Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:Post-Mindestlohn ist rechtswidrig

Erfolg für die privaten Anbieter: Das Bundesverwaltungsgericht hat den Post-Mindestlohn gekippt. Vom Tisch ist die Regelung aber dennoch nicht.

C. Dohmen

Der Mindestlohn für Briefzusteller ist nichtig. In letzter Instanz entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass die Post-Konkurrenz durch diese Regelung in ihren Rechten verletzt worden sei. Gegen den Mindestlohn waren mehrere Mitbewerber der Deutschen Post, etwa die Pin Mail AG sowie der Anbieter TNT, vor Gericht gezogen.

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Der Mindestlohn für Briefzusteller ist unzulässig - das entschied das Bundesverwaltungsgericht.

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Die Konkurrenz wehrte sich damit gegen eine Verordnung, die den Mindestlohn von 9,80 Euro auf die gesamte Branche ausweitete. Im Jahr 2008 war die Regelung in Kraft getreten. Sie war vom Arbeitgeberverband Postdienste, der von der Deutschen Post dominiert wird, und der Gewerkschaft Verdi ausgehandelt worden.

Das Bundesarbeitsministerium hatte den Mindestlohn darauf für allgemeinverbindlich erklärt. Dagegen hatten die Post-Konkurrenten gewehrt. Das Bundesverwaltungsgericht wies nun darauf hin, dass die Mitbewerber vor der Entscheidung des Arbeitsministeriums keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme gehabt hätten.

Bei den privaten Zustelldiensten herrscht nun Erleichterung. "Das ist ein Sieg für den Wettbewerb", sagte ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste. "Nun werden die Unternehmen mehr investieren." Zudem sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die neue Mail-Alliance starten werde. Die Konkurrenten der Deutschen Post brauchen ihren Zustellern nun vorerst weiterhin keinen Mindestlohn zu bezahlen und können sich auf das Geschäft konzentrieren.

"Gescheitert bedeutet nicht endgültig gescheitert"

Hätten die Richter anders geurteilt, dann hätten die Firmen zudem Sozialversicherungsabgaben nachzahlen müssen. Für einige Firmen hätte dies wohl das Aus bedeutet, sagte Rico Nelte, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste, vor der Urteilsverkündung der Süddeutschen Zeitung.

Gleichwohl ist mit dem Urteil der Mindestlohn von 9,80 Euro für Zusteller nicht zwangsläufig vom Tisch. "Gescheitert bedeutet nicht endgültig gescheitert", sagte Wolfhard Bender, der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Postdienste. "Wir werden nun mit der Gewerkschaft beraten, ob wir bei der Bundesregierung erneut einen Antrag stellen, damit der Mindestlohn für allgemeinverbindlich erklärt wird", sagte Bender der Süddeutschen Zeitung. Einen solchen Antrag muss ein Arbeitgeberverband gemeinsam mit den Gewerkschaften stellen.

Ähnlich äußerte sich auch die Gewerkschaft Verdi, die den Mindestlohn unterstützt. "Sollte das Bundesverwaltungsgericht Fehler im Verordnungsverfahren feststellen, bedeutet dies nicht das Aus für den Mindestlohn", sagte Verdi-Vorstand Andrea Kocsis der Süddeutschen Zeitung vor der Urteilsverkündung. Sie erwartet von der Bundesregierung, dass diese die "Vorschrift gegebenenfalls rechtskonform korrigiert". Jede Korrektur an der Höhe aber lehnt sie ab. "Einen Mindestlohn unter 9,80 Euro wird es mit uns nicht geben", sagt Kocsis.

Reagiert die Bundesregierung nicht, dann erwarten Branchenkenner eine Offensive der Postkonkurrenten. Erst vor wenigen Tagen hatte sich die deutsche Tochter der niederländischen TNT mit Zeitungsverlagen wie Holzbrinck, Madsack und die Mediengruppe Pressedruck zu einer neuen Allianz sammengeschlossen; sie beschäftigten gemeinsam mehr als 30.000 Zusteller. Die Firmen wollen ihre Briefnetze verknüpfen, um möglichst große Teile der Bundesrepublik mit ihren eigenen Boten zu erreichen. Bisher wollten sie sich auf das lukrative Geschäft mit Geschäftskunden beschränken. Möglicherweise greifen sie die Post nun stärker auch bei Privatkunden an.

Ärger über Mehrwertsteuerbefreiung

Für die Deutsche Post könnte das Geschäft nun deutlich härter werden, zumal sie ihren 80.000 Zustellern sogar deutlich mehr zahlt als den Mindestlohn von 9,80 Euro. Dies war ein wichtiger Grund dafür, dass der Marktführer zuletzt bei einigen Ausschreibungen das Nachsehen hatte. Der Konzern, bei dem der Bund immer noch größter Aktionär ist, hat darauf bereits reagiert und baut seine Billigtochter Firstmail aus, die ihren Zustellern nur den Mindestlohn von 9,80 Euro zahlt. Bislang war Firstmail nur im Düsseldorfer Raum tätig. Schon bald soll Firstmail im gesamten Ruhrgebiet aktiv sein.

Die Monopolkommission hatte den Wettbewerb auf dem Briefmarkt jüngst als "miserabel" bezeichnet. Eigentlich sollte die Liberalisierung vor zwei Jahren der Startschuss für einen flächendeckenden Wettbewerb der Dienstleister sein. Doch es kam anders: Einige Unternehmen gaben nach der Einführung des Mindestlohn auf, mit der PIN-Group ging einer der größten Postkonkurrenten in die Insolvenz.

Ärger herrscht bei der Konkurrenz auch, weil die Post für große Teile ihres Geschäfts von der Mehrwertsteuer befreit ist. Damit subventioniert der Staat den flächendeckenden Service der Post, welche Briefe auch auf die Hallig und die Alm bringt.

Tatsächlich konnte die Post ihren Anteil am Briefgeschäft trotz Wegfall ihres letzten Monopols für Briefe bis 50 Gramm sogar leicht steigern. Das Unternehmen erzielt mit dem Briefgeschäft eine satte Rendite von 15,7 Prozent, obwohl die Portopreise für die Bürger seit 13 Jahren nahezu unverändert sind.

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