Umsetzung der Sparmaßnahmen:Euro-Finanzminister stellen Griechenland Ultimatum

Kanzlerin Merkel reist nach Griechenland - und bringt schlechte Nachrichten mit. Die internationalen Geldgeber erhöhen den Druck auf das verschuldete Land. Bis zum 18. Oktober muss Athen die vereinbarten Sparmaßnahmen umgesetzt haben. Sonst will die Euro-Gruppe das nächste Hilfspaket nicht freigeben - und Griechenland droht die Pleite. Doch auch andere Euro-Länder bereiten Sorgen.

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Vor Angela Merkels Besuch in Athen protestieren Griechen gegen die Sparmaßnahmen.

(Foto: AFP)

Kurz vor Angela Merkels Besuch in Griechenland erhöhen die internationalen Geldgeber den Druck auf Griechenland. Sie setzen dem verschuldeten Staat ein Ultimatum von nur zehn Tagen: Bis zum 18. Oktober müssten in Athen die im März zugesagten Reformen und Sparmaßnahmen umgesetzt werden, sagte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach Beratungen der Euro-Finanzminister in Luxemburg. Erst dann könne die nächste Kredittranche freigegeben werden. Griechenland müsse "klar und glaubwürdig seinen starken Willen zur kompletten Umsetzung des Programms demonstrieren", sagte Juncker.

Das Land braucht spätestens Mitte November weitere 31,5 Milliarden Euro aus dem zweiten Rettungsprogramm, um nicht in die Pleite zu rutschen.

"Es gibt Fortschritte vor Ort, aber es muss noch mehr getan werden, und zwar an allen Fronten", sagte auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. "Handeln heißt handeln - nicht reden", fügte die Französin hinzu. Die internationalen Kreditgeber - unter ihnen ist auch der IWF - haben bislang noch nicht das neueste Sparprogramm Athens von 14,5 Milliarden Euro gebilligt. Dies ist aber Voraussetzung für die Freigabe der dringend benötigten Kredittranche.

"Ich bin beeindruckt von dem Willen Griechenlands"

Die Euro-Länder begrüßten jedoch insgesamt den Sparkurs Griechenlands: "Ich bin beeindruckt von dem Willen Griechenlands zur Umsetzung", sagte Juncker. So habe es in den vergangenen Tagen und Wochen "substanzielle Fortschritte" gegeben. Dennoch steht das Zeugnis der internationalen Schuldenkontrolleure noch aus. Wann die Troika der Geldgeber ihre Arbeiten vor Ort abschließt und ihren Bericht vorlegt, ist weiter offen. Dies müsse laut Juncker "so schnell wie möglich" geschehen.

Merkel reist erstmals seit Beginn der Euro-Schuldenkrise nach Griechenland. Bei dem eintägigen Besuch in Athen sind Gespräche mit Regierungschef Antonis Samaras und Staatspräsident Karolos Papoulias geplant. Außerdem will Merkel mitten in der schweren Wirtschaftskrise des Landes mit griechischen und deutschen Unternehmern zusammentreffen.

Vor Merkels Abflug dämpfte die Bundesregierung die Hoffnungen der Griechen auf rasche Zugeständnisse beim Spar- und Reformprogramm. Von Merkel seien keine "Mitbringsel" zu erwarten, hieß es in Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen", Merkel werde mit den Griechen nicht über den Troika-Bericht reden. Es gehe vielmehr darum, "was wir völlig unabhängig davon europäisch, aber vor allem auch bilateral, national tun können, um Griechenland zu helfen".

Für den Besuch sind in der griechischen Hauptstadt massive Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, mehrere Tausend Polizisten sollen im Einsatz sein. Die linke Opposition und Gewerkschaften haben zu Protesten gegen Sparauflagen aufgerufen, die das hochverschuldete Land für internationale Hilfen umsetzen soll.

Auch Zypern und Spanien bereiten Sorgen

Doch nicht nur Griechenland bereitet Sorgen. Die Ratingagentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit Zyperns von Ba3 auf B3 herabgestuft. Mit B3 eingestufte Anleihen gelten als hochspekulative Papiere. Der Ausblick für die Mittelmeerinsel sei negativ, erklärte Moody's.

Die Euro-Länder machen schon seit längerem Druck auf das kleine Zypern, sich intern auf ein Hilfsprogramm zu einigen. Die Arbeiten sollten beschleunigt werden, forderte der luxemburgische Premier Juncker. Der IWF will noch im laufenden Monat eine Abordnung nach Nikosia schicken, um Bausteine eines Hilfsprogramms zu beraten. Die Banken des Inselstaates sind schwer von der Finanzkrise getroffen, drei von ihnen wurden am Montag von der Ratingagentur Moody's in den Ramschstatus herabgestuft.

Ob Spanien einen Antrag auf ein Vollprogramm stellt, ist offen

Die Euro-Länder planen nun, alle Anträge von Euro-Staaten auf finanzielle Hilfen zu einem großen Paket zu bündeln. Das bestätigte der zyprische Finanzminister und aktuelle EU-Ratspräsident Vassos Shiarly der Süddeutschen Zeitung - auch sein Land werde einen Antrag auf Finanzhilfe von 15,5 Milliarden Euro stellen. Zypern hat noch bis Dezember die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne. Shiarly sagte, keines der Euro-Länder habe seine Vorbereitungen für einen Antrag auf finanzielle Hilfen abgeschlossen. Er gehe deshalb davon aus, "dass alle Anträge zusammen in den November verschoben werden". Die Finanzminister der Euro-Zone tagen turnusgemäß erst am 12. November dieses Jahres wieder. Das große Rettungspaket könnte EU-Diplomaten zufolge Hilfen für Spanien, Zypern, Slowenien und Griechenland umfassen.

In Spanien sollen zunächst die maroden Banken Milliardenhilfen erhalten. Die Euro-Länder hatten Madrid bereits im Juli pauschal bis zu 100 Milliarden Euro für angeschlagene Geldhäuser zugesagt. Schon seit längerem ist klar, dass der Betrag bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Stresstests hatten ergeben, dass die angeschlagenen spanischen Geldhäuser zu ihrer Sanierung Kapitalspritzen von knapp 60 Milliarden Euro brauchen. Ob Madrid einen Antrag auf ein Vollprogramm für den Gesamtstaat stellen wird, ist weiter offen.

Für Portugal gab die Euro-Gruppe bereits jetzt eine Hilfszahlung frei, die insgesamt 4,3 Milliarden Euro erreichen wird. 1,5 Milliarden Euro davon entfallen auf den IWF, der auch grünes Licht geben will. Das Land bekommt bis 2014 Zeit und damit ein Jahr mehr als geplant, um sein Defizit auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Die Kassenhüter aller 27 EU-Staaten müssen noch zustimmen, was aber als Formsache gilt. Lissabon profitiert von einem Hilfsprogramm in Höhe von 78 Milliarden Euro.

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