits oft vorgeschriebenen Verkauf einzelner Unternehmensteile, hat Richter Leon nicht verhängt. Von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung riet er ab. Für die Regierung von Donald Trump, der schon im Wahlkampf gegen den Zusammenschluss gewettert hatte, ist es die erste große Kartellrechts-Schlappe.

"Ich persönlich hatte immer das Gefühl, dass das ein Geschäft ist, das nicht gut für das Land ist."

Trumps Justizministerium fürchtet, dass es durch die Fusion zu höheren Preisen und weniger Auswahl und Neuentwicklungen im Medienmarkt und damit zu Nachteilen für amerikanische Verbraucher kommt. Time Warner vermutet hingegen politische Gründe für die versuchte Blockade. Schließlich gehört zu dem Konzern der Nachrichtensender CNN, Trumps größtes Medien-Hassobjekt. Der Sender berichtet immer wieder kritisch über den US-Präsidenten, Trump nennt ihn bei Twitter abwechselnd "Verlierer" oder "Fake News". Bei Veranstaltungen seiner Republikanischen Partei können seine Anhänger Anstecknadeln kaufen, auf denen ein Comic-Trump in hohem Bogen auf ein CNN-Logo pinkelt. Nachdem das US-Justizministerium den Deal mit AT&T im November 2017 blockiert hatte, meldete sich der Präsident zu Wort. "Ich persönlich hatte immer das Gefühl, dass das ein Geschäft ist, das nicht gut für das Land ist", sagte er. "Ich denke, dass die Preise steigen werden. Aber ich werde mich nicht einmischen. Es ist ein Rechtsstreit." Für die Sorge vor höheren Preisen und sinkender Innovationskraft gibt es aus Sicht des Richters jedenfalls keinen Grund. Ganz im Gegenteil: Die Unternehmen könnten zusammen stärker gegen Internetgiganten wie Amazon und Netflix kämpfen, argumentiert er. Immer mehr Amerikaner verzichten auf traditionelles Kabel- oder Satellitenfernsehen und schauen nur noch Programme im Internet, zum Beispiel von Streaming-Diensten wie Netflix oder Amazon, die Milliarden in eigene Fernsehserien investieren. Um Zuschauer zu halten und neue zu locken, schnüren die alten Konzerne neue Angebotspakete und versuchen, bei der Qualität der Serien-Produktionen mit Netflix mitzuhalten, was viel Geld kostet. AT&T ist ein großer Internet- und Handynetzanbieter und der Betreiber von DirectTV, dem größten Satelliten-Netzwerk der USA. Das Unternehmen will sich mit der Übernahme zum einen unabhängiger vom Mobilfunkgeschäft machen, bei dem es durch kleinere Rivalen wie der Telekom-Tochter T-Mobile US unter Druck geraten ist. Zum anderen würde die Übernahme dem Konzern helfen, eigene Programme im Angebot zu haben, die Zuschauer dann bei DirectTV und auch über Mobilgeräte schauen könnten.

Zu Time Warner gehören neben CNN unter anderem der Pay-TV-Sender HBO, der für Serien wie "Girls" oder "Game of Thrones" bekannt ist, sowie das Hollywood-Studio Warner Brothers samt lukrativer Filmrechte etwa an "Harry Potter". Ein fusionierter Konzern hätte eine bessere Verhandlungsposition bei Unternehmen wie Disney, glaubt AT&T. Kabel- und Satellitenbetreiber, also die Betreiber der Technik, und Anbieter der Inhalte wie Disney, streiten sich ständig über die Gebühren, die die Technikbetreiber zahlen, um das Fernsehprogramm zeigen zu dürfen. AT&T argumentiert, dass der Zusammenschluss mit Time Warner darum gut für die Verbraucher ist und Preise senken wird.

Voraussichtlich wird nach der deutlichen Genehmigung der Fusion eine Welle von Übernahmen in den USA folgen. Richter Leon hat den Unternehmen ein Parade-Argument für Kartellrechts-Debatten geliefert: Sie können nun anführen, zusammen stärker gegen Internetgiganten kämpfen zu können. Der US-Kabelkonzern Comcast, dem bereits der Fernsehsender NBC und das Hollywood-Studio Universal Pictures gehören, will laut Medienberichten sehr bald ein Angebot für große Teile des Hollywood-Geschäfts von 21st Century Fox abgeben. Disney will sie ebenfalls kaufen, es steht ein Bieter-Gefecht bevor. Auch der Fernsehsender CBS könnte erneut zum Übernahmeobjekt werden. Besonders für so genannte "vertikale Fusionen", also von Unternehmen wie AT&T und Time Warner, deren Geschäft sich vor dem Zusammenschluss kaum überschneidet, dürfte der Zusammenschluss nach der Gerichtsentscheidung einfacher werden. Solche Fusionen sind gerade auch bei Internetkonzernen beliebt, der Onlinehändler Amazon hat zum Beispiel die Bio-Supermarktkette Whole Foods gekauft. Juristen streiten, ob das US-Kartellrecht reformiert werden muss, um solche Fusionen besser einschätzen zu können, die nicht unbedingt unmittelbar zu steigenden Preisen für Verbraucher führen, aber zu immer größeren und mächtigeren Konzernen.

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