Tourismus:Palma de Mallorca stoppt Airbnb

Die Hauptstadt der Balearen wird weltweit zum Vorreiter und verbietet es, privat Wohnungen an Touristen zu vermieten. Auch andere Städte in Spanien erwägen solch einen Schritt gegen die Vermietungsplattform.

Von Thomas Urban, Madrid

Spain Mallorca Palma de Mallorca Aerial view beaches and hotels of Palmanova and Torrenova PUBLI

Die normalen Touristen kommen seit Jahrzehnten zum Strandurlaub nach Mallorca, seit elf Jahren gibt es zudem Airbnb und trägt dazu bei, dass in Palma de Mallorca die Mieten kräftig steigen.

(Foto: imago)

Vor fast einem Jahr wurde es angekündigt, nun wird es wahr gemacht: Am Donnerstag wird der Stadtrat von Palma de Mallorca der privaten Vermietung von Wohnungen an Touristen den Riegel vorschieben. Zu Beginn der Hochsaison am 1. Juli tritt die neue Regelung in Kraft. Es ist ein gezielter Schlag gegen Internetportale wie Airbnb, die das gesamte Preisgefüge auf dem Wohnungsmarkt ins Wanken gebracht haben.

Damit ist die Stadtregierung von Palma weltweit zum Vorreiter im Kampf gegen Airbnb geworden. Geführt wird die Stadtregierung von der Ökopartei MÉS (Mehr für Mallorca), den Sozialisten und der linksalternativen Gruppierung Podemos. Aber auch in Madrid und Barcelona, die ebenfalls von Linksgruppierungen regiert werden, erwägt man neue Maßnahmen gegen die unkontrollierte Vermietung von Ferienwohnungen. Bislang galt nur die Vorschrift, dass lediglich ein Objekt pro Immobilienbesitzer angeboten werden darf; damit soll professionellen Spekulanten, die mehrere Wohnungen aufkaufen, das Wasser abgegraben werden.

Das Projekt der 400 000 Einwohner zählenden Balearenmetrople ist seit dem vergangenen Sommer bekannt, Airbnb und seine Konkurrenten sind also nicht überrascht worden. Die Manager des vor elf Jahren in San Francisco gegründeten Internetportals mussten nun hilflos zur Kenntnis nehmen, dass ihre Kampagne dagegen wirkungslos verpuffte. Zu eindeutig sind die Zahlen, die den Stadtregierungen große Sorgen bereiten: Die Mieten in Palma sind in den letzten fünf Jahren um die Hälfte gestiegen. Palma ist nun die teuerste Stadt Spaniens, dicht gefolgt von Barcelona, dem anderen großen Magneten des Massentourismus. Im Zentrum Madrids, das ein anderes Publikum anzieht, nämlich vor allem kulturell Interessierte und besserverdienende Schichten, zogen die Mieten um immerhin 40 Prozent an.

Selbstbewusst erklärte Palmas Oberbürgermeister Antoni Noguera (MÉS), dass seine Stadt nun Vorbild für andere Tourismusregionen werden wolle. Ziel sei es, das Leben der Einwohner wieder lebenswerter zu machen, gleichzeitig aber den Wohlstand zu erhalten. Das neue Tourismus-Konzept will den Billigtouristen verdrängen, eine Idee, für die sich allmählich auch die bürgerlichen Parteien Spaniens öffnen. Zwar konnte das Wirtschaftsministerium in Madrid im vergangenen Jahr mit 82 Millionen einen neuen Rekord an Gästen aus dem Ausland vermelden. Doch wird längst über gravierende Folgen für die Umwelt debattiert. So musste im langen Sommer des vergangenen Jahres in einigen Ecken Mallorcas das Trinkwasser rationiert werden. Die Wasserversorgung ist schon lange ein Hauptproblem der Touristenregionen Andalusiens.

Die Maßnahmen gegen die private Vermietung von Appartements sollen vor allem den Mietmarkt wieder ins Gleichgewicht bringen und den Trend zur Flucht aus den Zentren stoppen. Viele alteingesessene Einwohner können sich die gestiegenen Mieten nicht mehr leisten, kleine Lebensmittelgeschäfte mussten Bars und Boutiquen weichen. In Palma und Barcelona hat sich die Sozialstruktur ganzer Stadtteile geändert. Gleichzeitig sind den Stadtkassen Millionen an Steuereinnahmen entgangen. Hinzu kommt, dass die Billigtouristen den Einheimischen durch nächtlichen Lärm den Alltag vergällen.

In Palma hatte von 2015 bis 2017 die Zahl der privat vermieteten Ferienquartiere um die Hälfte zugenommen. Im vergangenen Sommer waren es bereits 20 000 der insgesamt 180 000 Wohneinheiten. Sie wurden durchschnittlich acht Monate im Jahr an Touristen vermietet, die Einnahmen waren mitunter für die Besitzer fünfmal höher als Mieten bei langfristigen Verträgen.

Die vorgeschriebene Lizenz aber war nur für 645 Wohneinheiten beantragt worden. Die Gewerbeaufsicht hatte also völlig die Kontrolle über den Sektor verloren, die Internetportale ignorierten die Aufforderung, nur lizenzierte Wohnungen anzubieten. Daher folgte die Stadt Palma dem Beispiel Barcelonas, wo publikumswirksam Airbnb und Homeaway bereits 2016 je 600 000 Euro Geldbuße wegen nicht genehmigter Maklertätigkeit zahlen mussten. Auch die Wohnungsbesitzer wurden zur Kasse gebeten, mit bis zu 40 000 Euro bei professionellen Vermietern.

In Palma bekamen kürzlich Airbnb und Tripadvisor wegen der Umgehung der Vorschriften zur Lizenzierung Bußgeldbescheide über jeweils 300 000 Euro. Das ist für die Marktführer angesichts ihrer Umsätze eine Kleinigkeit. Die Neuregelung aber trifft sie ins Mark. Immerhin gelten die neuen Vorschriften nicht flächendeckend: In einigen Randbezirken sowie Industrieparks dürfen Wohnungen weiterhin an Touristen vermietet werden, auch sind allein stehende Häuser nicht von dem Verbot betroffen. Auf dem Stadtgebiet von Palma sind dies immer noch 23 000.

Die Maßnahmen der Stadtregierung werden flankiert vom Entwicklungsprogramm der Regionalregierung der Balearen, die ebenfalls öko- und links orientierte Gruppierungen stellen. Auch ihr Programm lautet: Schluss mit dem Massentourismus, der Sozialstruktur und Landschaft zerstört.

Letztlich waren es die Massen an Touristen, die 2015 dazu geführt haben, dass auf kommunaler wie regionaler Ebene die bislang auf ungehemmtes Wachstums setzenden Konservativen abgewählt wurden. Nun geben in Palma Bürgerinitiativen mit blumigen Namen wie "Die Stadt für die Bewohner und nicht die Besucher" den Ton an. Ihr Logo zeigt eine kräftige Mallorquinerin in Tracht, die mit einem Stock ein Touristenpärchen mit Rollkoffern und Selfiestange verjagt.

Seite 4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: