UN-Hilfsprogramm "Lebensmittel für Öl":1,8 Milliarden Dollar Schmiergeld für irakisches Regime

Mehr als 2000 Firmen haben den irakischen Politikern und Funktionären illegale Prämien oder Bestechungsgeld bezahlt. Auch DaimlerChrysler und Siemens schmierten.

jth

In dem Bestechungsskandal um das UN-Hilfsprogramm "Lebensmittel für Öl" hat die irakische Regierung 1,8 Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro) illegaler Zahlungen bekommen. Das geht aus dem Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission hervor, der am Donnerstagabend in New York veröffentlicht wurde.

Mehr als 2000 Firmen haben den irakischen Politikern illegale Prämien oder Bestechungsgeld bezahlt. "Darunter sind auch Daimler Chrysler und Siemens", sagte der Schweizer Strafrechtsprofessor Mark Pieth. Er hat die Untersuchungen gemeinsam mit dem ehemaligen US-Notenbankchef Paul Volcker und dem südafrikanischen Richter Richard Goldstone geleitet.

Bei Siemens geht es laut dem Bericht um einen Betrag von 1,6 Millionen Dollar (1,2 Millionen Euro), bei Daimler Chrysler um 6000 Euro. 80.000 Euro seien von Daimler Chrysler versprochen gewesen, wurden dann aber doch nicht bezahlt. Siemens hat unter anderem Turbinen an den Irak geliefert. Daimler Chrysler verkaufte Fahrzeuge.

Französische Bank steht besonders in der Kritik

In dem Bericht rechtfertigen sich die Unternehmen damit, dass die Geschäfte oft von Agenten abgewickelt worden seien, über deren Tätigkeit die Unternehmensführung schwer den Überblick haben könne. Pieth hält das nicht für stichhaltig: Im Fall von Daimler Chrysler stamme die Unterschrift unter dem Vertrag eindeutig von einem hauseigenen Angestellten.

Im Rahmen des Hilfsprogramms durfte der Irak von 1996 bis 2003 für 64 Millionen Dollar Öl verkaufen, um lebensnotwendige Güter zu importieren. Von Herbst 2000 bis Herbst 2002 verlangte die irakische Regierung für das Öl einen illegalen Zuschlag von zehn bis 30 Cent pro Barrel. Große Ölhandelsfirmen nutzten oft kleinere Zwischenhändler in der Schweiz, Liechtenstein, Italien und in Malaysia. Die Geschäfte wurden unter anderem über Banken in den USA und in der Schweiz abgewickelt.

Besonders in der Kritik steht die französische Bank BNP Paribas und deren Filiale in Genf. Die BNP Paribas diente den Vereinten Nationen als Treuhänderin. Sie verwaltete 64,2 Milliarden Dollar aus dem Ölgeschäft und 34,5 Milliarden Dollar aus dem Verkauf von humanitären Gütern. Die Bank sei eingesetzt worden, "um das Hilfsprogramm transparent zu machen", betont Pieth.

Allerdings habe die BNP zusätzlich auch Akkreditive für Privatkunden herausgegeben, die sich am Ölhandel mit dem Irak beteiligt haben. Diese zusätzliche Finanzierungs-Tätigkeit habe die BNP Paribas in einen Interessenkonflikt gebracht, erklärt Pieth. "Die Bank hat indirekt den Missbrauch im Lebensmittel-für-Öl-Programm gefördert", stellt Pieth fest. Und sie habe den Vertrag mit den Vereinten Nationen gebrochen, da sie nicht für Transparenz gesorgt habe. Die Bank war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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