Toyota: Pannenserie:"Wir müssen die Hosen runterlassen"

Interne Dokumente belegen: Toyota-Manager wussten von technischen Problemen lange bevor sich der Hersteller zu einer Rückrufaktion in den USA durchringen konnte.

Allen Rückrufaktionen und Strafgeldzahlungen zum Trotz hat Toyota seine Probleme in den USA noch lange nicht ausgestanden. Denn je mehr die US-Behörden den Umgang des Autoherstellers mit seinen Sicherheitsproblemen unter die Lupe nehmen, desto deutlicher werden die Verfehlungen und Unterlassungen der Japaner.

Interne Dokumente, die nun bekannt wurden, belasteten Toyota schwer, schreibt die New York Times. Als Beispiel führt die Zeitung eine E-Mail des Toyota-Managers Irving Miller an, in deren Inhalt "Frustration und Dringlichkeit mit Händen zu greifen" gewesen seien. "Es fällt mir schwer, Ihnen das beibringen zu müssen", so Irving in seiner Nachricht an einen anderen Toyota-Entscheidungsträger weiter, "doch es gibt bei uns eine Disposition für das mechanische Versagen von Gaspedalen eines bestimmten Herstellers in bestimmten Modellen." Dann wird Irving der New York Times zufolge noch deutlicher: "Die Zeit des Versteckspiels ist abgelaufen. Wir müssen die Hosen runterlassen."

Die E-Mail datiere vom Januar 2010. Drei Tage später beugte sich Toyota dem Druck des US-Kongresses, der Bundesaufsichtsbehörden und der Verbraucher und rief Millionen Fahrzeuge wegen klemmender Gaspedale zurück.

Maximalstrafe

Der Hilferuf Millers habe am Ende eines viermonatigen Zeitraums gestanden, in dem Toyota nach den inzwischen vorliegenden Hinweisen der Aufsichtsbehörden versucht habe, Informationen über mögliche Schäden von der Regierung fernzuhalten, so die New York Times.

Eine erste Konsequenz dieser Erkenntnisse war die Maximalstrafe in Höhe von 16,4 Millionen Dollar, die Verkehrsminister Ray LaHood Toyota Anfang April wegen des Handlings der Gaspedal-Problematik aufbrummte.

Die weitere Auswertung von 70.000 Seiten interner Toyota-Dokumente ergebe nun aber Anhaltspunkte für weitere Verfehlungen Toyotas, weswegen die Ermittler nun zusätzliche Strafgelder ins Auge fassten.

Im Kern gehe es dabei um zwei Vorwürfe: Erstens habe Toyota versucht, zwei verschiedene Rückrufaktionen unter einen Hut zu bringen und zweitens hätten die Japaner dem Problem der rutschenden Bodenmatten in den USA weniger Aufmerksamkeit geschenkt als in Europa und in Kanada.

Sammelklage in den USA

Denn bereits am 28. September 2009 habe Toyota zugesagt, Autos zurückzurufen, bei denen sich rutschende Bodenmatten mit dem Gaspedal verhedderten, was zu unbeabsichtiger Beschleunigung führte. In der Folge seien der Autohersteller und die Behörden aber immer wieder aneinander geraten. So sei Toyota erst am 25. November der auferlegten Pflicht nachgekommen, darüber zu informieren, wie die Autos repariert werden sollen.

Darüber hinaus gebe es inzwischen Belege dafür, dass Toyota von den klemmenden Gaspedalen schon lange vor der zweiten Rückrufaktion im Januar gewusst habe.

Obendrein habe der japanische Hersteller wegen des Problems der rutschenden Bodenmatten seine 3,8 Millionen US-Kunden schlechter behandelt als die Eigentümer eines Toyotas in Europa und in Kanada.

Während in den USA am 29. September 2009 zunächst lediglich empfohlen worden sei, die Bodenmatten einfach zu entfernen, seien am selben Tag die europäischen Händler konkret über erforderliche Reparaturmaßnahmen informiert worden. Und bereits eine Woche später seien in Kanada 378.000 Fahrzeuge wegen des Problems zurückgerufen worden, während der Rückruf in den USA erst am 2. November 2009 erfolgte.

Zahlreiche Tote

Unterdessen wird gegen Toyota zudem eine Sammelklage gegen Toyota vorbereitet: Die US-Behörden beauftragten einen Bundesrichter in Kalifornien, die bislang etwa 100 vorliegenden Einzelklagen wegen der Pannenserie des japanischen Autoherstellers zu prüfen. Es sei Aufgabe des Bundesrichter James V. Selna in Santa Ana, die Klagen gegebenenfalls zusammenzufassen sowie Experten zur Prüfung der Vorwürfe zu ernennen.

Selna sei wegen seiner Erfahrungen mit ähnlichen delikaten Fällen ernannt worden, berichtet das Wall Street Journal.

Die US-Regierung ist fest entschlossen, Toyota wegen der Pannenserie mit zahlreichen Toten zur Rechenschaft ziehen. Die US-Behörde für Verkehrssicherheit bringt 52 Tote mit der Pannenserie in Verbindung.

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