Total-Chef de Margerie und die Bohrinsel "Elgin":Seine Taktik lautet Schweigen

Die Bohrinsel "Elgin" vor der schottischen Ostküste droht zu explodieren. Doch Christophe de Margerie, Chef des Energieriesen Total, schickt nur seine Pressesprecher in die mediale Schlacht. Eine Strategie, mit der er auch in anderen Krisen gut gefahren ist: Der Manager ist aus juristischer Sicht kein unbeschriebenes Blatt.

Silvia Liebrich

Total-Chef Christophe de Margerie schweigt. Zum schwersten Gasunfall in der Nordsee seit Jahrzehnten hat er sich bislang nicht zu Wort gemeldet. Das ist ungewöhnlich für einen Mann, der als umgänglich und schlagfertig gilt. Irgendwann wird er sein Schweigen brechen müssen. Schließlich ist Frankreichs mächtiger Energiekonzern für das Desaster verantwortlich.

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Christophe de Margerie bei einer Pressekonferenz 2010: Der Total-Chef gilt gemeinhin als schlagfertig, doch Gasleck auf der Bohrinsel Elgin schweigt er bislang.

(Foto: AFP)

Margerie weiß, dass es auf Dauer nicht damit getan sein wird, Sicherheitschefs und Pressesprecher in die Schlacht zu schicken. Bürger und Regierungen warten auf Antworten. Wie konnte es zu dem gefährlichen Gasleck kommen?

Dabei hat der 60-jährige Konzernchef erst vor wenigen Wochen großspurig kundgetan: Total verfüge über das notwendige Know-how, um auch mit schwierigen Projekten fertig zu werden. Dazu zählte er etwa die Gewinnung von Schiefergas, eine höchst riskante und umweltschädliche Form der Energieförderung.

Nun zeigt sich, dass Total offenbar schon mit geringeren Problemen überfordert ist. Denn das Leck am Nordsee-Gasfeld unter der Elgin-Plattform fällt unter die Rubrik Routineaufgaben.

Margerie muss aufpassen, dass er in der Krise nicht eine noch schlechtere Figur abgibt, als der frühere BP-Chef Tony Hayward vor knapp zwei Jahren. Der stapfte nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko mit hochgekrempelten Ärmeln und in Gummistiefeln über verschmutzte Strände. Er wollte damit Zuversicht und Tatkraft demonstrieren. Doch die Schau half nicht. Hayward musste seinen Platz für den Krisenmanager Bob Dudley räumen.

Die Affären des "Big Moustache"

Vielleicht ist es ja dieses Beispiel, das Margerie nun dazu bewogen hat, so lange wie möglich in Deckung zu bleiben. Eine Taktik, mit der der Spross der Champagner-Dynastie Taittinger auch in anderen Krisen gut gefahren ist. Der gemütlich wirkende Franzose, der wegen seines markanten Schnauzbartes den Spitznamen "Big Moustache" trägt, ist aus juristischer Sicht kein unbeschriebenes Blatt.

Einige Affären hat er bereits scheinbar unbeschadet überstanden. Seit einigen Jahren läuft in Frankreich gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Korruption. 1997 soll er Total mit Schmiergeldzahlungen die Nutzung eines iranischen Gasvorkommens gesichert haben. Außerdem soll er versucht haben, ein gegen Irak verhängtes UN-Embargo zu unterlaufen.

Margerie wurde im Zuge von Ermittlungen sogar für eine Nacht in Polizeigewahrsam genommen. Für französische Verhältnisse ist das ein ungewöhnlich hartes Vorgehen gegen einen Wirtschaftsboss. Doch diese Verfahren sind im Sande verlaufen.

Margerie weist selbstverständlich jede Verantwortung von sich. Ähnlich wie im Fall Myanmar: In dem von einer autoritär herrschenden Militärjunta kontrollierten Land hat Total Zugriff auf die Ölvorkommen und gilt als wichtige Stütze des Unrechtssystems.

Für den Konzernchef alles kein Problem. Schließlich sei man für die politischen Verhältnisse nicht verantwortlich. Eine Erfahrung, die Margerie in einer fast 40-jährigen Karriere als Finanzexperte und Explorationsvorstand bei Total offenbar in aller Welt sammeln konnte.

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