Tourismus:Nur wenig Touristen stornieren

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Nach dem Anschlag in Barcelona bleiben nur wenige Reisende zu Hause. Abschreckende Wirkung haben dagegen andere Aktionen.

Von Thomas Urban, Madrid

Nach dem islamistischen Terroranschlag von Barcelona haben Betreiber von Hotels und Eigentümer privater Ferienwohnungen eine Welle von Stornierungen verzeichnet. Das ergab eine Umfrage der katalanischen Firma BRIC Consulting in der Woche nach dem 17. August. Allerdings sei deutlich weniger storniert worden als befürchtet. In den schlechtesten Fällen waren es rund drei Prozent, hieß es.

Damit unterscheidet sich die Lage in Barcelona deutlich von der Entwicklung nach den Terroranschlägen von Paris im November 2015 und Brüssel im März 2016: In einigen Hotels der französischen Hauptstadt wurden in den ersten Tagen nach dem Anschlag bei einem Rockkonzert bis zu einem Fünftel der Buchungen storniert, nach dem Selbstmordattentat auf dem Flughafen Brüssel-Zaventem waren es punktuell sogar 35 Prozent. Die Analysen dazu haben ergeben, dass Touristen aus den USA und Asien viel eher auf eine geplante Reise verzichten als die Europäer.

Für die Bilanzen der Branche in Barcelona wird sich wenig ändern. Denn für dieses Jahr wird trotz des Anschlags ein neuer Besucherrekord erwartet: mehr als 17 Millionen Reisende, die wenigstens eine Nacht in der Stadt verbringen. Seit den Olympischen Spielen von 1992, als die touristische Infrastruktur ausgebaut wurde, hat sich deren Zahl somit verzehnfacht. Im Vergleich zum Vorjahr wird also trotz der Stornierungen wohl immer noch mit leichten Zuwächsen gerechnet.

Einen größeren Abschreckungseffekt als der Terroranschlag auf der Rambla haben nach Meinung mancher Experten mittelfristig die Aktionen radikaler Gruppierungen gegen den Massentourismus. Bislang gab es zwar nur eine Handvoll Aktionen, darunter Sprayattacken auf Reisebusse und durchgestochene Reifen. Doch die Nachrichten darüber und Fotos von Spruchbändern mit der Losung "Tourist go home" gingen um die Welt. In der Folge vermeldete die Branche, dass für die kommende Saison schleppender gebucht werde als in den vergangenen Jahren; auch zeichne sich die Tendenz zu einer Verringerung der Zahl der Übernachtungen ab. In den Branchenverbänden rechnet man damit, dass die Rekordzahlen dieses Sommers so schnell nicht wieder erreicht werden. Der linksalternativen Stadtregierung von Barcelona kann dies nur recht sein: Sie hat bereits ein ganzes Maßnahmenpaket zur Verringerung des Massentourismus beschlossen.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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