Übergabe:Die Suche nach dem Weg

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Ganz so verwirrend wie das Autobahnnetz in Shanghai sind die Wege zur Unternehmensnachfolge zwar nicht. Aber auch hier gilt: Man darf die richtige Ausfahrt nicht verpassen, sonst verfehlt man das Ziel. (Foto: E+/Getty Images)

Familienmitglieder, langjährige Mitarbeiter oder unbekannte Dritte: Es gibt ganz verschiedene Möglichkeiten, die Nachfolge zu lösen. Entscheidend ist eine rechtzeitige Planung.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Es gibt kein Patentrezept. Die Regelung der Unternehmensnachfolge ist ein höchst individuelles Vorhaben und muss auch so gestaltet werden. Doch eines lässt sich doch sagen: Die Nachfolge sollte rechtzeitig geplant werden. Ein Überblick der gängigen Lösungen.

Alles bleibt in der Familie

Die Fortführung des eigenen Lebenswerks durch die nächste Generation ist der Wunsch aller Familienunternehmer. Es ist auch das beliebteste Übergabemodell im Mittelstand. Rund zwei Drittel der Nachfolger sind Angehörige des Alt-Eigentümers. Sind Erben tatsächlich vorhanden und willig, sollte die Entscheidung trotzdem gut überlegt werden. "Der Nachname allein macht noch keinen Unternehmer. Sind die Kinder tatsächlich ausreichend qualifiziert und gibt es eine klare Familienstruktur ohne Konflikte, spricht viel für eine interne Nachfolgeregelung", sagt Birgit Felden, Miteigentümerin der TMS Unternehmensberatung. Ohne professionelle Begleitung geht es meist nicht. Denn hier sind Emotionen und zwei gegensätzliche Ziele im Spiel. Die Versorgung des Unternehmers im Ruhestand sowie die Sicherung der Betriebsfortführung.

Mögliche Ausgleichszahlungen an weitere Familienmitglieder verkomplizieren das Vorhaben zusätzlich. Denkbare Wege sind die vorweggenommene Erbfolge und die schrittweise Übertragung auf Familienmitglieder durch Gründung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. "Zur steuerlichen Optimierung ist eine langfristige Planung sinnvoll. Eine Schenkung des Vermögens und Betriebes in Teilen über mehrere Jahre kann positive steuerliche Effekte haben", sagt Claudia Schlebach, Abteilungsleiterin Unternehmensförderung, Gründung der IHK München.

Bei Zahlung des Kaufpreises stehen Nachfolgern Zuschüsse und öffentliche Fördermittel zu. Felden warnt jedoch: "Die Erbengeneration muss genau prüfen, ob das Unternehmen als eigenständiges Geschäftsmodell überhaupt noch eine Marktperspektive hat. Für viele Traditionsunternehmen bringt die Digitalisierung das Aus." Ist der Generationswechsel fix, sollte mit entsprechendem Vorlauf geplant werden. Die Vorbereitung eines Erben auf die neue Rolle dauert bis zu fünf Jahre.

Intime Kenner der Verhältnisse

Wer als langjähriger Mitarbeiter das Vertrauen des Inhabers genießt und ausreichend qualifiziert ist, erfüllt entscheidende Nachfolgekriterien. Ist der Wille zur Übernahme da, hängt es an der Finanzierung. Diese wird häufig durch Beteiligungsgesellschaften ermöglicht. "Mitarbeiter, die für den Erfolg des Unternehmens entscheidend sind, kommen als Mit-Eigentümer in Betracht, auch wenn sie in der zweiten und dritten Ebene arbeiten. Die Finanzkraft des Managements darf nicht unter einem Bruttojahresgehalt liegen", sagt Goetz Hertz-Eichenrode, Vorstandschef der Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz.

Das bei Mittelständlern und Belegschaft beliebte Modell bindet wertvolles Know-how und sichert den Fortgang in gewohnter Manier. Das Problem: Die Festlegung auf bestimmte Käufer kann zu Preisminderung führen. Häufig kommt es zu einer anteiligen Rückbeteiligung des Verkäufers an der neuen Gesellschaft (Owners Buy Out). Dies sichert dem Ex-Inhaber weiteren Einfluss und ein gutes Investment.

Der unbekannte Dritte

Gelingt die Fortführung einer Firma auch intern nicht, bleibt der Betriebsverkauf häufig als einzige Option. Die Mehrheit der mittelständischen Unternehmen fallen mangels Größe bei Private-Equity-Investoren durch. Als Kandidaten bleiben Einzelpersonen mit Traum vom Unternehmertum oder strategische Investoren wie etwa Mitbewerber, oder Lieferanten. Häufig ist die Finanzierung die größte Hürde. Flankierend zum Bankkredit bieten die Beteiligungsgesellschaften der Länder Eigenkapital mit tilgungsfreien Jahren. Diese belasten die Anfangserträge des Nachfolgers zum Start nicht. Möglich sind auch Teilzahlungen oder Darlehen zwischen Verkäufer und Nachfolger.

Das Platzen eines Deals kann durch flexible Vertragsregeln wie Kaufpreisraten abhängig vom Umsatz oder Gewinn verhindert werden. "Wer seinen Betrieb extern übergeben möchte, sollte über sein Netzwerk frühzeitig gezielt nach potenziellen Käufern suchen. Für kleinere Betriebe eignen sich Unternehmensbörsen, größere Mittelständler wenden sich meist an M&A-Berater", sagt Schlebach.

Finanzstarke Firmenjäger

Angesichts fehlender Anlagealternativen im Niedrigzins-Umfeld sind die Kassen der Private Equity Fonds prall gefüllt. Profiteure sind die Unternehmer. "Private Equity Gesellschaften interessieren sich für Unternehmen ab 20 Millionen Euro Umsatz mit stabiler Geschäftsentwicklung und gutem Managementteam. Ihr Ziel ist, nach wenigen Jahren einen möglichst guten Betrieb zu verkaufen", sagt Michael Grote, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management. Alt-Eigentümer sollten diese Verkaufsoption ernsthaft in Erwägung ziehen, denn vor allem der Ankauf großer Industriebetriebe ist für alternative Käufergruppen kaum zu stemmen.

Mehrstufige Bieterverfahren mit Due Diligence Prüfung verlangen nach genauer Planung und erfahrenen M&A-Beratern. Wer extern nach einem geeigneten Übernahmekandidaten sucht, trifft meist auf viel Konkurrenz. Laut DIHK-Report kommen in der Industrie auf einen potenziellen Übernehmer fünf Unternehmer, in Handel und Gastronomie liegt das Verhältnis bei eins zu zwei. Steht bei ertragsstarken, großen Unternehmen der Verkauf an, tummeln sich kapitalstarke Interessenten. "Es gilt über eine Auktion herauszufinden, für wen mein Unternehmen den maximalen Wert hat. Das kann ein Konkurrent, ein Private-Equity Firma oder ein ausländisches Unternehmen sein, das erstmals seinen Fuß in den Markt setzen will", sagt Grote.

Ist der Nachfolger gefunden, ist damit längst noch nicht alles erledigt. "Wichtig ist, dass die Zahlen stimmen und alle Beteiligten das Geschäftsmodell verstehen. Doch selbst dann kann ein Projekt an zwischenmenschlichen Themen scheitern", sagt Hertz-Eichenrode. Von überstürzten Verkäufen ist abzuraten.

Über den Tod hinaus

Um das Lebenswerk dauerhaft zu erhalten, bietet sich die Einbringung der Firma in eine Stiftung an. Das Unternehmen bleibt in Familienhand und der Stifter kann die Fortführung in seinem Sinne festlegen. Optimale Lösung für Betriebe mit einer Vielzahl von Erben und zur Verhinderung eines Teilverkaufs bei Erbstreitigkeiten. "Mit der Überführung des Unternehmens in eine Stiftung ist die Eigentümerfrage gelöst, die Managementfrage aber nicht. Gibt es keine Führungspersönlichkeit, nützt die ganze Stiftungslösung nicht", sagt Nachfolgeexpertin Felden. Die Suche nach einem qualifizierten Geschäftsführer bleibt somit nicht erspart.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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