Freihandelsabkommen mit Japan:Japan ist beim Umweltschutz ein gefährlicher Partner

Freihandelsabkommen mit Japan: Japan ist ein schwieriger Partner beim Umweltschutz. Im Bild Demonstranten, die vor der japanischen Botschaft in Indonesien gegen Kohlekraftwerke protestieren, die Japan mitfinanziert hatte.

Japan ist ein schwieriger Partner beim Umweltschutz. Im Bild Demonstranten, die vor der japanischen Botschaft in Indonesien gegen Kohlekraftwerke protestieren, die Japan mitfinanziert hatte.

(Foto: AP)
  • Die Europäische Union will möglichst bald ein Handelsabkommen mit Japan abschließen. Beim Umwelt- und Klimaschutz ist das Land allerdings ein schwieriger Partner.
  • Der Entwurf für das Abkommen ist bei diesen Themen sehr zurückhaltend formuliert. Unklar ist, wie Umsetzung der Vorgaben kontrolliert werden soll.

Von  Michael Bauchmüller, Berlin

Ein "spezialisiertes Komitee", "Beratergruppen", ein "gemeinsamer Dialog mit der Zivilgesellschaft": Bleibt es bei den Entwürfen für das Handelsabkommen, wird es demnächst eine Menge zu reden geben - über die Nachhaltigkeit in Europa und Japan. Ein eigenes Kapitel soll sich derlei Fragen widmen, ganz im Sinne des europäischen Mandats. Schon da wurde die Nachhaltigkeit groß geschrieben.

Mit einem Partner wie Japan hat das durchaus seine Tücken. Die Vorlieben japanischer Konsumenten für seltene Hölzer oder Speisen von der roten Liste bedrohter Arten machen sie nicht gerade zu Vorreitern für eine bessere Welt. Im Klimaschutz gehört das Land schon lange nicht mehr zu den Antreibern, und von den acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation hat Japan nur sechs ratifiziert - nicht die seit den Fünfzigern geltenden Normen gegen Zwangsarbeit und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Im Streit etwa um das transatlantische Abkommen TTIP spielten die Kernarbeitsnormen durchaus eine Rolle.

Wie aber kommt man mit einem Industrieland ins Geschäft, das es mit der Nachhaltigkeit nicht immer so genau nimmt?

Der Balanceakt im Nachhaltigkeits-Kapitel ist schwer zu überlesen, er steckt in der Sprache. Die Parteien "erkennen" Dinge an, sie "unterstreichen die Wichtigkeit" von diesem und jenem, sie "sollen danach streben", mit dem Handel auch der Umwelt zu dienen. Wenig "muss" ist im Text, aber viel "soll" und "sollte". Und so manche Vorgabe wird dann noch abgeschwächt durch ein simples as appropriate - wenn angemessen. Das lässt Spielraum.

Neu sind solche Kapitel nicht im internationalen Handel. Erstmals hatte die EU ein explizites Kapitel dazu mit den Karibik-Staaten ausgehandelt, das war 2007. In dem Wirtschaftspartnerschafts-Abkommen mit den sogenannten Cariforum-Staaten war es gleich das erste Kapitel, das Handelsabkommen sollte sogar den Weg bahnen zu mehr Nachhaltigkeit in der Karibik. Seither verhandelt Brüssel bei allen Freihandelsabkommen ein solches Kapitel, auch im Ceta-Abkommen der EU mit Kanada findet sich eins. Aber selten sind die Kapitel so detailliert wie jenes im geplanten Abkommen mit Japan.

Mag die Sprache darin auch schwach sein, die strittigen Themen umschifft es nicht. Ein eigener Abschnitt widmet sich der Holzwirtschaft - und ermuntert die Parteien, dem illegalen Holzhandel einen Riegel vorzuschieben. Der blüht gerade in Japan. Ein anderer umfasst die Fischerei - samt der Ansage, die Vertragspartner mögen "effektive Werkzeuge im Kampf gegen illegalen, heimlichen und unregulierten Fischfang" durchsetzen. Das wiederum dürfte manchem japanischen Walfänger gar nicht schmecken. An Umweltschutz und Arbeitnehmerrechten mangelt es nicht in dem Abschnitt. Bloß: Wer kontrolliert, was aus den Aufrufen wird?

Umwelt- oder Sozialfragen bleiben Sache der Experten

Hier kommen die vielen neuen Gremien ins Spiel, die sich Europäer und Japaner ausgedacht haben. Etwa das "spezialisierte Komitee", das die Umsetzung der Nachhaltigkeits-Auflagen nachprüfen soll. Oder die Domestic Advisory Group, eine Beratergruppe, in der auch Gewerkschaften, Umweltgruppen und Wirtschaftsverbände mitreden dürfen. Bei Streitfragen können die Regierungen ein dreiköpfiges Expertenpanel einsetzen, das Rat geben soll - eine Art Streitschlichtung jenseits der üblichen Kanäle. Und schließlich entsteht eine Plattform, über die sich die Zivilgesellschaft mit Nachhaltigkeitsfragen im EU-Japan-Handel befassen soll.

"Die Einbeziehung der Zivilgesellschaft ist durchaus üblich", sagt Evita Schmieg, Handelsexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, "aber die Nachhaltigkeitsaspekte werden unterschiedlich stark gelebt von den Vertragspartnern." So gebe es in Europa eine ausdifferenzierte Zivilgesellschaft - sie lasse sich entsprechend leicht einbeziehen. "Was solche Nachhaltigkeitskapitel aber am Ende tatsächlich faktisch verändern", sagt Schmieg, "hängt von der konkreten Umsetzung ab und von der Bereitschaft der Regierungen, sich überhaupt ernsthaft mit dem zu beschäftigen, was die Experten sagen."

Großen Zwang dazu wird auch das Handelsabkommen nicht entfalten. Lassen sich andere Streitfragen notfalls auch auf höchster Ebene verhandeln, bleiben Umwelt- oder Sozialfragen Sache der Experten - in Komitees und Debattierrunden, von denen im Zweifel kaum einer erfährt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: