Überschwemmungen:Auf eigenes Risiko

Überschwemmungen: Wer mit seinem Hab und Gut in den Fluten versinkt, braucht schnell Hilfe - und eine gute Versicherung. In Hochwassergebieten soll sie Pflicht werden.

Wer mit seinem Hab und Gut in den Fluten versinkt, braucht schnell Hilfe - und eine gute Versicherung. In Hochwassergebieten soll sie Pflicht werden.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Hausbesitzer müssen sich künftig gegen Schäden durch extreme Wetterereignisse versichern. Darauf haben sich die Landesregierungen geeinigt. Wer das nicht tut, kann nicht darauf vertrauen, dass ihm der Staat aus der Patsche hilft.

Von Jonas Tauber, Berlin

Von der Überschwemmung in Niedersachsen Betroffene dürfen mit unbürokratischer Soforthilfe des Landes rechnen. Das hat der dortige Regierungschef Stephan Weil versprochen. Gleichzeitig appellierte er an die Eigenverantwortung der Bürger, sich auf die Folgen von Überschwemmungen vorzubereiten. Die aktuelle Situation zeige, dass die Gefahr überall entstehen könne. "Umso wichtiger ist es, bestehende Möglichkeiten wie die Elementarschadenversicherung zu nutzen und sich vor extremen Wetterereignissen zu schützen", warnte er.

Der Appell kommt nicht von ungefähr. Viele Menschen in Deutschland haben zwar eine Gebäudeversicherung, sind aber nicht gegen Schäden durch Überschwemmung geschützt. Dafür müssen sie eine zusätzliche Deckung gegen Naturgefahren abschließen, die Elementarschadendeckung. Nach Zahlen des Branchenverbands GDV sind aber lediglich 40 Prozent der Gebäude entsprechend versichert, in Niedersachsen sogar nur 18 Prozent.

Wie teuer der Schutz ist, hängt vor allem von der Region ab, in der die Menschen leben

Viele Hausbesitzer wissen nicht, dass sie den Zusatzbaustein zur Absicherung des Risikos brauchen, sagte ein Sprecher der niedersächsischen VGH-Versicherungen. Deshalb bleibe abzuwarten, wie viele der bisher 2000 gemeldeten Schäden wirklich versichert sind. Aktuell gehe die Gesellschaft von einem versicherten Schaden in Höhe von acht Millionen Euro für die eigene Bilanz aus.

Ob es Unwissenheit und fehlendes Risikobewusstsein sind, die die Hausbesitzer vom Abschluss einer Elementarschadendeckung abhalten - oder ob mancher doch lieber sparen will: Wer sich nicht versichert, darf künftig nicht mehr automatisch damit rechnen, dass ihm der Staat mit Steuergeld hilft. Darauf haben sich die Landesregierungen am 1. Juni in Berlin geeinigt. Angesichts zunehmender Unwetterereignisse sei eine Entlastung der öffentlichen Haushalte nötig. Deshalb sollen Betroffene nur noch dann über Soforthilfen hinausgehende staatliche Unterstützung erhalten, wenn sie sich erfolglos um eine Versicherung bemüht haben oder die angebotenen Versicherungskonditionen wirtschaftlich unzumutbar waren, heißt es im Ergebnisprotokoll der Länderkonferenz. "Eine deutliche Erhöhung der Verbreitung von Elementarschadendeckungen ist geboten." Das wollen die Länder mit einer Aufklärungskampagne erreichen.

Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagt eine GDV-Sprecherin. Sie erwartet, dass die schleppende Nachfrage nach solchen Policen anziehen wird. Nach ihren Angaben ist der Schutz für die meisten Gebäude für unter 100 Euro im Jahr zu haben.

Auch Verbraucherschützer begrüßen das Signal der Länder. "Wenn die Politik das durchhält, ist das im Sinn der Verbraucher", sagt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Das hört sich nach einem guten Weg an: Wer keine Versicherung bekommt, dokumentiert das, und jeder weiß, woran er ist." Im Grunde sollte jeder Hausbesitzer zusätzlich zur Gebäudeversicherung eine Elementarschadendeckung abschließen, empfiehlt er. "Starkregen kann jeden treffen."

Die Preisspannen am Markt sind groß. Interessenten sollten sich einen Überblick verschaffen

Wie teuer der Schutz ist, hängt neben der Versicherungssumme und der Wohnfläche vor allem davon ab, wie wahrscheinlich es ist, dass das Haus von einer Flut oder einer anderen versicherten Naturgefahr getroffen wird. Neben Überschwemmungen greifen die Verträge auch bei Schäden durch Schneedruck, Lawinen oder Erdbeben. Die Versicherer stufen Gebäude entsprechend ihrer Lage in eine von vier Risikoklassen ihres Zonierungssystems ZÜRS ein. In Stuttgart würde der Elementarschutz für ein Haus mit dem Neubauwert von 300 000 Euro und einer Fläche von 130 Quadratmetern in der Zone mit dem geringsten Risiko (ZÜRS I) mindestens 80 Euro im Jahr kosten, rechnet Grieble vor. In der zweiten Risikoklasse wären es mindestens 180 Euro, in der dritten mindestens 200 Euro und in der obersten Risikostufe mindestens 260 Euro im Jahr. Die Preisspannen am Markt sind groß. Im genannten Beispiel reichen sie für eine Basis-Gebäudedeckung inklusive Elementarschutz in ZÜRS I von 280 Euro bis 1000 Euro, sagt der Verbraucherschützer.

Interessenten sollten sich deshalb einen Marktüberblick verschaffen, bevor sie sich für eine Deckung entscheiden, empfiehlt er. Das sei bei einem Makler möglich oder einem Versicherungsberater. Versicherungsvertreter bieten dagegen nur Verträge eines einzelnen oder einiger ausgewählter Anbieter an. Einen Vergleich über die verschiedenen Angebote der Versicherer bieten aber auch Onlineportale wie Check 24. Allerdings: Wer in einer Hochrisikozone wohnt, bekommt möglicherweise keinen Schutz oder nur einen extrem teuren Vertrag. Laut Branchenverband GDV kann es bei einem Prozent der Gebäude in Deutschland zu solchen Problemen kommen.

Zur Absicherung der Einrichtung ist zusätzlich zur Hausratversicherung ebenfalls der Abschluss einer Elementarschadendeckung nötig, sagt Grieble. Damit die Autoversicherung bei einem überschwemmten Wagen zahlt, brauchen Halter eine Teilkaskoversicherung.

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