Trendsport Copy & Paste:Jetzt fliegt alles auf

Untersuchungen an deutschen Uni belegen: Es wird kopiert, was das Zeug hält. Ob Referate oder Hausarbeiten - im Internet findet sich immer eine Lösung. Doch eine Software für 100 Euro zwingt Studenten jetzt dazu, besser selbst kreativ zu werden.

Es ist für mich schon zur Normalität geworden. Wie der tägliche Milchkaffee, das lange Ausschlafen, das Überziehen meines Kontos.

Trendsport Copy & Paste: Eine neue Software kann Plagiate aufspüren. Foto: dpa

Eine neue Software kann Plagiate aufspüren. Foto: dpa

Es macht das Studentendasein einfach leichter: Das Klauen von Texten aus dem Internet. Für rein wissenschaftliche Angelegenheiten, versteht sich.

Mittlerweile sollen über 30 Prozent aller Hausarbeiten aus dem Netz stammen. Unter uns Studenten ist es zu einer gängigen Praxis geworden, die eigene Arbeit auf diese Weise aufzupeppen.

Mittwochabend. Wieder einmal bleibt mir nur eine Nacht, bis meine Arbeit beim Professor sein muss. Kein Grund, künstlich Panik zu erzeugen. Schließlich steht das Thema schon.

Wozu zahlt mir denn das liebe Studentenwerk meinen Internetanschluss im Wohnheim. Natürlich, damit ich bei einem Glas Wein gemächlich nach Texten suchen kann, die sich für meine Hausarbeit anbieten.

Warum auch sollte ich mir die Mühe machen und das Rad neu erfinden. Wenn sich doch schon so viele Schüler und Studenten durch die Thematik gequält haben. Und jetzt noch so nett sind und mir ihre Geistesblitze über das Internet aufdrängen.

Es dauert gerade einmal drei Stunden und eine Flasche Wein, bis ich Kapitel für Kapitel, Wort für Wort kopiert habe. Noch schnell ausdrucken, abheften.

Es versteht sich von selbst, dass die stillen Helfer in meinem Literaturverzeichnis nicht auftauchen werden. Hier herrscht absolute Schweigepflicht.

Vier Wochen später: Frohen Mutes klopfe ich am Sekretariat des Profs, um meinen Schein in Empfang zu nehmen. Schlechter als Zwei kann die Note nicht sein. Dafür habe ich einfach zu gut kopiert. Ganz dumm bin ich nämlich nicht. Hin und wieder habe ich Sätze vertauscht oder ganz gestrichen. Etwas Individuelles sollte die Arbeit schon haben.

Aber irgendetwas war anders. Keine Eins, keine Zwei. Gar keine Note. Stattdessen ein kurzes Schreiben vom Professor mit der Bitte, ihn in seiner Sprechstunde aufzusuchen. War die Arbeit so herausragend? Soll sie möglicherweise veröffentlicht werden?

Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Mein sonst technik-averser Professor hat aufgerüstet. Heimlich, still und leise hat er sich ein PC-Programm besorgt, mit dem er Menschen wie mir auf die Schliche kommt. Dafür hat die Uni Geld.

Mit einem so genannten "Plagiarism-Finder" kann er mühelos und mit wenigen Klicks meine gesamte Hausarbeit durch´s Internet schicken. Bereits nach ein paar Sekunden werden all die Webseiten angezeigt, von denen ich mich bedient habe. Peinlich. Aber vielleicht erkennt mein Professor wenigstens die Professionalität an, mit der ich meine Quellen ausgewählt habe.

Ausrede hin oder her — die Tage für Textdiebe scheinen gezählt. Da ist jetzt wohl Ehrlichkeit und Fleiß gefragt.

Oder Ideenreichtum. Ich habe meine Notgroschen zusammengekratzt und in dieses pfiffige Programm gesteckt. Und bin dem Professor wieder eine Nasenlänge voraus.

Das Hausarbeiten-Kopieren dauert zwar jetzt ein paar Minuten länger, weil ich ja noch die Korrektheit meiner Kopierkünste prüfe. Im Grunde aber nehme ich meinem Prof damit sogar Arbeit ab.

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