US-Banken:Erst fast pleite, dann spendabel

Mit 700 Milliarden Dollar hat die US-Regierung Banken vor der Pleite bewahrt. Doch die Institute reichen das Geld weiter - an ihre eigenen Aktionäre.

Moritz Koch, New York

Notenbankchef Ben Bernanke flehte, Finanzminister Henry Paulson fiel sogar auf die Knie: Schnellst möglich müsse der Kongress 700 Milliarden Dollar bewilligen, nur so könne der Staat die Wall Street stabilisieren und den Kollaps der US-Wirtschaft verhindern. Das war vor vier Wochen, als das Rettungsprogramm der amerikanischen Regierung im Parlament zu scheitern drohte. Bernanke und Paulson bekamen, was sie wollten. Der Kongress gab die Milliardenhilfen frei. Nun reiben sich die Abgeordneten bei der Zeitungslektüre die Augen. Mehrere Banken, die unter den Rettungsschirm geschlüpft sind, wollen weiter üppige Dividenden zahlen. Zugespitzt: Sie werden Geld der Regierung weiterreichen - an ihre Aktionäre.

US-Banken: Erst lassen sich die US-Banken retten, dann geben sie das Geld wieder aus - an ihre Aktionäre.

Erst lassen sich die US-Banken retten, dann geben sie das Geld wieder aus - an ihre Aktionäre.

(Foto: Foto: dpa)

Zweck des staatlichen Rettungseinsatzes war es eigentlich, die Kreditvergabe der Banken anzukurbeln, die zeitweise fast völlig zum Erliegen gekommen war, und damit die Wirtschaft insgesamt zu stimulieren. 250 der 700 Milliarden Dollar wird der Staat direkt in die Banken pumpen. 33 Institute wollen bisher an dem Programm teilnehmen.

Rettungsaktion ad absurdum

Doch offenbar denken viele von ihnen nicht daran, das Staatsgeld zu verleihen. Einflussreiche Senatoren sind fassungslos. "Wenn das Geld für Dividenden genutzt wird, konterkariert das den Sinn des Programms", sagt der demokratische Senator Charles Schumer und ruft die Regierung auf, alle Dividendenzahlungen zu stoppen.

Anders als die Europäer haben die Amerikaner ihr Rettungsprogramm nur an lose Bedingungen geknüpft. Allenfalls wenn die Institute höhere Dividenden als bisher auszahlen wollen, müssen die sich eine Genehmigung einholen. Soweit will keines der Institute gehen. Aber schon ihre jetzigen Dividendenpläne führen die Rettungsaktion nach Ansicht von Kongressmitgliedern ad absurdum. Wie die Washington Post berichtet, wollen einige Banken innerhalb der kommenden Quartale mehr Kapital ausschütten, als sie von der Regierung erhalten.

Großbanken wollen Staatsgeld horten

Die Bank of New York Mellon etwa bekam zu Wochenbeginn drei Milliarden Dollar vom Staat. Seinen Aktionären will das Institut in diesem Quartal 275 Millionen Dollar auszahlen, in drei Jahren ergibt sich daraus eine Summe von 3,3 Milliarden Dollar. Die Rechtfertigung der Banken: Die Dividenden werden aus den laufenden Gewinnen gezahlt, nicht aus den Überweisungen der Regierung. Kritiker halten dagegen: Kapital ist Kapital. Würden die Gewinne nicht ausgeschüttet, wäre mehr Geld für Kredite vorhanden, der Impuls für die Konjunktur wäre größer.

Die Dividendenzahlungen sind nicht die einzige Schwachstelle des Rettungsprogramms. Großbanken wollen das Staatsgeld offenbar horten, um zu einem günstigen Zeitpunkt kleine Konkurrenten zu kaufen. Die New York Times berichtet von einer Telefonkonferenz bei JP Morgan Chase, in der ein führender Manager eine solche Strategie vorgibt.

Und schließlich ist da noch das Reizthema Gehälter. Schätzungen zufolge sollen in den kommenden Wochen an der Wall Street Bonuszahlungen von knapp 70 Milliarden Dollar fließen, obwohl die Banker ihre Institute in den Ruin gewirtschaftet hätten, wäre der Staat nicht eingesprungen. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo hat bereits die Gehaltslisten eingefordert. Lohnexzesse bei unterkapitalisierten Instituten untergraben ihm zufolge die Wirtschaftsmoral - und verstoßen gegen das Gesetz.

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