TV-Geräte:Braucht denn niemand einen neuen Fernseher?

TV-Hersteller

Im Vorfeld der WM 2014 stieg die Zahl der Fernsehkäufe - Hersteller erhoffen sich das auch von der EM im kommenden Jahr.

(Foto: dpa)
  • 2015 wurden rund zehn Prozent weniger Fernseher verkauft als noch im Vorjahr.
  • Die Branche geht von sieben Millionen verkauften Geräten aus - im Rekordjahr 2012 waren es zehn Millionen.
  • Die Hersteller hoffen, dass die Fußball-EM den Verkauf wieder ankurbeln wird.

Von Uwe Ritzer

Eingefleischte Fans des 1. FC Nürnberg sprechen in der Regel nicht den Namen des Stadions aus, wenn sie zu den Heimspielen ihrer Mannschaft pilgern. Sie sagten früher nur selten Franken- und erst recht nicht Easy-Credit-Stadion. Sie gehen einfach "zum Club". Auch Grundig muss diese Erfahrung machen, seit der Fernsehgerätehersteller im Februar 2013 die Namensrechte erwarb. Keiner, der es nicht muss, sagt in Nürnberg Grundig-Stadion. Entsprechend überschaubar ist der PR-Effekt und womöglich ist das ein Grund, weshalb Grundig den bis Mitte 2017 laufenden Vertrag vorzeitig gekündigt hat und seinen Namen bereits ein Jahr früher zurückzieht. Womöglich aber hängt das auch mit ganz anderen Problemen zusammen.

Grundig schwächelt. Ohnehin ist nicht mehr viel von dem Imperium übrig, das der Fürther Radiohändler Max Grundig, eine der legendärsten Unternehmerfiguren Nachkriegsdeutschlands, geschaffen hat. In besten Zeiten arbeiteten 38 000 Menschen für ihn, vorwiegend in Franken. Im April 2003 ging die Firma in Konkurs und wurde zerschlagen. Im Kerngeschäft mit Radio- und Fernsehgeräten sind in Nürnberg noch 120 Mitarbeiter übrig. Die Firma gehört seit knapp zwölf Jahren zu Beko und damit zum türkischen Koç-Konzern. Nun baut Grundig wieder Personal ab, was mit einer unerwarteten Krise zu tun hat: Der Markt für Fernseher ist in diesem Jahr in Deutschland überraschend stark eingebrochen.

Zehn Prozent weniger verkaufte Fernseher als im Vorjahr

"Wir gehen von knapp sieben Millionen verkauften Geräten aus", sagt ein Sprecher des Branchenverbands gfu. "Das sind zehn Prozent weniger als im Vorjahr und etwa 500 000 weniger als erwartet." Kein Vergleich zum Rekordjahr 2012, als knapp zehn Millionen TV-Geräte verkauft wurden. Von Januar bis einschließlich September wurden einem Bericht der Nürnberger Nachrichten zufolge nur 5,68 Millionen Fernseher verkauft, ein Rückgang um fast 17 Prozent. Das Blatt beruft sich dabei auf Zahlen des Marktforschers GfK.

Über die Gründe herrscht Rätselraten. Womöglich ist es ganz einfach so, dass die Deutschen weniger Fernseher kaufen, weil sie weniger brauchen. Statistisch stehen nach Angaben der gfu bereits zwei Geräte in jedem Haushalt und wer gerne fernsieht, hat sein Röhrengerät längst gegen ein Flachbildschirm-Modell ausgetauscht.

Der Markt wird von Asiaten dominiert - nicht nur hierzulande

"An der Technik, der Attraktivität der Geräte und am Preis kann der Rückgang eigentlich nicht liegen", sagt der gfu-Sprecher. Denn der Kunde bekommt für immer weniger Geld technisch und qualitativ immer mehr. Im Umkehrschluss bedeutet dies für die Hersteller einen ruinösen Preiskampf. Ihre Zahl sinkt; nicht nur hierzulande wird der Markt von Asiaten dominiert. Unangefochtene Nummer eins in Deutschland ist mit einem Marktanteil von knapp 40 Prozent Samsung, gefolgt von LG (beide Südkorea) und Panasonic (Japan). Weltweit kommen chinesische Hersteller wie Hisense oder Skyworth immer stärker auf.

Grundig, Loewe und Co. geht es alles andere als gut

Die deutschen Marken kamen in den vergangenen Jahren wie Grundig fast alle unter die Räder. Zuletzt erwischte es die Traditionsfirma Metz, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens zerschlagen und deren nahezu bis zur Unkenntlichkeit geschrumpfte TV-Sparte im Mai 2015 von Skyworth geschluckt wurde. Die Chinesen geben Metz zwei Jahre, um sich von der Beinahe-Pleite zu erholen.

Loewe scheint hingegen das Schlimmste überstanden zu haben. "Die Situation könnte natürlich besser sein, wenn der Markt intakt wäre, aber wir sind insgesamt gut im Plan", so ein Firmensprecher. Im März 2014 übernahm der Münchner Finanzinvestor Stargate Capital das vor 92 Jahren in Berlin gegründete Unternehmen aus der Insolvenz heraus. Seither stieg die Zahl der Mitarbeiter am Firmensitz im fränkischen Kronach um 80 auf 510. In diesem Jahr wurden alle Azubis übernommen und zwölf neue eingestellt.

Die Fußball-EM soll die Fernsehkäufe ankurbeln

Die Produktpalette wurde komplett erneuert. Um die Nachfrage zu befriedigen schob Loewe gerade zusätzliche Fertigungstage ein. Die Strategie der neuen Eigentümer, die Marke konsequent in der technischen und preislichen Oberklasse anzusiedeln, scheint aufzugehen; zu Umsatz- und Gewinnentwicklung 2015 mag man bei Loewe derzeit noch nichts sagen.

Für das kommende Jahr erwartet der Branchenverband gfu insgesamt eine leichte Besserung. "Wir rechnen mit einem Verkauf von 7,5 bis 7,6 Millionen Geräten", so der Sprecher. Ersatzkäufe, vor allem aber die Fußball-EM, zu der sich Fans gerne bessere Geräte zulegen, sollen helfen.

Derweil wird bei Grundig gespart. "Im sehr niedrigen zweistelligen Bereich" wird Personal abgebaut, so eine Sprecherin. An der Effizienz gearbeitet und gespart werde bereits das ganze Jahr. Nun wohl auch beim Stadion. Das Namenspatronat kostet Grundig etwa 800 000 Euro pro Jahr. Den Clubfans wäre es ohnehin am liebsten, wenn ihre Mannschaft künftig im Max-Morlock-Stadion kicken würde. Benannt nach dem Nürnberger WM-Torschützen von 1954.

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