Urteil des Landgerichts Frankfurt:Deutsche Bank half Kriminellen

Eine dubiose Firma will krumme Geschäfte drehen, aber dafür braucht sie ein Konto. Bei anderen Banken blitzt sie ab, aber die Deutsche Bank hat kein Problem damit. Ein Urteil stellt nun fest, dass das Institut dabei half, schmutzige Deals abzuwickeln. Mitarbeiter der Bank könnten bald auf der Anklagebank landen.

Klaus Ott

Wer eine vermeintlich gute Geschäftsidee hat, und eine Firma, und nun ein Konto braucht und ein Kreditinstitut, das ihm hilft, der ist bei der Deutschen Bank bestens aufgehoben. "Wir unterstützen Sie", verspricht das führende Geldinstitut in der Republik neuen Kunden aus Wirtschaft und Industrie. "Finanzierung, Zahlungsverkehr, Risikoabsicherung - wir bieten die geeignete Lösung."

Deutsche Bank

Kriminelle Emissionshändler benutzten die Deutsche Bank. Das Frankfurter Institut untersucht den Fall nun auch selbst.

(Foto: dapd)

Das haben in den vergangenen Jahren auch einige international agierende Geschäftsleute aus dem Emissionshandel genutzt und sich für den An- und Verkauf von Verschmutzungsrechten der Deutschen Bank bedient, die bereitwillig half, große Deals abzuwickeln. Schmutzige Deals, wie sich hinterher herausstellte. Der Fiskus war von kriminellen Banden um Umsatzsteuern in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro betrogen worden.

Die Deutsche Bank hat dabei leichtfertig geholfen, wie ein Urteil des Landgerichts Frankfurt dokumentiert, das Ende vergangenen Jahres verkündet worden war und das jetzt schriftlich vorliegt. Die 182 Seiten enthalten zahlreiche Passagen, die für die Großbank ausgesprochen peinlich sind.

Trifft das zu, was die Richter notiert haben, dann wollte das Geldinstitut gar nicht wissen, mit wem und mit welcher Art von Handel man es zu tun hatte. Ein Geschäftskonto für eine Möbelfirma, die Emissionshandel betreiben will? Ein Geschäftskonto für eine Firma, die noch gar keine Büros hat? Ein Firmenchef, der nicht Deutsch spricht, aber Bank-Papiere in deutscher Sprache unterschreibt, ohne vorherige Übersetzung? Alles kein Problem! Und was ist mit den Unterlagen zum Risikomanagement seiner Firma, die der neue Partner mitbringt? Interessieren die Bank nicht, obwohl öffentlich bekannt ist, dass es in dieser Branche stinkt. Nicht nur wegen der Schadstoffemissionen.

Ein Händler war "vollkommen überrascht" gewesen, als er mit der Deutschen Bank ins Geschäft kam. Die HypoVereinsbank, BHF und Dresdner hatten dies zuvor abgelehnt. Das alles und noch mehr steht im Urteil des Auftaktverfahrens in dieser Causa. Die ersten sechs von mehr als 150 Beschuldigten wurden verurteilt, bekamen zwischen drei und knapp acht Jahren Gefängnis.

Einige aus dem Mittelbau der Deutschen Bank in Frankfurt müssen damit rechnen, ebenfalls auf die Anklagebank zu kommen, weil sie beim systematischen Umsatzsteuerbetrug geholfen haben sollen. Spuren im Geldinstitut führen weiter zur Zweigstelle nach London, wo das Investmentbanking betrieben wird. In der britischen Hauptstadt sollen die Hintermänner der Schmutz-Deals gesessen haben.

Half ein "Sunny mit dem Zauberstab" den Kriminellen?

In dem Urteil steht, einer der kriminellen Emissionshändler, und zwar der mit der Möbelfirma, sei von einem gewissen "Sunny" dirigiert worden. Sunny habe ihn aufgefordert, bei der Deutschen Bank vorstellig zu werden. Doch die habe es zuerst abgelehnt, ein Geschäftskonto zu eröffnen. Daraufhin habe Sunny gesagt, er werde seine Kontaktleute bei der Deutschen Bank in London aufsuchen, und dann werde es schon mit einem Konto und gemeinsamen Geschäften bei der Bank in Frankfurt klappen. Er, Sunny, habe nämlich einen "Zauberstab". War es diesem Hintermann also möglich, über die Deutsche Bank in London zu bestimmen, was in der Frankfurter Zentrale des Instituts geschehen würde?

Offenbar, denn der Inhaber der Möbelfirma bekam anschließend problemlos sein Geschäftskonto in Frankfurt. Der dortige Ansprechpartner bei der Deutschen Bank soll noch gesagt haben, man werde die Unterlagen erst dann an die Kontrollabteilung im eigenen Hause weiterleiten, wenn der Geschäftszweck der Firma an den Emissionshandel "angepasst" worden sei. Die Deutsche Bank soll noch gefragt haben, welches Handelsvolumen zu erwarten sei. Daraufhin soll der Inhaber der Möbelfirma 400.000 Tonnen pro Woche genannt haben. Einfach so, "ins Blaue hinein".

Hat auch die Deutsche Bank ins Blaue hinein agiert? Oder ist das Institut gar verstrickt in kriminelle Machenschaften? Die Affäre hat die Bank bereits 300 Millionen Euro an Steuererstattungen und Steuerverzicht gekostet. Das Institut hat aber nur "vorsorglich" gezahlt und anschließend Einspruch eingelegt. Die Deutsche Bank will das Geld zurückhaben. Im Urteil heißt es dazu, das Gericht halte das für "aussichtslos".

Die Deutsche Bank teilt dazu mit, man kooperiere mit den ermittelnden Staatsanwälten und untersuche den Fall auch selbst. Das sei noch nicht abgeschlossen. Sollten die eigenen ethischen Standards verletzt worden sein, "werden wir umgehend angemessene Maßnahmen ergreifen". Kein Geschäft sei es wert, den Ruf der Bank auf's Spiel zu setzen.

Diesen Grundsatz hat jetzt übrigens ein Erotik-Model zu spüren bekommen, das schon beim Dschungelcamp von RTL mitmachte und ein Konto bei der Deutschen Bank hatte. Die Bank hat die Geschäftsbeziehung jetzt gekündigt, weil der Name des Models "negativ behaftet" sei.

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