Urteil:Eltern haften nicht für ihre Kinder

Die Richter vom Bundesgerichtshof haben nun entschieden: Eine Mutter muss nicht für ihren 13-jährigen Sohn zahlen, der für viel Geld mehrfach eine 0900er-Nummer anrief.

Von Valentin Dornis

Am Ende des Monats kam der Schock: Gut 1250 Euro standen auf der Telefonrechnung einer Mutter. Das war kein Tippfehler. Ihr damals 13-jähriger Sohn hatte ohne ihr Wissen mehrfach eine 0900er-Nummer angerufen und darüber zusätzliche Funktionen für ein Computerspiel bezahlt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun: Die Mutter muss die teure Rechnung nicht begleichen.

Der Junge hatte ein sogenanntes "Free to play"-Computerspiel gespielt. Das bedeutet, das Spiel an sich ist kostenlos - Geld kosten nur bestimmte Extras, die unter anderem über eine 0900er-Nummer bezahlt werden können. Bei diesen Nummern erfolgt die Identifizierung des Käufers nur über den Anschlussinhaber, weitere Daten werden für den Kauf nicht benötigt. Nicht einmal eine Kontonummer muss angegeben werden. Die entstandenen Kosten werden dann über die Telefonrechnung abgewickelt. So auch in diesem Fall: Insgesamt 21 Mal rief der 13-Jährige die 0900er-Nummer an und buchte virtuelle Extras im Wert von insgesamt gut 1250 Euro hinzu, die seine Mutter dann über die Telefonrechnung bezahlen sollte. Das wollte sie nicht hinnehmen: Die Käufe seien ohne ihre Erlaubnis geschehen, deshalb müsse sie auch nicht dafür aufkommen.

Der Anbieter sah das anders und klagte. Nachdem der Fall zunächst am zuständigen Amtsgericht und dann am Landgericht verhandelt worden war, ging er schließlich an den BGH. Dort folgten die Richter in ihrem Urteil nun der Argumentation der Mutter: Wenn der Anschlussinhaber die Zahlung nicht autorisiert hat, haftet der Dienstleister, der sie abgewickelt hat. Diese Entscheidung gilt also nicht nur für Eltern und ihre Kinder, sondern allgemein, wenn ein Telefonanschluss ohne Einwilligung des Inhabers für solche Zahlungsdienste genutzt wird.

Das Modell der sogenannten "Free to play"-Spiele wird immer beliebter, vor allem bei Handyspielen. Diese kann jeder zunächst kostenlos herunterladen und spielen. Doch nach einer gewissen Zeit werden Extras zum Kauf angeboten. Die funktionieren dann im Spiel wie eine künstliche Währung oder erlauben es, Level und Wartezeiten zu überspringen. Für den Spieler kann das sinnvoll sein, um zum Beispiel seine Spielfigur mit besseren Fähigkeiten auszustatten. Die Preise solcher Extras können von Centbeträgen bis mehr als 100 Euro gehen. Die Verbraucherzentrale NRW warnt deshalb davor, dass solche Zukäufe in der Summe schnell teuer werden können, vor allem wenn Kinder sie bedenkenlos dazubuchen. In einem früheren Urteil hatte der BGH deshalb schon eingeschränkt, wie die Spieleanbieter für die kostenpflichtigen Dienste werben dürfen. Verboten sind zum Beispiel Formulierungen, die Kinder direkt zum Kauf auffordern.

Die Verbraucherzentrale rät Eltern dazu, sich genau zu informieren, welche Spiele ihre Kinder spielen und sie gegebenenfalls selbst auszuprobieren. Denn in den meisten Fällen lassen sich einige Vorsichtsmaßnahmen treffen. So kann man In-App-Käufe oft mit Passwörtern schützen oder über Guthabenkarten begrenzen. Außerdem sollten Bankdaten nicht in der App gespeichert werden, weil sie dann problemlos immer wieder für Käufe genutzt werden können. Bei den teuren 0900er-Nummern, die vor allem für die Bezahlung von Extras bei Computerspielen angeboten werden, bleiben Eltern dagegen nur zwei andere Möglichkeiten: Solche Nummern für Anrufe komplett zu sperren und mit ihren Kindern über die versteckten Kosten zu reden.

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