Überlegungen der EU:Hilfsorganisationen warnen vor Aus für Ein- und Zwei-Cent-Münzen

Die EU denkt laut darüber nach, die Ein- und Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen. Von allen Seiten hagelt es Protest. Auch soziale Organisationen wie das Kinderhilfswerk warnen davor. Sie befürchten einen Rückgang der Spenden - die immerhin zu einem Viertel aus den Kleinstmünzen bestehen.

Hilfsorganisationen wie das Deutsche Kinderhilfswerk befürchten einen deutlichen Spendenrückgang, sollten Ein- und Zwei-Cent-Münzen abgeschafft werden. Das Kinderhilfswerk rechnet mit einem Rückgang des Spendenvolumens "im hohen sechsstelligen Bereich", sagte Sprecher Uwe Kamp. Die Abschaffung der Münzen wird derzeit aus Kostengründen auf EU-Ebene diskutiert.

Bundesweit gebe es ungefähr 50.000 Spendendosen des Werks in Einzelhandelsgeschäften. "Das Problem ist, dass wir ungefähr ein Viertel unserer Spendeneinnahmen, die aus der Spendendose kommen, durch Ein- und Zwei-Cent-Münzen generieren." Ein Fünf-Cent-Stück werde dann nicht so einfach in eine Spendendose gehen wie die kleineren Kupfermünzen, deren Abschaffung derzeit in Brüssel diskutiert wird.

Kamp bezifferte die Einnahmen aus den Spendendosen beim Kinderhilfswerk pro Jahr auf 1,2 bis 1,3 Millionen Euro. Er hält es sogar für möglich, dass die Dosen dann komplett verschwinden könnten, wenn Aufwand und Ertrag nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis stünden. Kamp appellierte an die EU-Kommission, alles zu unternehmen, um die kleinen Kupfermünzen zu erhalten - etwa durch den Einsatz günstigerer Rohstoffe zur Herstellung.

Auch Banken und Verbraucherschützer sehen die Abschaffung der kleinen Münzen teils kritisch. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sprach sich dagegen aus: "In der deutschen Bevölkerung besteht der Wunsch, an den Kleinmünzen festzuhalten. Ich persönlich kann mich dem nur anschließen", sagte Weidmann der Bild am Sonntag. Weidmann wies darauf hin, dass die Abschaffung nur eines der von der EU-Kommission vorgestellten Szenarien sei. Grundsätzlich liege die Entscheidung nicht bei den Notenbanken, sondern bei den europäischen Finanzministern.

Verbraucherschützer warnen vor Preiserhöhungen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mahnt, vor einer möglichen Abschaffung die Folgen für die Bürger zu untersuchen. "Es bedarf mehr als eines Bauchgefühls, um entscheiden zu können, ob man diese Münzen abschaffen kann und welche Spielregeln dafür gelten müssten", sagte Finanzexperte Frank-Christian Pauli. Gegen eine Abschaffung spreche, dass sie eine verdeckte Preiserhöhung zur Folge haben könnte, weil Preise aufgerundet würden. Dafür könnte hingegen angeführt werden, "dass man weniger Kleinstmünzen als Wechselgeld im Portemonnaie sammelt und dass es eine Abkehr von den x,99-Euro-Preisen geben würde". Sie suggerierten, dass eine Ware unter einer bestimmten Preisgrenze liege.

Hintergrund der Pläne, die die EU-Behörde in der vergangenen Woche präsentiert hatte, sind die Kosten für die Herstellung der kupfernen Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Deren Produktion ist demnach teuerer als der Nennwert. Seit der Einführung des Euro-Bargeldes im Jahr 2002 belaufe sich diese Differenz auf etwa 1,4 Milliarden Euro.

Die Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen, die Diskussion unter Mitgliedsstaaten und Interessenvertretern läuft derzeit. Vier Szenarien sind der EU-Kommission zufolge denkbar: Erstens weitermachen wie bisher. Zweitens könnte man die Kosten senken, indem die materielle Zusammensetzung der Cent-Stücke geändert wird. Drittens wird an einen langsamen Ausstieg gedacht, bei dem die Kleinmünzen nach und nach verschwinden. Als viertes Szenario gilt der schnelle Ausstieg: Die Ausgabe der Münzen würde eingestellt und die bereits im Umlauf befindlichen Münzen von Händlern und Banken eingezogen.

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