TNS-Fusion:"Die Deutschen laufen herum wie geköpfte Hühner"

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Die GfK wollte zur weltweiten Nummer zwei der Marktforscher werden - und scheitert nun schon bei der Suche nach einem Finanzpartner.

M. Hesse und U. Ritzer

Am Morgen nach dem geplatzten Traum wirkt Klaus Wübbenhorst hin- und hergerissen zwischen Enttäuschung und Erleichterung. "Die Kombination wäre gut gewesen", sagt der Vorstandsvorsitzende der Nürnberger GfK AG. "An ihrer strategischen Sinnhaftigkeit gibt es für mich nach wie vor überhaupt keinen Zweifel". So aber bestünde wenigstens endlich Klarheit, tröstet sich Wübbenhorst.

Der Weg an die Spitze der Marktforschungsunternehmen ist gescheitert: Der GfK fehlte das Geld zur Übernahme des Konkurrenten TNS. (Foto: Foto: dpa)

Es fehlt das Geld

Für diese Klarheit gesorgt hatten am Abend zuvor Vorstand und Aufsichtsrat der GfK. Sie erklärten die Suche nach einem Finanzpartner für die milliardenschwere Übernahme des britischen Rivalen Taylor Nelson Sofres (TNS) für beendet. Damit ist die GfK schon im Ansatz dabei gescheitert, zum weltweit zweitgrößten Marktforscher hinter der amerikanischen AC Nielsen aufzusteigen. Den Franken fehlt dafür schlicht und ergreifend das nötige Geld.

Im Juni hatten TNS und GfK eine Fusion auf Augenhöhe vereinbart. Diese scheiterte allerdings am wachsenden Widerstand innerhalb des GfK-Vereins, der 58 Prozent der Anteile an der im S-Dax notierten GfK AG hält. Vor allem der Plan, dass der Konzernsitz in London und nicht in Nürnberg sein sollte, passte vielen nicht.

Auch die bayerische Landesregierung stellte sich quer, weil ihr die mit TNS ausgehandelten Bedingungen zu schlecht waren. So sollte anstelle Wübbenhorsts GfK-Aufsichtsratschef Hajo Riesenbeck Chef des neuen Konzerns (24.000 Beschäftigte, 2,7 Milliarden Euro Umsatz) werden.

"Die Deutschen laufen herum wie geköpfte Hühner"

Begleitet wurden die Nürnberger Debatten von Störgeräuschen des britischen Unternehmers Martin Sorrell. Schon länger versucht er, TNS mit seiner WPP-Gruppe zu übernehmen. Nachdem die GfK angesichts der geplatzten Fusion ihrerseits TNS aufkaufen wollte, drohte zuletzt ein ebenso harter wie teurer Bieterkampf. WPP bietet 1,4 Milliarden Euro für TNS.

Nach dem GfK-Rückzug dürfte der Weg frei sein. "Die Deutschen laufen herum wie geköpfte Hühner, um das Geld zusammenzubringen", höhnte Sorrell noch vor wenigen Tagen über die Nürnberger Konkurrenz. Seine Formulierung mag überzogen gewesen sein, im Kern aber hat Sorrell Recht.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche zahlreichen Fusionspläne es gab und warum doch alle gescheitert sind.

Zunächst schien es, als fände die GfK im Hamburger Tchibo-Erben Günter Herz den dringend benötigten Partner. Dann verhandelte man mit Finanzinvestoren wie Cinven und Apax Partners. In Finanzkreisen heißt es, die GfK habe immer hektischer nach Geldgebern gesucht. Der ersehnte Investor hätte demnach 1,5 Milliarden Euro Kapital bereitstellen sollen. Weitere 2,5 Milliarden Euro für einen Kaufpreis von rund vier Milliarden Euro hätten Banken finanzieren sollen.

"Dummes Geld" gibt es selten

"Doch der GfK-Verein wollte im Gegenzug keine Kontrolle abgeben und den Investoren keinen Einfluss auf das fusionierte Unternehmen über den Aufsichtsrat gewähren", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person der SZ. "Das macht aber kein Investor."

Die Zeit sei zudem viel zu kurz gewesen, um eine gute gemeinsame Strategie für eine Übernahme auszuarbeiten. Kein Wunder, hatte man mit der "Fusion unter Gleichen" doch zunächst etwas ganz anderes im Blick. Vor diesem Hintergrund heißt es in Finanzkreisen, die GfK habe den Plan für einen Zusammenschluss mit TNS von Anfang an falsch aufgezäumt. "Wenn man einen Weltkonzern mit Sitz in Nürnberg schaffen will, muss man erstens starke Partner für die Finanzierung finden und zweitens ein Konzept entwickeln, bei dem die GfK von Anfang an als Käufer auftritt", sagte ein Beobachter. Die GfK habe jedoch "dummes Geld" gesucht. Das gebe es aber nur sehr selten.

Wübbenhorst macht demgegenüber andere Gründe für das Scheitern der Investorensuche verantwortlich. "Am Ende waren vor allem die Finanzierungsbedingungen strittig", sagt der GfK-Chef. Man habe sich über wesentliche Detailfragen wie die Bewertung der GfK und die daraus abzuleitenden Finanzkonditionen nicht einigen können.

Kulturelle Differenzen

Ebenso umstritten seien die Rechte und Pflichten beider Seiten für den Fall gewesen, dass die vereinbarten Übernahmeziele nicht oder nicht zum angepeilten Zeitpunkt erreicht werden. "Ich verstehe natürlich, dass, wer viel Geld gibt, auch seine eigenen Vorstellungen hat" sagt Wübbenhorst. "Aber wir mussten darauf achten, dass diese mit Kultur und Philosophie der GfK übereinstimmen." Und das hätten sie am Ende nicht.

© SZ vom 28.8.2008/kim/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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