Umstrittene Sparmaßnahme:Parlament in Athen billigt Massenentlassungen

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Das griechische Parlament macht den Weg frei für weitere internationale Hilfsgelder: Es beschließt ein umstrittenes Gesetz, das Zehntausende Kündigungen im öffentlichen Dienst ermöglicht. Finanzminister Schäuble fliegt nach Athen - und äußert sich zuvor zum Thema Schuldenschnitt.

Das griechische Parlament hat das umstrittene Gesetz gebilligt, mit dem Massenentlassungen im öffentlichen Dienst möglich werden. Noch bevor die Abstimmung zu Ende war, wurde bei der namentlichen Abstimmung die nötige Mehrheit von 151 der insgesamt 300 Abgeordneten für das Sparpaket erreicht.

Demnach sollen bis Ende 2014 nochmals 15.000 der 700.000 Staatsbediensteten entlassen werden, davon 4000 dieses Jahr. Die Billigung des Gesetzesbündel mit 107 Artikeln war eine der Voraussetzungen für die Auszahlung der nächsten Kredittranche an Athen. Dabei geht es um insgesamt 6,8 Milliarden Euro, 2,5 davon bis Ende Juli.

Die Debatte über die ersten Entlassungen im öffentlichen Dienst in Griechenland verlief hitzig. Die konservative Athener Zeitung Kathimerini hatte die Entscheidung vorab als "Meilenstein-Votum" bezeichnet. Als Opfer des Vorhabens sehen sich unter anderem die Kommunalpolizisten, die in Athen erneut mit Auto- und Motorradkorsos sowie Sirenengeheul gegen ihre mögliche Entlassung protestierten. Auch zahlreiche Bürgermeister demonstrierten vor dem Parlament, da die Einsparpläne zunächst Lehrer, Hausmeister und Reinigungskräfte in Schulen sowie Angestellte der Kommunen treffen sollen. Tausende Betroffene hatten in den vergangenen drei Tagen im Zentrum Athens gegen das Gesetz demonstriert.

"Ich bin nicht die Obertroika"

Einen Tag vor seinem Besuch in Athen hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der unpopulären Sparpolitik der Regierung von Antonis Samaras erneut seine Unterstützung ausgesprochen. "Griechenland ist auf einem guten Weg", sagte der CDU-Politiker in einem vorab im Internet veröffentlichten Interview mit den ARD-"Tagesthemen" am Mittwochabend. Die wirtschaftliche Entwicklung komme voran, die Anstrengungen zahlten sich aus. Das dürfe jetzt nicht durch Generalstreiks und Massenproteste aufs Spiel gesetzt werden. Schäuble kritisierte zugleich, dass die Verwaltung in Griechenland "überdimensioniert" sei.

In Zusammenhang mit dem geplanten Votum über die Massenentlassungen mahnte Schäuble, die mit den internationalen Gebern vereinbarten Reform- und Sparzusagen müssten eingehalten werden. Zugleich zeigte er Verständnis für die Wut und Verzweiflung vieler Griechen, die sich auch gegen die internationalen Geldgeber richtet.

"Ich bin nicht die Obertroika", sagte Schäuble mit Blick auf seine eigene Unbeliebtheit in Griechenland. Der Finanzminister schloss zusätzliche Hilfen für das überschuldete Euro-Land nicht aus, darüber werde aber erst 2014 entschieden. Ein weiterer Schuldenschnitt sei aber nicht geplant, bekräftigte er, beim RBB-Inforadio wurde er noch deutlicher: "Es redet niemand, der ein bisschen was von der Sache versteht, im Ernst von einem weiteren Schuldenschnitt für die privaten Gläubiger." Zunächst müsse das Land jetzt alle Auflagen im Zusammenhang mit den internationalen Hilfskrediten erfüllen. 2014 gebe es dann die Möglichkeit, über weitere Hilfen zu reden.

An einer Veranstaltung in der deutsch-griechischen Handelskammer am Mittag nehmen neben Schäuble auch sein Kollege Giannis Stournaras und der griechische Wirtschaftsminister Kostis Chatzidakis teil. Anschließend trifft der deutsche Finanzminister den konservativen Regierungschef Antonis Samaras.

Ein Thema von Schäubles Besuch soll deutsche Hilfe bei der Förderung des griechischen Mittelstands sein. Eine Maßnahme zur Förderung kleinerer Betriebe hat die Regierung in Athen aber bereits selbst in die Wege geleitet. Wie die New York Times berichtet, wird die Mehrwertsteuer für Restaurantessen von 23 auf 13 Prozent gesenkt. Das soll vor allem mehr Einnahmen für den Tourismus bringen, einem der wichtigsten Wirtschaftszweige im Land. Premier Samaras nutzte die Gelegenheit und brachte die gute Nachricht via Fernsehansprache unters Volk: "Zum ersten Mal geht es nicht nur darum, Schaden von unserem Land abzuwenden, sondern wirklich etwas Positives zu bewirken".

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/fran/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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