Urteil:Niederlage für Solarworld

Das Bonner Solarunternehmen soll in den USA fast 800 Millionen Dollar Schadensersatz an einen Lieferanten zahlen. Das Geld hat er gar nicht.

Der Solartechnikkonzern Solarworld ist von einem US-Gericht zur Zahlung von knapp 800 Millionen Dollar verurteilt worden. Ein Gericht in Michigan gab der Klage des amerikanischen Siliziumlieferanten Hemlock in voller Höhe statt. Für Solarworld wäre die Zahlung einer solchen Summe - sollte es tatsächlich dazu kommen - existenzgefährdend. Die Summe übersteigt die liquiden Mittel des Konzerns um ein Vielfaches.

Vorstandschef Frank Asbeck bekräftigte am Mittwoch, dass er gegen den Beschluss in erster Instanz Rechtsmittel einlegen werde. "Das Urteil ist in seiner Höhe absurd", sagte Asbeck der Nachrichtenagentur Reuters. Allein die Anzahlung von mehr als 100 Millionen Dollar, die Solarworld seinerzeit geleistet habe, decke den vermeintlichen Schaden des US-Konzerns. Asbeck, der sich auf einen mehrjährigen Klageweg einstellt, versucht jedoch weiterhin, sich außergerichtlich zu einigen. "Wir sind in permanenten Gesprächen mit Hemlock", betonte er.

Das Unternehmen will gegen den Beschluss Rechtsmittel einlegen

Das US-Unternehmen hat die Solarworld-Tochter Deutsche Solar verklagt. Hintergrund ist eine Auseinandersetzung um nicht abgenommenes Silizium. In den Boom-Jahren der Solarbranche waren Zellenhersteller bereit, nahezu jeden Preis für Silizium zu zahlen und sie schlossen damals langfristige Verträge, um den Nachschub zu sichern. Das war günstig, solange die Preise stiegen. Als die Nachfrage aber einbrach, konnten viele diese Verträge nicht mehr eingehalten werden. Neben Solarworld streitet sich Hemlock in einem ähnlichen Fall mit der chinesischen JA Solar und fordert knapp eine Milliarde Dollar.

Im Geschäftsbericht hatte Solarworld bereits gewarnt, dass eine Verurteilung auf Zahlung der geforderten Summe "erhebliche Auswirkungen auf die Liquiditätslage" des Konzerns hätte und ihn in seinem Bestand gefährden könnte. Asbeck betonte nun: "Wir sind weiterhin gelassen, da wir nicht glauben, dass die Forderung in Deutschland durchzusetzen ist." Rückstellungen für den Fall einer endgültigen Niederlage bildet Solarworld derweil nicht. Während das in den USA beim Beschreiten des weiteren Klageweges verpflichtend sei, sei es das in Deutschland nicht, versicherte ein Firmensprecher. "Und die beklagte Firma ist nun mal eine deutsche."

Asbeck hatte die liquiden Mittel zuletzt mit rund 183 Millionen Euro beziffert. 2015 verbuchte der seit Jahren Verluste schreibende Solarkonzern bei einem Umsatz von 763 Millionen Euro einen Fehlbetrag von 33,2 Millionen Euro.

An der Börse sorgte das Urteil kaum für Furore. Die Aktie gab lediglich um knapp drei Prozent auf 4,85 Euro nach. Allerdings haben die Papiere in den vergangenen drei Monaten bereits 50 Prozent an Wert eingebüßt.

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