Unternehmer Charles Dunstone:Der Stromschnelle

Der Elektronikhändler Charles Dunstone hat kürzlich mit einem amerikanischen Freund den Plan entwickelt, Media Markt anzugreifen.

Andreas Oldag

Der Anfang war bescheiden: Vor 20 Jahren mietete Charles Dunstone eine schmucklose Parterrewohnung im Londoner Stadtteil Mayfair. Von dort aus verkaufte der Studienabbrecher zusammen mit seinem Freund David Ross Mobiltelefone. Das Startkapital waren Ersparnisse von 6000 Pfund, doch es war der Beginn eines erstaunlichen Aufstiegs: Heute ist der Selfmademan mit seiner Filialkette Carphone Warehouse und 20.000 Mitarbeitern größter unabhängiger Handy-Einzelhändler in Großbritannien.

Unternehmer Charles Dunstone: Der US-Unternehmer Charles Dunston will die Elektronik-Kette Media Markt herausfordern.

Der US-Unternehmer Charles Dunston will die Elektronik-Kette Media Markt herausfordern.

(Foto: Foto: Getty)

Und Dunstone hat Weiteres vor. Zusammen mit der amerikanischen Elektronikkette Best Buy will er jetzt den europäischen Markt erobern. Der deutsche Platzhirsch, die zur Metro-Gruppe gehörende Saturn Media Holding, ist alarmiert. Mit Carphone und Best Buy haben sich zwei der am aggressivsten wachsenden Firmen in der Branche verbündet.

Ausgeheckt hat Dunstone seinen Plan bei einem Mittagessen mit Best-Buy-Chef Brad Anderson in New York. Die beiden kennen sich seit Jahren und entwickelten dort bei saftigem Seebarsch das "Projekt Musik": "Wir sprachen darüber, wie man zwei unternehmerische Visionen harmonisch miteinander vereinen kann", sagte der Carphone-Chef später.

Schnell waren sich die beiden Gourmets einig. Carphone gründet mit Best Buy ein Gemeinschaftsunternehmen, in das Carphone seine 2400 Filialen in Europa einbringt. Dadurch erhalten die Amerikaner einen Zugang zum europäischen Markt. Umgekehrt kann Carphone - in Deutschland ist das Unternehmen unter der Marke The Phone House vertreten - mit Hilfe von Best Buy sein Sortiment erheblich erweitern.

Muttis Radio hat 9000 Sender

Dunstone will künftig nicht nur Mobiltelefone, sondern zum Beispiel auch Laptops und Flachbildschirme verkaufen. "Wir werden das Gesicht des Elektronik-Einzelhandels in Europa von Grund auf verändern", verkündet Dunstone. Er weiß, dass die Margen in der Branche gering sind und der Wettbewerb hart ist. Seinen Vorteil sieht er jedoch darin, dass er ähnlich wie bei seinem Mobilfunkgeschäft Produkte mit Serviceangeboten kombiniert. So könnten zum Beispiel mobile Computer-Reparatur-Teams, die schon heute bei Best Buy üblich sind, Carphone-Kunden betreuen.

Im Übrigen träumt Dunstone von einer digitalen Welt, in der Mobiltelefone, Computer und Internetdienste miteinander verschmelzen. Seine 68-jährige Mutter bediene sich in der Küche gerne des Internetradios mit Zugang zu 9000 Radiosendern, erzählt Dunstone.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Dunstones persönlicher Irak-Krieg verlief.

Der Stromschnelle

Ruhelos entwickelt Dunstone immer neue Geschäftsideen. Nicht alles funktioniert perfekt. 2006 startete er seinen Breitband-Internetservice Talk Talk zum Nulltarif. Doch Dunstone hatte den Ansturm der Kunden unterschätzt. Mehr als 40.000 Anmeldungen pro Minute registrierte die entsprechende Website von Carphone. Das System brach zusammen, die Kunden waren vergrätzt.

Dunstone mag es martialisch: Das sei sein Irak-Krieg gewesen, sagt er in Anspielung auf den Misserfolg der Amerikaner. Doch Dunstone konnte seine Probleme lösen, Talk Talk gehört mittlerweile zu den erfolgreichsten Anbietern in Großbritannien. Mit einem billigen Festnetz-Telefonanschluss macht Dunstone jetzt traditionellen Telefonanbietern wie British Telecom Konkurrenz.

Schiff und Firma auf Kurs

Aufgewachsen ist der Unternehmer in der Stadt Saffron Walden in Essex. Als Sohn eines wohlhabenden BP-Managers konnte er eine teure Privatschule besuchen. Damals habe er einen Sinn fürs Geschäftliche entwickelt und Feuerzeuge und Kugelschreiber an seine Kameraden verkauft, erzählen Schulfreunde. Später studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Universität Liverpool, doch das Interesse an einem akademischen Abschluss erlahmte schnell. Er brach sein Studium ab und heuerte beim japanischen Elektronikunternehmen NEC an.

Dort konnte er sein Verkaufstalent mit damals noch handkoffergroßen Autotelefonen unter Beweis stellen. "Ich entdeckte, welches enormes Potential in der Mobiltelefonie steckte", sagt Dunstone. Wenig später eröffnete er sein eigenes Geschäft in London. Es folgte ein stürmisches Wachstum der Carphone-Kette, die im Jahr 2000 an die Börse ging. Seitdem gilt Dunstone im Londoner Finanzviertel auch als Goldjunge der City, obwohl der Aktienkurs seit Beginn des Jahres unter den Folgen der Konjunkturabschwächung in Großbritannien leidet.

"Persönlich habe ich oft Selbstzweifel und bin ein eher scheuer Mensch", sagte der Unternehmer in einem Interview über sich selbst. Er sei eigentlich der "Mister Normal". Seine Mitarbeiter schätzen ihn wegen seines kooperativen Führungsstils. Den bewahrt er sich auch als Skipper auf seiner Privatyacht. Mitsegler loben Dunstone wegen seiner unprätentiösen Art. So hält er sein Schiff und sein Unternehmen auf Kurs.

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