Unternehmen in Schieflage:Wenn der Wahnwitz regiert

Was eint Schaeffler, Porsche, Arcandor und Opel? Sie alle rufen nach dem Staat - doch der darf nicht immer helfen.

Alexander Hagelüken

In der Wirtschaftskrise etabliert sich ein neues Gesellschaftsspiel: der Ruf nach dem Staat. In immer kürzeren Abständen wollen Firmen Geld des Steuerzahlers, um ihre Probleme zu lösen. Erst die Banken, Schaeffler und Opel, jetzt der Warenhauskonzern Arcandor, Porsche und womöglich weitere Autohersteller. Die meisten Unternehmen drohen mehr oder weniger offen damit, dass andernfalls Tausende Arbeitsplätze verschwinden. Eine Drohung, die für Politiker in einem von der Krise dominierten Wahljahr einer Erpressung nahekommt. Sie sollten trotzdem möglichst viele Hilferufe ignorieren. Denn dieses Gesellschaftsspiel geht zu Lasten der Gesellschaft, die am Ende auf Milliardenkosten sitzenbleiben wird, ohne dass wirklich viele Jobs gerettet werden.

Porsche, Schaeffler, Arcandor, Opel

Arcandor, Schaeffler, Opel, Porsche - alle rufen jetzt nach staatlicher Hilfe.

(Foto: Montage: sueddeutsche.de; Fotos: ddp, AP)

Ob direkte Finanzspritzen, Kredite oder Bürgschaften - der Bürger hat längst den Überblick verloren, was alles an die Wirtschaft fließen soll. Daher bedarf es endlich einiger Grundsätze, um den Schaden für den Steuerzahler zu begrenzen. Zu diesen Prinzipien gehört, dass Zocker kein Geld vom Staat erhalten. Schaeffler ist in Schwierigkeiten geraten, weil die Eigentümer mitten im Finanzcrash einen viel größeren Konkurrenten schlucken wollten. Porsche ist gestrauchelt, weil die Sportwagenschmiede Europas größten Autokonzern VW übernehmen wollte. Die Kosten dieses Wahnwitzes müssen die Aktionäre selber bezahlen - die erhofften Gewinne hätten sie auch alleine kassiert. Wenn überhaupt, darf der Staat erst eingreifen, nachdem die Spekulanten alles verloren haben. Anders liegt der Fall nur bei Banken, deren Pleite das ganze Finanzsystem hinabreißen würde.

Helfen soll der Staat nur dann, wenn das Unternehmen eine große Chance zum Überleben hat. Bei Opel lädt sich die Bundesregierung gerade unkalkulierbare Milliardenrisiken auf, obwohl klar ist, dass die Autoindustrie zu viele Fahrzeuge herstellt, und mancher Produzent verschwinden muss. Arcandor fordert Hunderte Millionen Euro, obwohl immer weniger Deutsche in Warenhäusern einkaufen. Gegen den Markt und das Nachfrageverhalten der Konsumenten kann der Staat auf Dauer keine Firma retten. Das zeigen Fälle wie der Baukonzern Holzmann, der Geld vom Staat bekam und wegen der Überkapazitäten der Branche trotzdem verschwand.

Weil der Staat keine Arbeitsplätze sichern kann, die nicht dauerhaft durch Nachfrage gesichert werden, sollte er aussichtslose Versuche vermeiden. Er verschwendet nur Mittel. Schon jetzt manövrieren Steuerausfälle, Konjunktur- und Bankenpakete den Staat in eine Finanzklemme, die Deutschland jahrelang quälen und manch notwendige Ausgaben für Bildung oder Soziales verhindern wird. Das Problem ist natürlich, dass die Politiker im Herbst gewählt werden wollen. Daher werden sie in einer großen Koalition der Unvernunft doch Firmenretter spielen - und am Ende zwar nicht viele Jobs retten, aber viel Geld verbrennen.

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