Ungarn:Milliarden für den Pleite-Kandidaten

Konzertierte Aktion: Der Internationale Währungsfonds, die EU und die Weltbank wollen Ungarn vor dem Staatsbankrott bewahren - und leisten finanzielle Hilfe.

Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Europäische Union und die Weltbank gewähren Ungarn zur Bewältigung der Finanzkrise einen Kredit in Höhe von 20 Milliarden Euro. Eine entsprechende Vereinbarung sei unterzeichnet worden, teilte der IWF am Dienstag in Washington mit. Der IWF stellt demnach 12,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

Ungarn: Ungarische Hauptstadt Budapest: Der Staat braucht dringend Geld - IWF, EU und Weltbank springen ein.

Ungarische Hauptstadt Budapest: Der Staat braucht dringend Geld - IWF, EU und Weltbank springen ein.

(Foto: Foto: AFP)

Die EU erklärte sich bereit, 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, die Weltbank eine Milliarde Euro. Der IWF-Anteil an dem Paket fällt unter eine 17-Monate-Kreditvereinbarung. Die offizielle Zustimmung der IWF-Führung wird für Anfang November erwartet. Die Hilfe der EU für Ungarn wird die erste derartige Unterstützung für einen Mitgliedsstaat sein, seit Italien Anfang der 1990er Jahre von der Union unterstützt wurde.

"Die Kommission bereitet eine finanzielle Unterstützung Ungarns vor", erklärte EU-Kommissionssprecherin Amelia Torres. Die Kommission wolle dazu einen Kredit aufnehmen und diesen an Ungarn weiterreichen. Die 26 übrigen EU-Staaten hätten dieser Idee "im Grundsatz zugestimmt", sagte Torres. Ein EU-Notkredit wurde zuletzt Anfang der 90er Jahre Italien gewährt. Seit der Einführung des Euros können allerdings nur noch EU-Länder, die der Währungsunion nicht angehören, eine solche Unterstützung erhalten. Innerhalb der Eurozone sind Wechselkursschwankungen, wie sie Ungarn derzeit durchleidet, nicht mehr zu befürchten.

Vertrauen wieder herstellen

"Die ungarischen Behörden haben ein komplettes Maßnahmenpaket entwickelt, das kurzfristig die Stabilität der Wirtschaft unterstützen und langfristig ihr Wachstumspotenzial verbessern wird", erklärte IWF-Generaldirektor Dominique Strauss-Kahn. Mit dem Rettungspaket solle das Vertrauen von Investoren wieder hergestellt werden und Ruhe in den in den vergangenen Wochen von Turbulenzen erschütterten ungarischen Finanzmarkt einkehren.

Der IWF hatte Ungarns Wirtschaft bereits vor Tagen Hilfe angeboten. Die Europäische Zentralbank offerierte Ungarns Zentralbank bis zu fünf Milliarden Euro, um Kredite an heimische Banken abzusichern.

Ungarn leidet unter hohen Schulden, seinem Haushaltsdefizit sowie einer teilweise überbewerteten Währung. Angesichts eines deutlichen Wertverlusts des Forints hatte die ungarische Zentralbank in der vergangenen Woche den Leitzins um drei Punkte auf 11,5 Prozent erhöht.

IWF beschleunigt Kreditvergabe an Länder mit solider Politik

Unterdessen hat der IWFangekündigt, er wolle seine Kreditvergabe beschleunigen. Betroffene Staaten, die in der Vergangenheit eine solide Wirtschaftspolitik betrieben hätten, könnten nun ohne weitere Bedingungen Gelder beantragen, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn am Mittwoch in Washington.

Bislang war die Vergabe von Krediten des Fonds an teils sehr strikte Auflagen wie etwa den Abbau von Subventionen oder die Privatisierung von Staatsbetrieben gebunden. Dem Währungsfonds stehen nach eigenen Angaben rund 200 Milliarden US-Dollar (160 Mrd Euro) für Kreditprogramme zur Verfügung.

"Der Fonds ist in der Lage, sehr schnell und entschieden zu reagieren", sagte Strauss-Kahn. Die Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten hätten in einigen Schwellenländern zu "erheblichen Liquiditätsproblemen" geführt. Darunter seien auch Staaten mit an sich gesunden volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen, an die sich das neue Angebot nun richte, sagte der Geschäftsführende Direktor.

Ziel sei, dass diese Länder die Krise schnell überwinden können. Das Programm solle noch einmal überprüft werden, wenn die Hälfte der rund 200 Milliarden Dollar für die Kreditvergabe aufgebraucht seien, sagte Strauss-Kahn. Seinen Angaben zufolge können sich Länder bis zum Fünffachen ihrer jeweiligen Einlagen leihen.

In jüngster Vergangenheit hatte der Internationale Währungsfonds mehrfach auf die Geldnot betroffener Staaten reagiert. So erhält neben der Ukraine Island einen IWF-Kredit über 1,6 Milliarden Dollar und Ungarn über 12,5 Milliarden Dollar.

Als durch die Krise besonders belastet gelten außerdem Rumänien, Bulgarien, Serbien, Litauen, Weißrussland, Kasachstan und die Türkei. Weißrussland und Serbien sollen den IWF bereits um konkrete Hilfen gebeten haben. Litauen, Bulgarien und Rumänien sollen unterdessen mit dem Fonds in Gesprächen stehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: