Trumps Kabinett:Goldmänner kapern die amerikanische Politik

President-Elect Donald Trump Holds Meetings At Trump Tower

Auch Donald Trump hat einen ehemaligen Manager von Goldman Sachs in sein Kabinett berufen: Steven Mnuchin.

(Foto: AFP)
  • Immer wieder kommt es in Amerika vor, dass jemand Politiker wird, der zuvor in der Wirtschaft reich geworden ist.
  • Doch Trumps Kabinett der reichen Leute ist selbst für amerikanische Verhältnisse ein Extremfall.

Von Nikolaus Piper

Es gab einmal einen Bundeswirtschaftsminister namens Günter Rexrodt, der ging mit dem Satz in die Geschichte ein: "Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt." Damals - es waren die 1990er-Jahre - zog manch einer aus dieser richtigen Erkenntnis den falschen Schluss, Leute aus der Wirtschaft gäben besonders gute Wirtschaftspolitiker ab. Gerhard Schröder (SPD) zum Beispiel hatte 1998 die Idee, den Computer-Unternehmer Jost Stollmann als Wirtschaftsminister zu holen. Der trat sein Amt jedoch gar nicht erst an, weil ihm Finanzminister Oskar Lafontaine (damals noch SPD) die Grundsatzabteilung, und damit das Kronjuwel des Wirtschaftsministeriums, entwendet hatte.

Auch sonst ist es in Deutschland eher selten, dass Unternehmer in die Politik gehen. Eher tritt schon einmal das Gegenteil ein: Politiker gehen nach ihrem Ausscheiden in die Wirtschaft: Der einstige Chef des Kanzleramtes, Roland Pofalla (CDU), wechselte zur Deutschen Bahn, Ex-Wirtschaftsminister Hans Friderichs (FDP) wurde Chef der Dresdner Bank, Ex-Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) baute mit Geschick und Subventionen das Hightech-Unternehmen Jenoptik in Jena auf.

Politiker aus der Wirtschaft sind Ausnahmefälle

Amerika hat seit Langem ein sehr viel positiveres Verhältnis zu Unternehmertum und Reichtum als Deutschland. Aber auch dort kommt es nicht alle Tage vor, dass jemand Politiker wird, nachdem er zuvor in der Wirtschaft reich geworden ist. So ein Ausnahmefall war Nelson Rockefeller (1908 - 1979), der Enkel des Ölmagnaten John D. Rockefeller. Er war Gouverneur in New York und bewarb sich vergeblich um die Präsidentschaft, wurde aber immerhin Vizepräsident unter Gerald Ford. Nelson galt als wichtigster Vertreter des - heute verschwundenen - liberalen Flügels der Republikaner, er opferte praktisch sein gesamtes Vermögen der politischen Karriere, die aber dann doch weit hinter seinen eigenen Erwartungen zurückblieb.

Ein Ausnahmefall ist auch Michael Bloomberg, Gründer des Medienunternehmens, das seinen Namen trägt. Er war von 2002 bis 2013 ein überaus erfolgreicher Bürgermeister von New York. Genauer: Erfolgreich war er zwei Wahlperioden lang, dann beging er den kapitalen, aber unter Unternehmern und Managern nicht ungewöhnlichen Fehler, sich für unersetzlich zu halten. Die dritte Amtsperiode, die der New Yorker Stadtrat durch eine Gesetzesänderung möglich gemacht hatte, verlief desaströs, und am Ende waren Bloombergs Umfragewerte verheerend.

Oder Andrew Mellon (1855 - 1937). Der Bankier war US-Finanzminister, als 1929 die Weltwirtschaftskrise begann. Er trug wesentlich zur Katastrophe bei, weil er die Krise bankbetrieblich auffasste: Man solle alles, was Probleme bereite, "liquidieren", dann werde man die "Verrottetheit" aus dem System treiben, soll er gesagt haben. Mellon machte aber auch etwas gut: Mit seinem Vermögen und seiner Kunstsammlung legte er den Grundstock für die National Gallery of Arts in Washington.

Immer mehr Goldmänner zieht es in die Politik

Ein relativ neues Phänomen in der amerikanischen Politik sind die Goldmänner, Manager der Investmentbank Goldman Sachs also, die in die Politik wechseln. Die Liste ist inzwischen lang: Robert Rubin, Finanzminister unter Bill Clinton; Henry Paulson, Finanzminister unter George W. Bush; Jon Corzine, glückloser Gouverneur von New Jersey, Joshua Bolten, Bushs Stabschef, und schließlich Steven Mnuchin, der designierte Finanzminister Donald Trumps.

Diesen Beispielen zum Trotz - Trumps Kabinett der reichen Leute ist auch für amerikanische Verhältnisse ein Extremfall. Etwas Vergleichbares hat es noch nie gegeben. Beispiellos ist schon die schiere Ballung von Geld und der Mangel an politischer Erfahrung. Nicht zu unterschätzen auch die Tatsache, dass der neue Chef aus einer Branche kommt, die bekannt ist für ihre rauen Sitten. Wer auf dem New Yorker Immobilienmarkt Erfolg haben will, der darf nicht allzu zart besaitet sein. Trump hat im Wahlkampf immer wieder sein Talent als Deal Maker herausgestrichen, seine Fähigkeit also, nach harten Verhandlungen ein gutes Geschäft abzuschließen. Im Interview mit dem Nachrichtenportal Business Insider sagte er einmal über seinen Geschäftsstil: "Es ist ein Geben und Nehmen. Aber es sollte vor allem ein Nehmen sein. Du hast schließlich nichts zu verschenken. Man muss vor allem nehmen." Wenn das Weiße Haus nach diesen Prinzipien geführt wird, dürfte es für den Rest der Welt noch einiges Ungemach geben.

Und dann gibt es noch die sehr gemischten Erfahrungen anderer Länder: Präsident der Ukraine ist der Oligarch Petro Poroschenko. Ihm ist es bisher nicht gelungen, sein Land zu befrieden. Der Medienunternehmer Silvio Berlusconi führte Italien in eine Ära des Stillstands und der Bereicherung. Er hatte, zumindest, was das Ego betrifft, einiges gemein mit dem neuen Präsidenten der USA

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