Unternehmens-Image:Wie Bayer bei der Monsanto-Übernahme großen Schaden verhindern kann

Monsanto

Umstrittene Mittel: Es gibt nicht viele Firmen, die weltweit einen derart schlechten Ruf haben wie Monsanto.

(Foto: Bloomberg)

"Das Böse" im eigenen Imperium: Bayer setzt mit der geplanten Monsanto-Übernahme seinen tadellosen Ruf aufs Spiel. Um schweren Schaden zu verhindern, braucht es eine sehr gute Strategie.

Von Angelika Slavik

Seine Kritiker nennen ihn gerne "Monsatan" - das ist vielleicht die originellste, aber bei Weitem nicht die einzige Beschimpfung des US-amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto. Ebenfalls zu hören und zu lesen sind: "Mutanto", der "Teufel in Firmengestalt" oder schlicht "Das Böse".

Es gibt nicht viele Firmen, die weltweit einen derart schlechten Ruf haben wie Monsanto. Der deutsche Konzern Bayer versucht nun, sich ausgerechnet dieses Unternehmen einzuverleiben. Kommt der Deal zustande, müssen sich die Leverkusener mit der Frage auseinandersetzen, mit welcher Strategie sie dem desaströsen Image von Monsanto begegnen wollen.

Möchten sie möglichst viel Abstand schaffen zwischen dem Pharmageschäft, in dem das Vertrauen der Kunden unabdingbar ist, und den viel kritisierten Geschäften der künftigen US-Tochter? Sollten sie versuchen, das Image von Monsanto zu verbessern? Oder muss sich Bayer darauf einstellen, künftig mit dem gleichen miesen Ruf zu leben wie die Amerikaner? Klar ist: Die Integration eines so umstrittenen Unternehmens ist ein komplexes Spiel mit Nähe und Distanz.

Die Produkte

Im Fall einer Fusion plant Bayer, die Marke Monsanto vollständig verschwinden zu lassen. Das Unternehmen könnte seiner Saatgutsparte dann einen völlig neuen Namen geben, doch der Bayer-Chef Werner Baumann will die umstrittenen Monsanto-Geschäfte offenbar unter dem Namen "Bayer" weiterführen. Immerhin habe man weltweit eine hervorragende Reputation, sagt Baumann.

Das allerdings wäre ein riskantes Manöver, findet der Markenstratege Klaus-Dieter Koch, Chef des Beratungsunternehmens Brandtrust. "Das wichtigste Ziel von Bayer muss es sein, keine Verbindung entstehen zu lassen zwischen dem Aspirin einerseits, das die Menschen mit vollem Vertrauen von Bayer kaufen, und den umstrittenen Gengeschäften."

Viele andere Unternehmen, die Assoziationen zwischen verschiedenen Geschäftsbereichen vermeiden wollen, setzen deshalb auf eine Strategie mit unterschiedlichen Marken. Der Mars-Konzern etwa verkauft einerseits als "Mars" Schokoriegel, und andererseits unter der Marke "Pedigree" Hundefutter. Bislang gelang es dem Unternehmen, Assoziationen der Käufer zwischen den beiden Produktsparten zu verhindern. Der Konzern achtet auch peinlich genau darauf.

Die Schutzmauern

Eine Abgrenzung mit verschiedenen Marken ist hilfreich, damit Konsumenten nicht das Gefühl haben, sie würden vielleicht gerade Hundefutterschokoriegel essen. Und auch für den Krisenfall. Deutlich zu beobachten ist das derzeit bei Volkswagen. Dort hat das Krisenmanagement nach der Abgasaffäre in vielerlei Hinsicht nicht funktioniert, was allerdings geklappt hat, war: Die VW-Krise wird von weiten Teilen der Öffentlichkeit als VW-Problem wahrgenommen. Nicht als Audi-Krise, nicht als Porsche-Problem. Das ist natürlich kein Zufall: Volkswagen kommuniziert alle krisenrelevanten Fragen unter diesem Label, die Tochterfirmen halten sich zurück, wann immer es möglich ist.

Eigenständige Strukturen für heikle Unternehmen

Viele Krisenstrategen halten es deshalb für sinnvoll, gerade bei heiklen Unternehmensbereichen eigenständige Strukturen aufzubauen: einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und eine Pressestelle. Im Krisenfall fährt man dann die Schotten runter und versucht, die negative Dynamik von den anderen Unternehmensbereichen fernzuhalten.

Gut funktioniert hat das etwa bei Lufthansa, nach dem Absturz der Germanwings-Maschine im März vergangenen Jahres: Die negative Energie hat zunächst der Germanwings-Chef Thomas Winkelmann abgefangen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr sprang ihm dann, aus Sicht der Öffentlichkeit heldenhaft, zur Seite. Mittlerweile arbeitet der damalige Germanwings-Chef Winkelmann übrigens an weniger exponierter Stelle im Lufthansa-Konzern, er leitet jetzt den Hub München. Das Ende der Marke Germanwings war ohnehin geplant, die Billigflieger der Lufthansa heißen jetzt Eurowings.

Die Mitarbeiter

Wie finden eigentlich die Angestellten von Bayer die Idee mit dem Monsanto-Kauf? Die Bedeutung, die eine geschäftliche Entscheidung für die Mitarbeiter hat, wird leider immer noch unterschätzt", sagt Markenexperte Koch. "Gerade noch waren sie ein Teil der stolzen Bayer-Truppe, als Angestellte bei einem Unternehmen mit einem weithin tadellosen Image."

Plötzlich würde das Unternehmen mit umstrittenen Geschäften assoziiert. Das bekämen die Mitarbeiter auch im privaten Umfeld zu spüren. "Die Menschen werden überall darauf angesprochen, in den Familien, von Freunden, sie müssen sich plötzlich rechtfertigen." Die Leistung hänge aber unmittelbar mit der Motivation der Mitarbeiter zusammen.

Deswegen, findet Koch, müsse man diesen Faktor berücksichtigen, wenn man die Wirtschaftlichkeit eines Kaufs von Monsanto prüfe. Das Risiko sei beachtlich. "Auf der Ebene der Unternehmenskultur wird es schwere Verwerfungen geben, das steht außer Frage."

Die NGOs

Zu einem Unternehmen wie Monsanto bekäme Bayer einige meinungsstarke Gegner gratis dazu: Monsanto ist seit vielen Jahren ein Lieblingsgegner von kritischen NGOs weltweit. Bayer-Chef Baumann lud die Aktivisten bereits öffentlich zum Dialog. Man werde mit Monsanto den Hunger in der Welt lindern, so lautet offenbar die Argumentationslinie, mit der Bayer die Gunst von Greenpeace, Foodwatch und Kollegen gewinnen will.

Ob das gelingt, ist mehr als zweifelhaft. Zum einen, weil die Geschäfte von Monsanto nicht weniger angreifbar werden, nur weil plötzlich "Bayer" auf dem Briefpapier steht. Und zum Zweiten, weil Nichtregierungsorganisationen auf große Gegner angewiesen sind: Große Gegner bringen den Organisationen viel Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit bringt Spenden. So funktioniert eben das Geschäftsmodell. Bayer dürfte künftig also unter weit strengerer Beobachtung stehen als bisher.

Die Altlasten

Könnte man nicht einfach versuchen, Monsanto künftig besser aussehen zu lassen? Die Marke Monsanto positiv aufzuladen wäre wohl ein langwieriges Unterfangen - schließlich gilt als Faustregel: Wer jahrzehntelang sein Image ruiniert hat, braucht auch Jahrzehnte, um es wieder zu restaurieren. So viel Geduld haben Aktionäre üblicherweise nicht.

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