Tim Cook vor dem US-Senat:iPhone-Fans grillen den Apple-Chef

Apple CEO Tim Cook Testifies At Hearing On Offshore Taxes

Vor dem US-Senat: Apple-Chef Tim Cook in der Mitte, sein Finanzvorstand Peter Oppenheimer links, Apples Steuer-Manager Phillip Bullock

(Foto: Bloomberg)

Sie lieben ihre Apple-Produkte. Zu den Steuertricks des Konzerns haben die Senatoren dann aber doch ein paar Fragen. Firmenchef Tim Cook lächelt den Ärger bei einer Anhörung vor dem US-Senat selbstbewusst weg, sein Steuerexperte allerdings kommt ins Schwitzen.

Von Bastian Brinkmann

Noch ein bisschen Wasser eingießen, dann schwört Tim Cook, die Wahrheit zu sagen, die reine Wahrheit. Der Apple-Chef muss an diesem Dienstag vor einem Ausschuss des US-Senats erklären, warum sein Konzern Firmen in Irland hat, die praktisch keine Steuern zahlen.

Der Senat hatte kurz zuvor ein Papier veröffentlicht, demnach Apple durch ein komplexes Firmennetz in den USA Steuerzahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe vermieden habe. Cook hatte darauf bereits schriftlich geantwortet (hier der SZ.de-Bericht dazu).

Tim Cook vor dem US-Senat: So funktioniert das System Apple - zum Vergrößern klicken.

So funktioniert das System Apple - zum Vergrößern klicken.

(Foto: SZ-Grafik: Hanna Eiden)

Jetzt also die Show, der Senat sendet sie live auf seiner Webseite. Gesetzgeber gegen iPhone-Erfinder, Washington gegen Cupertino.

Cook liest vor, dass Apple Hundertausende Jobs geschaffen habe. Allein durch den App-Store, wo man kleine Programme für iPhone & Co. kaufen kann, seien 300.000 neue Jobs in den USA erstanden. Cook spricht mit Nachdruck, sehr bestimmt. Und stolz: Apple könne man mit einem Wort beschreiben: "Innovation" - natürlich in Bezug auf seine Produkte. Was die Steuern angeht, wird Cook jedoch nicht weniger bescheiden. "Wir sind der Konzern, der in den USA am meisten Steuern zahlt", sagt Cook.

Die Vorwürfe des US-Senats weist der Apple-Chef zurück. Der Konzern nutze keine "Steuer-Gimmicks"; Apple habe keine Töchter in Steueroasen, die dem Mutterkonzern fiktive Kosten in Rechnung stellen und so den Gewinn drücken; Apple verstecke kein Geld auf irgendeiner karibischen Insel.

Im Faktencheck der New York Times kommen diese Aussagen nicht gut weg. Keine Gimmicks? Apple hat Konzerntöchter in der Steueroase Irland gegründet, die dort praktisch keine Steuern gezahlt haben. Denn ein kleiner Teil dieses Konstrukts ist Eigentum einer weiteren Apple-Tochter auf den Britischen Jungferninseln. Das liegt in der Karibik.

Cook versucht, patriotisch zu punkten, und zitiert den ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy: "Wem viel gegeben wird, von dem wird viel erwartet." Apple folge nicht nur den US-Steuergesetzen, sondern Apple folge dem Geist dieser Gesetze. Ein bisschen Reform ist in Cooks Augen doch nötig. Der Gesetzgeber solle sich doch an seiner Firmenphilosophie orientieren: Einfachheit. Sein Plädoyer: alle Abschreibungsmöglichkeiten für Konzerne abschaffen, die allgemeine Steuerrate senken und, ganz wichtig: den Kapitalimport billiger besteuern. Denn Apple hat ein Problem. Der Konzern verkauft viel im Ausland und sammelt die Gewinne in Irland. 30 Milliarden Euro haben sich alleine in den Jahren 2009 bis 2012 dort angesammelt. Würde Apple das Geld in die USA überweisen, um etwa dort in die Forschung zu investieren, würden 35 Prozent Steuern in den USA fällig. "Ich plane aktuell nicht, das Kapital zu diesem Satz in die USA zu holen", sagt Cook.

Demokrat greift Tim Cook an

Das Wall Street Journal schreibt in einem kleinen Fazit: "Wenn es bei dieser Anhörung darum geht, das Momentum für eine Unternehmenssteuerreform zu verstärken, macht Cook einen guten Job."

Tatsächlich ist die Stimmung größtenteils entspannt, auch in der Fragerunde, die von US-Medien als grilling bezeichnet wird. "Ich liebe Apple", sagt eine demokratische Senatorin, kurz vor Cooks Aussage. "Ich habe sogar meinen Mann gezwungen, MacBooks als Laptops zu benutzen." Ein anderer Senator von der republikanischen Partei schlägt vor, Cook einen Orden zu verleihen, weil Apple so toll sei und selbstverständlich alle legalen Steuermittel nutze: "Unsere Gesetze haben sie gezwungen, in Offshore-Zentren zu gehen."

Und dann wird es doch ein wenig ungemütlich. Schuld ist der Demokrat Carl Levin, der den Ausschuss führt. Zuerst bringt er den Chef der Steuerabteilung des Konzerns ins Stottern, Phillip Bullock. Levin will wissen, wie die irischen Töchter arbeiten.

Levin: "Zahlen die Steuern in Irland?"

Bullock: "Sie zahlen alle Steuern."

Levin: "Die liegen maximal bei zwei Prozent?"

Bullock schweigt und schwitzt, er ist kein so guter Redner wie Cook. Erst nach einer Pause sagt er: "Ich kenne den genauen Mechanismus nicht."

Levin: "Ungefähr bei zwei Prozent?"

Bullock: "Ungefähr, ja."

Ganz am Ende nimmt sich Levin Tim Cook vor. Nicht ohne dabei sein iPhone hervorzuholen, das in einer gelben Hülle steckt. Er lobt das Gerät mit warmen Worten: "Wir lieben das iPhone, meine Enkelin kann es sogar bedienen." Doch dann greift er Cook an. Der hatte 2008 einen Vertrag unterschrieben, der drei irischen Töchtern intellektuelles Eigentum übertragen hat. Genau das, was Cook eingangs bestritten hatte. "Das sind doch ihre wirtschaftlichen Kronjuwelen", sagt Levin mehrmals. Hier verlagere Apple wertvolles Eigentum in eine Steueroase.

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Mag iPhones, nicht Steuertricks: der Abgeordnete Carl Levin

(Foto: AFP)

Cooks Verteidigung fällt zum ersten Mal schwach aus. Er verweist darauf, dass das nötig gewesen sei, weil die Töchter schon 1980 gegründet worden seien, als Irland bei internationalen Konzernen mit Billigststeuersätzen hausieren ging. Levin ist nicht überzeugt. "Das ist nicht richtig. Um das zu ändern, müssen wir verstehen, wie das funktioniert, und es nicht leugnen." Dann entlässt er Cook aus dem Zeugenstand. Der geht aus dem Saal und zeigt mit dem Daumen nach oben.

In der Anhörung geht es übrigens nur kurz um die Frage, ob Apple in Europa genug Steuern zahlt. Zuletzt habe Apple 900 Millionen Dollar weltweit an Gewinnsteuern gezahlt, sagt der Steuer-Verantwortliche Bullock. Apples Gewinn in diesem Zeitraum: 41 Milliarden Dollar.

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