Übernahmekampf um Hochtief:SPD-Helfersyndrom befällt Gabriel

Holzmann, Opel und nun Hochtief: Kaum steht die Existenz eines Konzerns in Frage, ist die SPD zur Stelle. Will sich jetzt Parteichef Gabriel als Retter stilisieren?

Auf Schröders Spuren: Hofft SPD-Chef Sigmar Gabriel darauf, von den bangenden Hochtief-Mitarbeitern mit "Sigmar! Sigmar!"-Rufen empfangen zu werden? Ganz so, wie einst sein Parteikollege und Ex-Kanzler Gerhard Schröder von den Holzmann-Mitarbeiter mit "Gerhard! Gerhard!" begrüßt wurde? Am Donnerstag jedenfalls will Gabriel die Hochtief-Konzernzentrale besuchen, und irgendwie erinnert das Ganze dann doch ein wenig an vergangene Zeiten in Frankfurt am Main. Wie einst der ehemalige Konkurrent Holzmann fürchtet Hochtief derzeit die Zerschlagung des Unternehmens - und wendet sich daher nun hilfesuchend an die Politik.

Bezirksparteitag der SPD in Braunschweig

SPD-Chef Sigmar Gabriel mischt sich in die Auseinandersetzung um den Baukonzern Hochtief ein.

(Foto: dpa)

Der damalige Kanzler und SPD-Chef Schröder hatte seinerzeit rasch ein Hilfspaket für Holzmann geschnürt und sich danach als Retter Holzmanns feiern lassen. Begeistert hatten die Holzmann-Mitarbeiter immer wieder den Vornamen des Kanzlers skandiert, als Schröder ihnen im Herbst 1999 die Nachricht von der Holzmann-Rettung überbrachte. Doch die Sache endete unrühmlich: Nur zweieinhalb Jahre später musste der völlig überschuldete Holzmann-Konzern endgültig Insolvenz anmelden. Das schrödersche Eingreifen hatte nichts außer zusätzlichen Schulden gebracht.

Doch davon lässt sich Gabriel nicht beirren - der 51-Jährige scheint fest entschlossen, sich in den Übernahmekampf um den größten deutschen Baukonzern Hochtief einzumischen. Dem droht derzeit die Übernahme durch den spanischen Wettbewerber ACS mit anschließender Zerschlagung. Der SPD-Chef wolle daher am Donnerstag die Essener Konzernzentrale besuchen, bestätigte ein Sprecher Gabriels entsprechende Medienberichte.

Erster Giftpfeil schon abgeschossen

Der Sprecher betonte zwar eilig, die Visite diene alleine dem Zweck, sich vor Ort über die Situation zu informieren. Doch im Umfeld des Hochtief-Konzernbetriebsrats sind sich alle Beteiligte sicher: Sie bewerten den hohen Besuch klar als Unterstützungsaktion.

Einem Insider zufolge wird die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ihren Parteivorsitzenden möglicherweise begleiten. Fest stehe dies aber noch nicht. Die NRW-Landesregierung hatte bereits Unterstützung für Hochtief signalisiert.

Mitarbeiter machen Front

In Gesprächen mit dem Hochtief-Betriebsrat und mehreren Vorständen wolle sich Gabriel über die Lage bei Hochtief informieren lassen, sagte Gesamtbetriebsratschef Siegfried Müller den WAZ-Zeitungen. Es gehe darum, eine mögliche Zerschlagung und den Verlust von Arbeitsplätzen abzuwenden.

Der Betriebsratschef äußerte zudem die Hoffnung auf eine Rettung durch einen sogenannten Weißen Ritter. Kontakte seien bereits geknüpft, sagte Müller, ohne Einzelheiten zu nennen.

Vor wenigen Tagen hatte sich Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter bereits hilfesuchend an die Bundesregierung gewandt, doch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte ihm eine Abfuhr erteilt. Er sei grundsätzlich der Ansicht, dass Unternehmen generell ihre Verhandlungen "allein und erfolgreich führen können", hatte Brüderle gesagt.

"Wir bleiben am Ball"

Gleichzeitig intensiviert Hochtief seine Abwehrmaßnahmen. Ein Sprecher kündigte an, dass der Konzern sein Werben um Investoren intensivieren werde. Hochtief hatte bereits einen ersten Giftpfeil abgeschossen und will den spanischen Konkurrenten ACS auch zu einem Angebot für seine australische Tochter Leighton zwingen, um eine Übernahme deutlich zu verteuern.

Darüber hinaus erwägt das Unternehmen eine Kapitalerhöhung als Verteidigungsmaßnahme, wie mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen Reuters sagten. Beim Hochtief-Management stößt die Offerte der Spanier auf Ablehnung.

Auch die Mitarbeiter machen gegen ACS Front und suchen ebenfalls Hilfe vonseiten der Politik. Gesamtbetriebsratschef Müller sagte, die Arbeitnehmer wollten Ende Oktober der spanischen Botschaft in Berlin eine Protestnote übergeben. "Wir bleiben am Ball", betonte Müller.

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