Umstrittene Praktiken von Hotline-Anbietern:Warteschleifen kosten Verbraucher 144 Millionen Euro

Bitte warten, bei uns klingeln gerade die Kassen: Das neue Telekommunikationsgesetz soll verhindern, dass Bürger über kostenpflichtige Warteschleifen abgezockt werden. Doch bis es in Kraft tritt, verdienen die Anbieter von Service-Hotlines weiter Millionen. Das haben zumindest die Berechnungen einer Grünen-Abgeordneten ergeben.

Statt der Ansage "Bitte warten" dudelt mittlerweile vielfach Beethovens "Für Elise" vom Band. Weniger nervig sind die Warteschleifen bei Service-Nummern dadurch nicht geworden. Schlimmer noch als das, was der Anrufer auf die Ohren bekommt, ist jedoch das, was er nicht hört: Denn mit jeder verstreichenden Minute klingeln bei den Hotline-Anbietern die Kassen. Stolze 144 Millionen Euro haben Warteschleifen die Verbraucher im vergangenen Jahr gekostet - das will zumindest eine Grünen-Abgeordnete errechnet haben.

Verbraucherschützer kämpfen gegen Telefonwerbung

Mit der Reform des Telekommunikationsgesetzes soll die Warteschleifen-Abzocke von Hotline-Anbietern unterbunden werden - doch bis die neuen Bestimmungen in Kraft treten, wird es wohl noch Monate dauern.

(Foto: dpa)

Das Problem mit der Telefon-Abzocke ist längst bekannt: Im vergangenen Oktober hat der Bundestag ein Gesetz gegen die teuren Schleifen beschlossen - doch bis sich für den Verbraucher tatsächlich etwas ändert, dürften noch einige Monate vergehen. Denn im November hat der Bundesrat das neue Telekommunikationsgesetz mit Änderungswünschen in den Vermittlungsausschuss verwiesen.

Grünen-Politikerin bemängelt "riesiges Schlupfloch" bei Gesetz

Strittig sind vor allem andere Aspekte der Reform wie der Ausbau schneller Internetverbindungen in ländlichen Gebieten. Nach Angaben der Grünen stocken die Verhandlungen derzeit, vor Sommer sei mit dem Gesetz nicht zu rechnen.

Darin ist vorgesehen, dass ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes Warteschleifen nur noch bei Gratis-Nummern oder für Anrufe bei normalen Ortsvorwahlen geschaltet werden dürfen. Zulässig sollen sie auch bleiben, wenn für den Anruf ein Festpreis gilt oder die angerufene Firma die Kosten trägt.

Den Berechnungen der stellvertretenden Grünen-Fraktionschefin Bärbel Höhn zufolge - über die die Saarbrücker Zeitung am Samstag berichtete - hingen die Deutschen 2011 bei den 0900-Nummern etwa 48 Millionen Minuten in der Warteschleife. Bei durchschnittlichen Kosten von 1,20 Euro pro Minute belaufe sich die Gesamtsumme auf 58 Millionen Euro. Bei den 0180-Nummern harrten die Bürger demnach 616 Millionen Minuten geduldig am Telefon aus. Bei durchschnittlichen Minutenkosten von 14 Cent seien somit 86 Millionen Euro in die Kassen der Anbieter geflossen.

Den Grünen zufolge fußt die Berechnung auf Branchenzahlen. Berücksichtigt wurden nur Service-Nummern, etwa bei Fluggesellschaften oder Internetanbietern. Erotik- und Esoterik-Angebote spielten in der Erhebung keine Rolle.

Höhn sagte, die Abzocke gehe unvermindert weiter. Die Bundesregierung tue zu wenig, um konsequent dagegen vorzugehen. Zudem kritisierte Höhn, dass es bei der geplanten Neuregelung "ein riesiges Schlupfloch gibt, weil Bandansagen und Menüauswahl nicht unter die Kostenfreiheit fallen".

Am 8. Februar tagt erneut der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

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