Ungarns Kreditwürdigkeit herabgestuft:Alles Ramsch

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Vernichtendes Urteil für die Regierung Orban: Mit der Abstufung Ungarns durch Fitch bewerten nun alle drei großen Ratingagenturen die Anleihen des Landes als hochriskant. Fitch wundert sich vor allem über die unorthodoxe Politik Ungarns. Die Regierung versicherte ihren Bürgern umgehend, dass die Spareinlagen sicher seien. Zumindest - bis zu einer bestimmten Grenze.

Die Lage in Ungarn, das von einer Staatspleite bedroht ist, spitzt sich zu. Am Freitag stufte die Ratingagentur Fitch die Anleihen des Staates von BBB- auf BB+ herab. Das ist die erste Stufe unterhalb von Ramsch-Niveau. Zuvor hatten schon Standard & Poor's und Moody's die Kreditwürdigkeit des Landes in Zweifel gezogen. Die Abstrafung platzt mitten in die verzweifelten Versuche Ungarns, einen Notkredit vom Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erhalten.

Bereits im Jahr 2008 war Ungarn mit Notkrediten des Internationalen Währungsfonds und der EU in Höhe von 20 Milliarden Euro über Wasser gehalten worden. Nun hofft die rechtspopulistische Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban auf eine Geldspritze in ähnlicher Größenordnung. Doch es gibt heftige Meinungsverschiedenheiten zwischen Budapest, dem Währungsfonds und der EU. (Foto: dapd)

Das Lage in dem klammen Land ist in zuletzt eskaliert. Am Donnerstag fiel die Landeswährung auf ein Rekordtief von 324 Forint pro Euro. Die Ausfallversicherungen für Staatsanleihen sind so hoch wie nie zuvor. Bei einer Auktion zehnjähriger Anleihen musste Ungarn fast zehn Prozent Rendite bieten, zwei Prozentpunkte mehr als vor zwei Wochen. Damit ist das Land faktisch vom Finanzmarkt abgeschnitten, es erhält kein Geld mehr von privaten Investoren. "Es sieht so aus, als ob Ungarn auf eine Staatspleite zusteuert", sagte Christian Schulz, Volkswirt der Berenberg Bank.

Fast wie bei Merkel

Umso dringender braucht das Land fremde Hilfe. vv Als größtes Hindernis gilt die mangelnde Autonomie der ungarischen Notenbank. Orban will sie mit der Finanzaufsicht zusammenlegen und Vertreter der Regierung in Gremien entsenden. "Erst wenn die Unabhängigkeit gewährleistet ist, werden wir die Gespräche wieder aufnehmen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Auch Fitch begründete die Herabstufung mit der "unorthodoxen Politik" der Regierung in Budapest.

Die Lage beunruhigt bereits die Bevölkerung. Die Regierung sah sich am Freitag genötigt, die Einlagen der Sparer für sicher zu erklären. Kontostände bis zu 100.000 Euro seien über einen nationalen Einlagensicherungsfonds abgesichert, erklärte ein Sprecher. Das weckt Erinnerungen an den Höhepunkt der Finanzkrise in Deutschland im Jahr 2008, als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück die Einlagen von Sparern für sicher erklärten, allerdings mit dem Unterschied, dass dies für Einlagen in unbegrenzter Höhe galt - und dass Deutschland nicht auf Ramsch-Niveau stand.

© SZ vom 07.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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