Uber:Habt uns doch endlich lieb!

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Christoph Weigler, Deutschlandchef von Uber. (Foto: Marco Völklein)

Wie der US-Taxi-Vermittler Uber nach viel Ärger in Deutschland Anschluss sucht.

Von Thomas Fromm, Frankfurt

Der Mann, der den Taxi-Dienst Uber sympathisch machen soll, trägt hellblaues Jackett, graue Tuchhose und ein weißes Hemd. Die Worte wählt er sehr genau und konzentriert, das Lächeln ist direkt, Typ Schwiegersohn. Uber hat den Ruf eines Taxi-Killers, und der frühere Chef Travis Kalanick hat natürlich alles dafür getan, diesem Ruf gerecht zu werden. Aber sieht Uber-Deutschlandchef Christoph Weigler aus wie der Killer der Taxi-Branche oder nicht doch eher wie der Unternehmensberater, der er früher einmal war? Oder, wichtige Frage: Würde man sich zu ihm ins Taxi setzen?

Ja, man würde. "Wir werden heute als verlässlicher Partner wahrgenommen", sagt Weigler, und damit meint er seine Firma und ihr Image, aber irgendwie natürlich auch sich selbst. Ein Glas Wasser, dann kann es losgehen.

Im Grunde gibt es zu Uber zwei Geschichten zu erzählen. In der ersten geht es um die Frage, warum das Verhältnis zwischen dem Taxi-Vermittler und den Deutschen so schwierig ist. Bei der zweiten muss geklärt werden, wie es Weigler anstellen will, aus Uber hier doch noch ein ganz normales Unternehmen zu machen, das die Leute mögen und das dabei auch noch richtig Geld verdient.

Es begann vor ein paar Jahren, als eine kalifornische Taxi-App auf den deutschen Markt drängte und glaubte, mit ihren Teilzeit-Fahrern an geltenden Regulierungen und Gesetzen vorbeizukommen. Sie legte sich mit Behörden, Politik und den Taxiverbänden an, macht sich unbeliebt - und wurde eiskalt ausgebremst. In den USA sprach Kalanick von einem "Arschloch namens Taxi" und meinte damit die traditionellen Taxler. Er handelte sich Sexismus-Vorwürfe ein und Uber wurde für viele zum Inbegriff einer politisch unkorrekten bis rücksichtslosen Unternehmenskultur. Im Sommer dieses Jahres trat Kalanick ab, weil seine Investoren genug von ihm hatten. Der Nachfolger heißt Dara Khosrowshahi, ist Amerikaner mit iranischen Wurzeln, war vorher Chef des Online-Reisedienstes Expedia und gilt als diplomatischer als der Vorgänger.

Was zurzeit nicht schaden kann.

Noch ein letztes Wort zum alten Travis Kalanick? "Ich habe Travis als balancierte Person kennengelernt", sagt der Deutschlandchef heute. Es sei halt nur nicht immer so gut rübergekommen. "Wir haben unser Anliegen früher schlecht kommuniziert", gibt Weigler zu, und deshalb habe man einen durchaus "kontroversen Markteintritt gehabt".

Jetzt aber soll sich die Kultur kräftig drehen. Jeden Dienstag sitzt das weltweite Management in einem internationalen Call, um aktuelle Themen zu besprechen, auch Weigler ist als Deutschlandchef immer dabei. "Ich nehme einen Wandel wahr", sagt er. Beispiel? "Wir haben uns unser Gehaltsgefüge angeschaut und geguckt: Wo verdienen Frauen weniger?" Kulturwandel konkret also.

"15 000 Leute im Großraum Paris verdienen ihr Geld mit Uber-Fahrten."

Ein Team mit 25 Leuten arbeitet zurzeit am großen Deutschland-Plan; "Deutschland hat hohe Priorität", sagt Weigler. Machen, was möglich ist, wenn Taxi-Buchungen via App bei Privatfahrern nicht möglich sind. Uber ist in Deutschland in München und Berlin unterwegs, hier kooperiert man mit Taxi- und Mietwagenunternehmen und tritt für diese als Fahrtenvermittler auf. Was Uber am meisten stört, ist das geltende Carpooling-Verbot, bei dem sich verschiedene Kunden ein Auto für eine mehr oder weniger ähnliche Strecke teilen. Immer gleich ein Auto pro Kunde - Verschwendung. "Wenn ihr hier wirklich den Wandel haben wollt, müsst ihr den gesetzlichen Rahmen ändern", sagt Weigler den Verantwortlichen in der Politik.

Beispiel Paris. "15 000 Leute im Großraum Paris verdienen ihr Geld mit Uber-Fahrten", sagt er. Und seitdem es Uber gebe, gehe es auch den Banlieus, den Vororten besser. Weil man sie jetzt besser erreichen kann, weil man besser aus ihnen herauskommt, weil viele Leute aus der Banlieue jetzt Uber-Taxler geworden und in Arbeit sind. Aber es geht auch schon darum: Mobilität verbindet - selbst einzelne Stadtteile.

In Deutschland setzt Weigler auf Kooperationen. So wie die mit dem Autobauer Daimler, mit dem das Unternehmen schon Anfang des Jahres eine enge Zusammenarbeit beim Betrieb selbstfahrender Autos vereinbart hat. Weigler ist in Gesprächen mit kommunalen Verkehrsbetrieben, und auch Landräte melden sich immer wieder telefonisch bei ihm. Sie rufen aus Gegenden an, in die sich selten ein Taxi verirrt und in denen auch sonst nahverkehrstechnisch nicht mehr viel läuft.

Bitte, sorgt dafür, dass wir wieder mit der Welt verbunden sind!

Uber braucht Geschäft und will sich nicht so schnell geschlagen geben. Denn die Branche ist gerade schwer in Bewegung: Von Tel Aviv aus rollt der israelische Fahrtenvermittler "Gett Taxi" gerade den Markt auf - allein Volkswagen hat 300 Millionen Dollar in das Unternehmen investiert, das in der Szene "Uber-Killer" genannt wird. Eine halbe Milliarde Dollar steckt der Autogigant General Motors (GM) in den US-Fahrdienstvermittler und Uber-Gegner Lyft, um ins Zukunftsgeschäft mit Roboter-Taxis einzusteigen. Neueste Volte: Am Freitag berichteten US-Medien, die Google-Mutter Alphabet spiele einen Einstieg bei Lyft durch, die Rede ist von einer Milliarde Dollar. Das wäre ein Frontalangriff auf Uber. Weigler muss sich etwas einfallen lassen. Er will ab dem vierten Quartal in München speziell elektrifizierte Fahrzeuge anbieten. Das sollte dann auch helfen, die Firma sympathischer zu machen.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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