Unterhaltszahlungen und Hartz IV:Jobcenter müssen für säumige Väter einspringen

Manche zahlen unregelmäßig, manche gar nicht: Jobcenter müssen immer mehr für Väter einspringen, die ihre Unterhaltszahlungen verweigern. Im vergangenen Jahr beliefen sich die offenen Forderungen auf knapp 170 Millionen Euro.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die Jobcenter müssen bei der Auszahlung von Hartz IV in immer größerem Umfang für säumige Väter aufkommen, die ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen. Ende 2013 beliefen sich die offenen Forderungen der 303 Jobcenter an zahlungsfähige Unterhaltspflichtige auf knapp 170 Millionen Euro.

Ein Jahr vorher fehlten deshalb etwa 141 Millionen Euro in der Kasse der Behörde. Dies geht aus einer neuen Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die BA bemüht sich seit zwei Jahren stärker als zuvor darum, Geld von Unterhaltspflichtigen einzutreiben.

In Deutschland wachsen 2,2 Millionen Kinder mit nur einem Elternteil auf, zu 90 Prozent leben sie bei der Mutter. Das Risiko dieser alleinerziehenden Frauen, arm zu werden, ist besonders hoch: Zwei von fünf dieser Haushalte sind auf Hartz IV angewiesen. Dabei gilt der Grundsatz: Unterhalt geht vor Hartz IV, oder er hat die staatlichen Leistungen zu ergänzen, falls die Unterhaltsansprüche unterhalb des Existenzminimums liegen.

"Im Endeffekt zahlen der Steuerzahler und alle ehrlichen Unterhaltszahler"

Doch viele wollen für ihre Ex-Partner und die gemeinsamen Kinder kein Geld herausrücken. "Wir haben leider das Problem, dass manche Väter gar nicht, mal die Hälfte oder unregelmäßig zahlen, obwohl sie dazu finanziell in der Lage wären. Dann müssen wir einspringen. Das heißt, im Endeffekt zahlen der Steuerzahler und damit auch alle ehrlichen Unterhaltszahler, die ihre Verpflichtungen erfüllen", sagt BA-Vorstand Heinrich Alt.

Das vorgestreckte Geld zurückzubekommen ist für die Bundesagentur schwierig. Im August 2014 zählte die Behörde 515 000 Väter (und wenige Mütter), die an 90 000 erwachsene Hartz-IV-Empfänger und an fast 610 000 Kinder Unterhalt zu leisten hatten. Fast jeder Sechste oder etwa 87 000 von ihnen konnte nachweisen, dafür kein Geld zu haben. Oft sind diese Unterhaltspflichtigen selbst auf Hartz IV angewiesen.

Bei allen anderen fasst ein eigenes Inkasso-Unternehmen der BA nach - aber nur dann, wenn nicht gezahlt wird, obwohl ein juristischer Anspruch gegen sie vorliegt. Die Bundesagentur arbeitet dabei nach eigenen Angaben mit den Meldebehörden zusammen. 2013 konnte die Bundesagentur bundesweit so mehr als 78 Millionen Euro eintreiben. 2012 waren es 47,5 Millionen Euro.

Die Statistik zeigt auch klar: Die Zahl der Unterhaltspflichtigen wächst stetig. Vor einem Jahr registrierte die Behörde noch gut 100 000 weniger Unterhaltspflichtige, die an Hartz-IV-Empfänger zahlen müssen. Auch die Zahl der Kinder in Hartz-IV-Haushalten, denen das Geld zusteht, war mit 438 000 viel geringer als heute. In der BA wird dies vor allem darauf zurückgeführt, dass die Jobcenter sich dieses Problems mehr angenommen haben.

"Ich denke, es ist im Interesse der Solidargemeinschaft, dass wir in unserem Land diejenigen, die keinen Unterhalt zahlen, obwohl sie es können, stärker in den Blick nehmen", erklärt BA-Vorstand Alt. Er bedauert allerdings, dass dies so sein muss, denn: "Die Jagd auf Alimente gehört nicht zum Kerngeschäft der Jobcenter. Sie verbraucht unnötig Ressourcen, die wir viel lieber für die Förderung und Vermittlung von Arbeitslosen verwenden würden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: