Unternehmenssteuern:Eine Reform fürs Schaufenster

Mit der Reform der Unternehmensteuern verhält es sich so wie mit den Sonderangeboten bei Media Markt.

Ulrich Schäfer

Ganz vorne locken die Produkte mit den besonders günstigen Preisen, weiter hinten im Geschäft wird es dann teurer. Die Rechnung für den Verkäufer geht auf, wenn die Kunden meinen, alles sei billig, und sie am Ende auch das kaufen, was in Wahrheit gar nicht so günstig ist.

Übertragen auf die Reform der Unternehmensteuern bedeutet dies: Die Koalition hängt ein Schild ins Fenster, auf dem eine Zahl unterhalb der Schwelle von 30 Prozent steht, vermutlich 29,83 Prozent. Das sieht gut aus, klingt viel besser als 30,5 oder gar 31 Prozent und soll dazu beitragen, dass Deutschland im internationalen Wettlauf um Jobs und Konzerne nicht mehr als Hochsteuerland gilt.

Es geht ums Marketing

Die Investoren, die deswegen nach Deutschland kommen, müssen allerdings, so sie denn kommen, an anderer Stelle mehr bezahlen. Die Koalition wird manche Vergünstigung streichen, Schlupflöcher verkleinern und so den größten Teil dessen, was die Steuersenkung bringt, wieder einkassieren.

Auch deshalb dürfte diese Steuerreform zunächst weniger bewirken, als viele in der großen Koalition glauben. Das war auch so beim letzten Versuch, die Unternehmensteuern zu senken und damit etwas für die deutsche Wirtschaft zu tun.

Gerhard Schröder und Hans Eichel führten vor fünf Jahren ein völlig neues Steuersystem für Unternehmen ein und kürzten die Sätze. Sie hatten aber nicht viel davon, weil zur selben Zeit die Blase der New Economy platzte und andere Länder in Europa ebenfalls auf die Idee kamen, die Abgabenlast für Firmen zu reduzieren.

Letztlich geht es der großen Koalition vor allem ums Marketing. Peer Steinbrück und Angela Merkel wollen eine positive Stimmung schaffen, und dies ist im Ausland gemeinhin leichter als daheim. Sie setzen auf ein paar schöne Schlagzeilen im Wall Street Journal und im Economist, sie hoffen, dass sie damit für den Standort Deutschland werben können. Aber messbare Erfolge werden sich, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren einstellen.

Eine Steuerreform allein bewirkt wenig. Nur wenn es Union und SPD in den nächsten Jahren gelingt, auch in anderen Bereichen Veränderungen herbeizuführen, in den Sozialsystemen, im Arbeits- und Investitionsrecht, wird ihr Werk eine gewisse Wirkung entfalten. Die Gelegenheit dafür wäre günstig: Die Wirtschaft wächst so schnell wie zuletzt vor sechs Jahren, die Zahl der Arbeitslosen ist auf den tiefsten Stand seit 2002 gefallen. Diese Reform kann ein Anfang sein. Mehr nicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: