Klagen gegen Tarifeinheitsgesetz:Arbeitgeber fürchten sich nicht vor mächtigen Gewerkschaften

  • Die Arbeitgeberverbände zeigen sich angesichts des Streits über das Tarifeinheitsgesetz gelassen.
  • Mehrere Gewerkschaften klagen gegen das Gesetz.
  • Mit dem Tarifeinheitsgesetz will die große Koalition verhindern, dass es zu immer mehr Streiks von mächtigen Einzelgewerkschaften kommt.

Analyse von Guido Bohsem, Berlin

Die Arbeitgeber sehen der juristischen Auseinandersetzung über das Tarifeinheitsgesetz gelassen entgegen. Obwohl immer mehr Spartengewerkschaften vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, bleibt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) entspannt. In einem internen Schreiben an die Mitglieder des Ausschusses für Arbeitsrecht zeigt sich der BDA sogar sehr zuversichtlich, dass es gar nicht erst zu einer Verhandlung in Karlsruhe kommen wird.

"Wir halten diese Anträge bereits für unzulässig", heißt es in dem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Schreiben. Nach Meinung der BDA-Juristen könne zwar im Einzelfall Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen eine gesetzliche Regelung eingelegt werden. "Das setzt allerdings voraus, dass dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden kann, fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen", urteilen sie.

Im Fall des Tarifeinheitsgesetzes könne davon jedoch nicht die Rede sein. Den betroffenen Einzelgewerkschaften sei es in allen denkbaren Sachverhalten möglich, fachgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen. Offenkundig "versuchen die Beschwerdeführer, die Verfassungsbeschwerde an Stelle des ordentlichen Rechtswegs zu instrumentalisieren", schreiben die Juristen des BDA weiter.

Mit dem Tarifeinheitsgesetz will die große Koalition verhindern, dass es zu immer mehr Streiks von mächtigen Einzelgewerkschaften kommt, wie zum Beispiel der Pilotenvereinigung Cockpit, der Ärztegewerkschaft Marburger Bund oder der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL). Die GDL hatte zuletzt in einer monatelangen Tarifauseinandersetzung mit der Bahn neunmal gestreikt. Dabei legten sie weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs lahm und verursachten einen Schaden von einer halben Milliarde Euro alleine bei der Bahn.

Seit dem 10. Juli gilt deshalb immer nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft, die in einem Betrieb die meisten Mitglieder auf sich vereinigen kann. Damit soll es wieder dazu kommen, dass primär ein einheitlicher Tarifvertrag in einem Unternehmen gilt. Streiks von kleineren Gewerkschaften könnten dadurch als unverhältnismäßig untersagt werden. Das Gesetz war von den Arbeitgebern und von den großen Gewerkschaften lange gefordert worden.

Bereits bei Inkrafttreten der Regelung hatten der Marburger Bund, Cockpit und der Journalistenverband Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Einlassung des BDA ist eine der Stellungnahmen, die vom Ersten Senat des Gerichts in der Sache angefordert wurden.

Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hat sich nun auch die GDL den Klägern angeschlossen. In der Klageschrift machten die Gewerkschaft sowie insgesamt neun Bahn-Mitarbeiter eine Verletzung ihrer Grundrechte geltend. Sie beriefen sich auf das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und die Koalitionsfreiheit. Das neue Gesetz mache es den kleinen Gewerkschaften unmöglich, einen Tarifvertrag abzuschließen. Ohne diesen sei eine Gewerkschaft aber funktions- und sinnlos, sie verkomme zur Vereinsmeierei. Wenn das Grundgesetz jedoch die Gewerkschaften schütze, müsse es daher auch den Abschluss von Tarifverträgen schützen.

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